Noch ein Artikel im Hinblick auf kuriose Klagen in den USA – in Zeiten von CETA und TTIP ganz aufschlussreich. Ein Anwalt versucht den Dienst Snapchat im Rahmen einer Zivilklage eine Schuld an einem Autounfall mit Personenschäden zu belangen.
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Was ist geschehen?
Am 10. September 2015 fuhr die 18 jährige Christal M. im Mercedes C230 ihres Vaters mit hoher Geschwindigkeit in Hampton, einem Vorort von Atlanta (Georgia), von der Arbeit nach Hause. Mit an Bord drei weitere Arbeitskollegen und ein Smartphone. Das Smartphone spielt dabei eine besondere Rolle. Christa M. nutzte während der Fahrt den "Miles per hour"-Filter in der Snapchat-App, um ein Selfie mit der gefahrenen Geschwindigkeit zu posten.
Mal abgesehen von der skurrilen Idee, als Fahrer ein Smartphone zu nutzen und dann noch Snapchat-Postings zu verfassen: Die zulässig Höchstgeschwindigkeit auf der befahrenen vierspurigen Straße lag bei 55 Meilen/Stunde. 113 Meilen/Stunde wurden als Höchstgeschwindigkeit berichtet. Dann kam es (bei einer Geschwindigkeit ca. 107 Meilen/Stunde) zu einem Auffahrunfall, bei dem ein Uber-Fahrer in einem Mitsubishi recht schwer verletzt wurde (Schleudertrauma). Der ganze Fall ist auf dieser Webseite dokumentiert.
Die juristische Finesse
In Deutschland wäre die Angelegenheit schnell erledigt: Die Fahrerin benutze ein Smartphone während der Fahrt und überschritt die Höchstgeschwindigkeit erheblich – grobe Fahrlässigkeit.
In den USA ticken die Anwälte und Juristen etwas anders. In der Klageschrift wird nicht nur Christal M. vom Anwalt des Verletzten verklagt. Die Klageschrift bezieht auch die Snapchat Inc. als Beschuldigte mit ein, weil diese eine entsprechende App-Funktion zur Geschwindigkeitsermittlung angeboten haben, die auch während einer Autofahrt bei Benutzung durch den Fahrer funktioniert.
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Zwar wird die Fahrerin des Mercedes für den Unfall verklagt. Aber auch Snapchat wird für den Unfall verantwortlich gemacht (Produkthaftung). Nun ist unklar, wie die Jury in diesem Fall entscheiden wird. Das Ganze wirft aber ein bezeichnendes Licht auf die US-Gesetzeslage und –Justiz. Eine solche Klage wäre m.W. in Europa nicht denkbar. Könnte man als Fußnote abtun – aber in Zeiten von CETA und TTIP sollte man sich so was schon mal zu Gemüte führen – finde ich.
Nachtrag: Das hier Unfall in den USA: Zweijähriger erschießt während Autofahrt seine Mutter ist zwar tragisch. Ob wir irgendwann mal lesen, dass die National Rifle Association mit auf der Anklagebank sitzt?
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Die Staaten und komische Prozesse passen scheinbar gut zusammen. Es ist natürlich nicht die klügste Funktion in Snapchat aber man ist noch immer selbst für seinen Fahrstil verantwortlich.