Was machst Du, wenn Du Geld ohne Ende hast? Bei der französischen Firma Chanel einkaufen – da gibt es Tennisbälle für 370 Euro, Beach Racket mit Bällen für 3.170 Euro, einen Tennisschläger für 1.450 Euro und einen Bumerang für 1.260 Euro. Das Angebot hat zu 'Gesellschaftskritik' in den diversen Kreisen geführt. Weil der Bumerang mit Australien in Verbindung gebracht wird – was aber nicht stimmt – denn das Wurfholz hat in Europa eine lange Tradition. Eine Geschichte und die Geschichte hinter der Geschichte.
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Den Schnäppchen-Bumerang für 1.260 Euro findet man aktuell als Angebot auf den Chanel-Webseiten. Der Bumerang ist aus solidem Holz und Harz gefertigt und schwarz lackiert – sieht richtig edel aus. Ob man da allerdings 1.260 Euro für ausgeben muss, sollte jeder selbst entscheiden. 1.260 Euro zum 'Wegwerfen'? Mir wäre es einfach zu viel Kohle – da kann man sein Geld auch direkt zum Fenster herauswerfen – oder noch krasser 'einfach seine Steuern zahlen'. Aber die Welt ist ein Tollhaus – wusste schon Mark Twain, der in Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn das ganz plastisch umsetzte. Tom wurde von Tante Polly verdonnert, den Gartenzaun zu streichen. Da er aber keine Lust hatte, ließ er die Dorfjugend jeweils einen Teil des Zauns streichen, aber nur, wenn die Jungs ihm für dieses Privileg einen kleinen Betrag zahlten.
(Foto der Chanel-Anzeige mit dem Bumerang)
Angebliche Diskriminierung der Aborigines …
Hat dann in den Sozialen Medien und in der Presse ein Stürmchen hervorgerufen, wie man bei Twitter verfolgen kann. Hier noch ein solcher Tweet:
Cultural appropriation hits a new low – I sincerely hope that @CHANEL is donating all the profits to underprivileged aboriginal communities pic.twitter.com/Bkf93XaYIi
— LJ (@BI0MECHANICAL) 15. Mai 2017
Weitere Fundsplitter: Zeit Online, FAZ, Süddeutsche, The Telegraph, New York Times, highsnobiety, The Guardian. Der Vorwurf: Chanel mache ein Geschäft auf Kosten der australischen Ureinwohner, da diese den Bumerang als Jagdwaffe nutzten, dieser jetzt aber Sportgerät und Luxusobjekt sei. Am Ende hat sich die Firma Chanel sogar entschuldigt. Am besten hat noch die FAZ das Thema (für meinen Geschmack) erfasst. Bumerangs wurden seit Jahren verkauft, aber jetzt wurde das Thema in sozialen Netzwerken als vermeintliches Skandälchen hochgespült.
Bumerang – in Europa erfunden?
Verkürzt kann man die Botschaft aus den sozialen Medien auf den Punkt bringen: Der Bumerang ist eine Erfindung der Aborigines in Australien, die jetzt der weiße Mann für seine Geschäfte missbraucht. Neugierig durch diverse Kommentare in sozialen Medien geworden, habe ich mal ein wenig recherchiert. Die Vorstellung, dass der Bumerang zu Australien und den Aborigines gehört, ist leider nicht zu halten.
Der älteste bekannte Bumerang wurde 1985 in der Oblazowa-Höhle in den polnischen Karpaten entdeckt. Das Wurfgerät konnte auf ein Alter von etwa 23.000 Jahren bestimmt werden. Gefertigt aus dem Stoßzahn eines Wollhaarmammuts entstammt es aus den Siedlungsschichten des Gravettien.
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Aber auch in in Magdeburg-Neustadt, wurde 1990 bei der Auskiesung der Elbe ein nur leicht beschädigter Bumerang aus Eschenholz gefunden, der auf 800 und 400 v. Chr. datiert werden konnte. Ein 1962 gefundenen Bumerang aus Velsen (Niederlande), wurde auf 300 v. Chr. (Jüngere Eisenzeit) datiert. In Skandinavien gibt es Felszeichnungen (undatiert), die Bumerangs zeigen. Auch bei den alten Ägyptern wurden solche Wurfhölzer gefunden – nachzulesen in der Wikipedia.
Man mag zum Angebot der Firma Chanel stehen, wie man will – eine Aneignung der Kultur der Aborigines zum Machen von Geschäften, wie es einige Gutmenschen entrüstet reklamieren, kann ich unter diesem Blickwinkel nicht erkennen.
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