Ich gehe davon aus, dass die meisten Blog-Leser und Leserinnen schon mal etwas von den Höhlenmalereien der Eiszeit gehört und entsprechende Abbildungen gesehen haben. Aber was erlaubte diesen Künstlern solche Bilder an die Wände der Höhlen zu zeichnen? Eine neue Theorie besagt, dass es sich um autistische Menschen handelte, die vor 30.000 Jahren Bären, Pferde und andere Tiere an Feldwände malten.
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Ich bin durch einen Artikel der Zeit auf das Thema aufmerksam geworden (ist hier zahlungspflichtig abrufbar). Hat mich neugierig gemacht und ich habe mich auf die Suche nach Informationen gemacht.
Die Höhlenmalerei der Eiszeit
Die bekanntesten Höhlenmalereien finden sich in der spanischen El-Castillo-Höhle (ca. 40.000 Jahre alt) sowie in in Frankreich (Abri Castanet). Den Höhepunkt der Verbreitung erlebte die Höhlenmalerei, laut Wikipedia, im Gravettien, Solutréen und Magdalénien in Mittel- und Südfrankreich sowie Nordspanien.
(Höhlenmalerei (Bison); Quelle: Wikimedia Von Rameessos – Eigenes Werk, Gemeinfrei)
Die Menschen der ausgehenden Altsteinzeit konnten schon perspektivisch zeichnen, kannten verschiedene Maltechniken und vermochten das Verhalten von Tieren naturgetreu wiederzugeben. Hier findet sich eine ausgiebige Abhandlung darüber. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die alten Ägypter ihre Abbildungen auf Papyrus und Steinen nur zweidimensional gestalteten. Erst viel später kamen perspektivische Ansichten in der Darstellung hinzu.
Neue Theorie: Da malten Autisten in der Eiszeit
Bei meinen Recherchen bin ich auf einen Artikel Disney-Cartoons aus der Eiszeit bei Telepolis aus dem Jahr 2005 gestoßen. Der Autor Tom Appleton macht sich Gedanken über die Zeichnungen aus der Eiszeit. Falls eine Fälschung ausgeschlossen werden kann – wovon ich ausgehe – legt er schon erstaunliche Erkenntnisse offen. Für ihn sind diese Zeichnungen sehr speziell und gleichen den Malereien, die auch heute noch von Autisten angefertigt werden. Es lohnt sich, den langen Artikel zu lesen. Bereits 1998 erschient ein Buch (https://www.jstor.org/stable/1320464?seq=1#page_scan_tab_contents), welches mit der Höhlenmalerei befasst und Autisten als Maler thematisierte.
Mitte Mai 2018 geisterten dann plötzlich Beiträge durch die englischsprachige Presse, die die Höhlenmaler in den Bereich des Autismus rückten. Auf ArtNetNews gibt es den Artikel The World's Earliest Artists May Have Been Autistic, Scientists Say in a New Study, der das Thema aufgreift. Der Inhalt bezieht sich auf diese Forschungsveröffentlichung vom Mai 2018:
Einige der frühesten Künstler der Welt dürften wohl autistische Menschen gewesen sein. In einer Veröffentlichung in der britischen Fachzeitschrift Open Archaeology haben Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen 33.000 Jahre alten Höhlenzeichnungen, Autismus und dem Überleben prähistorischer Menschen während der Eiszeit festgestellt.
Laut dem medizinischen Forscher Barry Wright und dem Archäologen Penny Spikins trugen die winterlichen Bedingungen der Eiszeit zur natürlichen Selektion von Individuen auf dem Autismus-Spektrum bei. Das Papier des Paares stellt fest, dass die Fähigkeit der autistischen Menschen, sich über lange Zeiträume auf komplexe Aufgaben zu konzentrieren, ihnen geholfen hat, sich ihre Umgebung zu merken und ausgeklügelte Muster zu erkennen – beides wesentliche Fähigkeiten, um Nahrung zu finden.
"Wir vermuten, dass die frühe Entwicklung des vererbten Autismus zum Teil eine evolutionäre Reaktion auf ultraharte klimatische Bedingungen auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit war", sagte Spikins dem Medium Independent, "ohne die Entwicklung autismusbedingter Fähigkeiten bei einigen Menschen wäre es denkbar gewesen, dass der Mensch nicht in einer eisigen Umgebung überleben konnte, in der das Finden von Nahrung verbesserte Fähigkeiten erforderte", sagte sie.
Die Entwicklung dieser Fertigkeiten bei den frühen Menschen, sagt Spikins, ist die gleiche Fertigkeit, die zur Produktion der ersten realistischen Kunstwerke beigetragen hat, die in Frankreich und Spanien an Orten wie Chauvet, Lascaux und Altamira gefunden wurden. Frühe Menschen schärften diese Fähigkeiten durch Zeichnen. "Der Detailfokus bestimmt, ob man realistisch zeichnen kann; man braucht ihn, um ein talentierter, realistischer Künstler zu sein. Diese Eigenschaft kommt bei Menschen mit Autismus sehr häufig vor und kommt nur selten bei Menschen ohne sie vor", erklärt sie.
In einer Schlussfolgerung, die sicherlich weitere Diskussionen auslösen wird, schlägt das Papier der Forscher auch vor, dass künstlerische Kreativität beim Menschen nicht wie bisher angenommen ein kulturelles Phänomen, sondern eine evolutionäre Entwicklung sein kann. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden nun die Ergebnisse testen und andere Aspekte der frühen kulturellen Bräuche, einschließlich Technologie, Rituale und nicht-visuelle Kunst, untersuchen, um festzustellen, ob dieses Verhalten auch eine Folge der evolutionären Entwicklung war.
Interessante These, die in Neuro Science und in der Daily Mail aufgegriffen wurden. Beim Querlesen sind mir dann die Vergleiche aus dem weiter oben, aus 2005 stammenden Artikel von Telepolis aufgefallen (Zeichnungen sind teilweise identisch). Das gibt eine gänzlich andere Sicht der Dinge, wenn man die Höhlenkunst aus diesem Blickwinkel betrachtet.
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Es waren definitiv keine Autisten oder die Leute haben den Begriff des Autismus mal wieder neu definiert. Es wird wohl mit einer Forschungsarbeit zusammenhängen, die dann irgendwann mal Resultate bringen musste.
Die nächste Forschungsarbeit wird sagen, dass es von einem Synästhetiker kommt.
Es sind berechtigte Zweifel angebracht.