Auf das Problem bin ich die Tage in einer TV-Sendung aufmerksam geworden. Autofahrer erhalten aus Österreich eine sogenannte Besitzstandsklage, und es werden horrende Summen gefordert. Ein Autofahrer soll für das Wenden auf einem Privatgrundstück 365 Euro Entschädigung zahlen.
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Sackgasse in Kitzbühel als Autofahrer-Falle?
Es geht um die als Sackgasse ausgeführte Kirchgasse im genannten Örtchen in Österreich. Am Ende dieser öffentlichen Straße gibt es einen gepflasterten Bereich, wo aber der Übergang zwischen öffentlichem Weg und privatem Grund nicht wirklich gut zu erkennen ist (nur verschiedenfarbige Pflastersteine deuten das an). Auf dem privaten Grundstück zeichnet eine Videoüberwachung den Verkehr auf.
Autofahrer, die irgendwie auf dem Grundstück wenden, obwohl dort ein Schild "Hier nicht wenden" steht, bekommen dann von einem Rechtsanwalt ein Schreiben mit Forderungen wegen Besitzstandstörung.
Matthias Krämer aus Neckarsulm bekam das Schreiben eines Rechtsanwalt aus Niedersachsen, der im Auftrag seines Mandanten 345 Euro forderte, weil er das Grundstück unbefugt befahren habe. Ohne Zahlung drohe eine Besitzstandsklage in Österreich. Die Kollegen von Mimikama haben den Fall hier dokumentiert.
Besitzstandsklage in Österreich
Besitzstörungen sind eine juristische Besonderheit in Österreich. Wer sein Fahrzeug ohne ausdrückliche Erlaubnis auf privatem Grund parkt, macht sich dort einer so genannten Besitzstörung schuldig. Der Grundbesitzer kann vor Gericht Klage einreichen, um Entschädigung zu erhalten. Dies kann in Österreich viel Geld kosten.
Den Autofahrern geht kurz danach ein Schreiben eines Anwalts aus Österreich oder aus Deutschland zu. Bleiben das Schreiben des Anwalts unbeantwortet und die Kostenrechnung unbezahlt, wird eine Besitzstörungsklage eingeleitet. Diese Klage erhebt der Grundstückseigentümer regelmäßig vor einem österreichischen Gericht. Dies kann dann dem beklagten Fahrzeughalter die nicht unerheblichen und auch in Deutschland vollstreckbaren Kosten auferlegen. Ferner muss sich der Besitzstörer verpflichten, künftig nicht mehr auf privatem Grundstück zu parken.
Berechtigt, oder Anwaltsabzocke?
Dass gegen notorische Falschparker eine solche Maßnahme eingeleitet wird, ist irgendwie nachvollziehbar. Aber in einigen Fällen, auch in der Kirchgasse in Kitzbühel, drängt sich aber der Verdacht der Abzocke auf. Denn dieser Ort hat auch in der lokalen Presse einige Erwähnungen erhalten. Außer Matthias Krämer wurden dort noch viele andere Autofahrer wegen Besitzstörungen zur Kasse gebeten.
Rechtsanwalt Jan Bröcker aus Niedersachsen, von dem das Schreiben an Krämer stammt, wirbt laut Mimikama mit einer Lösung, wie man sich schnell und effektiv gegen Falschparker wehren kann. Dem Rechtsanwalt gehört die Seite parkplatzdieb[dot]de. Das ist also ein Geschäftsmodell und der Rechtsanwalt droht Matthias Krämer auch weiterhin mit einem Verfahren in Österreich.
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Krämer will gegen diese Forderung vorgehen, denn der Betrag umfasst die Kosten für die "Grundstücks-Videoüberwachung" sowie den Rechtsanwalt. Der Tiroler Grundstücksbesitzer argumentiert mit "übermäßiger Beanspruchung der Pflasterung auf dem Privatgrund durch regelmäßige Wendemanöver unbefugter Dritter.
Ärger verursacht, dass die Überwachungsbilder wohl zeigen, dass nur ein Hinterrad des Autos beim Wenden geringfügig auf das Privatgrundstück gerieten und der Übergang nur schwer erkennbar war. Das Ganze wurde von SWR-Marktcheck aufgegriffen (auf YouTube abrufbar).
Es gibt wohl noch einige andere Orte in Österreich, wo solche Fallen lauern. Diese Forderungen deutscher Anwälte für Verstöße im Ausland sind rechtlich arg umstritten. Der Remscheider Anzeiger berichtet in diesem Artikel, dass der ADAC eine Musterklage gegen solche Methoden aus Italien angestrengt habe.
Wer Zweifel hat, ob beispielsweise der Privatgrund als solcher überhaupt zu erkennen war, sollte bei einem Besitzstörungsverfahren einen österreichischen Anwalt hinzuziehen, heißt es in dieser Meldung des ADAC.
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Die hier verlangten Beträge sind weit überzogen, wie bereits gerichtlich festgestellt wurde:
https://verbraucherrecht.at/entscheidung-zu-kosten-bei-besitzstoerung/64386