Im Jahr 2031 wird das gesetzliche Renteneintrittsalter bei 67 Jahren liegen. Die Folgen der Coronakrise, eine steigende Anzahl an Rentnern, all dies wird die Rentenkassen belasten. Schon wird der Ruf nach der Erhöhung des Renteneintrittsalters laut.
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Hier dürfte eine 'kluge Rentenpolitik' gefordert sein, die beispielsweise den Leuten bei Erreichen der Altersgrenze auf Wunsch einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglicht. Prof. Bert Rürup hat im Handelsblatt einen ganz lesenswerten Beitrag zu diesem Themenfeld veröffentlicht.
Aber man lässt uns nicht springen …
In den Kommentaren gibt es eine Stimme eines Betroffenen, der sich bezügliche eines gleitenden Übergangs so äußerte:
Hatte mir das damals auch so vorgestellt …. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen bis 65 durchzuhalten. Die letzten Jahre wurden aber immer quälender, sodass ich mich dann doch dafür entschieden hatte, um 1 1/2 jahre abzukürzen und ich war gottfroh, dass ich nicht noch länger bleiben musste (auch wenn's nur halbtags gewesen wäre).
Das sind dann die Erfahrungen, die mich persönlich immer betroffen machen. Da ist es wieder, das Bürokratentum und der Amtsschimmel. Eine Verschwendung von Ressourcen sondergleichen. Ich sehe das leider auch betrübt, so, wie der Leser.
Eigene Erfahrungen – nie verbiegen lassen
Gut, im Rückblick auf 51 Jahre Berufsleben und 65 Lebensjahre bin ich zur Feststellung gekommen, dass ich wohl 'ein Kämpfer' bin, der sich wenig um die Befindlichkeiten irgendwelcher Chefs kümmerte. Und es war mir klar, dass in der letzten Firma, wo ich als Angestellter war, so etwas wie 'Narrenfreiheit' genoss. Bei vielen Projekten war ich 'Feuerwehr', der Verunglücktes sanieren und auf Vordermann bringen musste – und mit 'meinem Hobby' – so die Vorstellung meiner Chefs – habe ich mehr verdient, als mir die Firma zahlte. Machte das Leben dort etwas einfacher … hat aber nicht jeder.
Ich bin ja ein Mensch, der nie den 'geraden Weg der grauen Mäuse' in seinem Berufsweg gegangen ist. Auf das Gymnasium wollte ich nicht 'plage mir nicht den Kopf' so mein Argument – erzählte mir meine Mutter kurz vor ihrem Tod. Wusste ich nicht – aber ich kannte den Grund: 'Ein Pfarrer aus der Familie nahm mich bei meiner Erstkommunion zur Seite und meinte: Günter, geh auf's Gymnasium, mach Abitur, dann kannste nachher Pfarrer werden.' Schon damals scheint der Revoluzzer in mir gehaust zu haben – ich und Pfarrer? No way – eher läuft der Rhein aufwärts in Richtung Basel.
Also war nach 8 1/2 Jahren Volksschule eine Elektroinstallationslehre angesagt. Wie man es schafft, eine Zwischenprüfung zu versauen und doch durchzustarten, habe ich drüben in meinem IT-Blog im Beitrag Lebenslinien: Muurejubbel-Podcast mit Günter Born als Gast aufgedröselt. War etwas steiniger über den zweiten Bildungsweg zum Fachabitur und dann ein Ingenieursstudium durchziehen.
Nach einem ersten Job als Ingenieur in der Luft- und Raumfahrtindustrie – war nix für Vatters Jung, die wollten mich einfach nicht die 'Saturn next generation' bauen lassen und haben meine Genialität wohl verkannt. Also Exit und ganz was neues: Was mit Computern in der Großchemie. War mein Ding, aber die Revoluzzer-Seele tobte noch immer – ständig war da die dicke Betonwand, mit der ich mit dem Kopf durchwollte – gut, ich habe schnell gelernt, um die Wand herum zu springen, um doch noch ans Ziel zu kommen.
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Aber vor dem Höhepunkt seiner 'Karriere' vor fast genau 27 Jahren (1. Oktober ist der Termin) habe ich die Reißleine gezogen, und einen Job im Management mit Personalverantwortung im Ingenieurbereich an den Nagel gehängt hat (war gut so, ich bin 2 Jahre, bevor eine große deutsche Chemiefirma betriebswirtschaftlich geschlachtet und an die Wand gefahren wurde, dort weg). Irgend eine weitere Stelle als Ingenieure in einem anderen Unternehmen wie Siemens, AEG, BBC etc. annehmen? Kam nicht in die Tüte – durch meine Arbeit in Normengremien kannte ich den Stallgeruch 'dieser Läden' und wusste, dass ich vom Regen in die Traufe gekommen wäre.
Also Exit und ganz was anders machen, ich wurde Schriftsteller (Motto: Mache dein Hobby zum Beruf, dann musst Du nie wieder arbeiten), um quasi unter die brotlosen Lebenskünstler zu gehen. Gut, Brot gab es immer zur Genüge – auch wenn meine Frau mir in der Anfangszeit erzählte:
Die Leute sehen, dass Du immer zuhause bist und fragen mich 'Was macht ihr Mann' – ich weiß gar nicht, was ich dann antworten soll. Zu Beginn antwortete sie den Fragenden arglos 'der ist Schriftsteller' – um dann mit der nächsten Frage 'kann man davon leben' konfrontiert zu werden. Habe meiner Frau dann die Antwort diktiert: Antworte auf die Frage 'kann man davon leben' schlicht mit 'Nein, aber mein Mann und ich leben von der Luft und Liebe – die Kinder schicken wir zu den Nachbarn zum Durchfüttern'. Als sie diesen Spruch drauf hatte, war 'Ruhe im Karton' und Schluss mit Nachfragen ;-).
Zurück zum Thema: Ich kenne jetzt beide Lebenswelten, Angestellter, der sich nach landläufiger Meinung der Personalberater 'bei Zeiten wie ein Häkchen krümmen und als graue Maus mitlaufen soll' – und als Selbständiger, der seit 27 Jahren täglich mit dem 'Bär auf dem Vulkan tanzt'. Letzteres gefällt mir im Rückblick deutlich besser als die Jahre als Angestellter.
Staats-, Firmen- und Gesellschaftsversagen
Als jemand mit früherer Personalverantwortung hat es mir jedes Mal in der Seele weh getan, wenn ich gesehen habe, wie Bekannte, die sich eigentlich nie über ihren Job beklagt haben, so 1-2 Jahre vor der Rente plötzlich in den 'das macht alles keinen Spaß mehr-Modus' verfielen und dem Ruhestand entgegen fieberten. Das ist Staats-, Firmen- und Gesellschaftsversagen.
Aus meiner Ingenieurstätigkeit im Management ist mir aber auch bekannt, dass es schon sehr aufgeschlossene Chefs brauchte, um ältere Mitarbeiter richtig einzubinden. Ich erinnere noch sehr gut die Situation, als ich als junger Ingenieur die Projektleitung für ein IT-Vorhaben auf's Auge gedrückt bekam, und plötzlich einen sehr erfahrenen Ingenieur um die 50, der letzten Endes das Projekt akquiriert und von der Hardware her geplant hat, so einzubinden, dass er mit am Karren zog. Es hat geklappt, er war happy und ich habe das Projekt erfolgreich zum Abschluss gebracht (die Vorgänger waren in einer anderen Anlage mit einem vergleichbaren Projekt letztendlich gescheitert – die Computer zur Steuerung liefen nie störungsfrei, sondern erforderten immer Handstände vom Wartungspersonal).
Es war "die eine Erkenntnis", die mich zum Exit und Sprung ins kalte Wasser der Selbständigkeit, bewogen hat: 'Mit 50 gehörst Du in dem Laden zum alten Eisen und die fahren mit dir Schlitten – schau, dass Du weg kommst'.
Gut, es kann nicht jeder solche Haken schlagen, wie meine Wenigkeit – und ich bin sicherlich ein Mensch mit besonderer Mentalität, der 'seinen Pflug tief und gerade zu seinen Zielen durch's Leben gezogen hat' – nur gelegentlich habe ich mal zurückgeblickt, um zu prüfen, ob ich die Furche auch gerade ziehe und auf dem 'richtigen Weg bin'. War aber auch kein Problem, den Pflug mal ganz herum zu reißen und zur Verwunderung der Mitmenschen plötzlich ein gänzlich anderes Ziel zu verfolgen. Ich denke, ich werde den Unruhestand gleitend angehen und auch dort (hoffentlich) meine Furche ziehen können, bis ich irgendwann aus den Stiefeln kippe.
Aber mein Bruder ist Werkzeugmachermeister, der aktuell in der Schweiz lebt und arbeitet. Seine Aussage: Bei uns arbeiten altgediente Meister und Facharbeiter oft bis 68 und ich plane das auch. Na bitte, geht doch …
… wird aber ein steiniger Weg, bis die deutsche Gesellschaft springt. Controller und Erbsenzähler haben wir zur Genüge. Aber an einem Überfluss an Kreativität und Wagemut (dazu gehört auch, Ressource der Älteren einzubinden) leiden wir die letzten 40 Jahre ja leider nicht mehr … mal schauen, was wird.
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@…auf Wunsch einen gleitenden Übergang in den Ruhestand ermöglicht
Ich möchte keine grosse Diskussion über das Thema anfangen, aber genau diesemPunkt sehe ich heute eher kritisch. Hatte mir das damals auch so vorgestellt ( Gleichverteilungsmodell). Meine Fa. bot aber nur das Blockmodell an. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen bis 65 durchzuhalten. Die letzten Jahre wurden aber immer quälender, sodass ich mich dann doch dafür entschieden hatte, um 1 1/2 jahre abzukürzen und ich war gottfroh, dass ich nicht noch länger bleiben musste (auch wenn's nur halbtags gewesen wäre).
Zudem ist das ja auch nicht so einfach. Wenn würdes du dann lieber kommen? Morgens, mittagas oder sogar spätmorgens bis frühmittags? Daran sieht man, wie auch immer, dass da ein Schlendrian einreisst der weder für die Mitarbeiter noch für die Fa. gut ist. Dann lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Zu dem Thema könnte man noch viel schreiben nur soviel:
Es ist heute schon möglich mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren freiwillig länger zu arbeiten wenn beide das möchten.
Die Politik sollte endlich mal klare Kante machen und nicht auf der einen Seite das gesetzliche Renteneintrittsalter erhöhen und auf der anderen für bestimmte Gruppen die Rente mit 63 forcieren.
Abschliessend und als positiven persönlichen Aspekt kann ich heute sagen, dass ich inzwischen gelernt habe, mit der gewonnen unbegrenzten Freiheit und Unabhängigkeit umzugehen. Obwohl ich geistig und körperlich noch fit bin möchte ich keinen Tag mehr in die Arbeit zurück. Sollen ihren Sch… alleine machen.
Ja leider – bekomme ich im Bekanntenkreis oft mit – siehe meine Ergänzung im obigen Text.
Aktuelle Plane ich im Jahre 2029 wenn ich 30 Jahre in Luxemburg arbeite in Rente zu geben, daman hier nach insgesamt 40 Rentenjahre in den Ruhestand gehen kann
Über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten halte ich in der aktuellen Wirtschaftslage schlichtweg für unsozial. Beispiel:
Ein Freund von mir (AT-Angestellter, ledig, Abteilungsleiter bei einem Automobilhersteller mit bester betrieblicher Altersvorsorge) plant weitere 2 Jahre zu arbeiten. Dadurch erhöht sich seine gesetzliche Rente nochmals um ca. 6% pro gearbeitetes Jahr.
Arbeit zuhause hätte er durch seinen Weinberg genügend.
Dieses Vorgehen blockiert Arbeitsplätze z.B. für junge Familienmütter/-väter die händeringend einen Arbeitsplatz suchen.
Zu 'Dieses Vorgehen blockiert Arbeitsplätze' ist dem wirklich so?
1. Die 'Rente' für den AT-Angestellten wird für den gesetzlichen Teil an der Beitragsbemessungsgrenze ausgerichtet – da sind die Sprünge nicht so gigantisch.
2. Die jungen Familienmütter/-väter passen sicherlich nicht auf den Arbeitsplatz den Herrn (musste mich mit solchen Fragen im letzten Angestelltenverhältnis befassen).
Man könnte zwar von Löcherleitung ausgehen – der Abteilungsleiter geht, ein Mann/eine Frau aus der zweiten Reihe rückt nach – diese Position wird frei und irgendwann gibt es einen freien Arbeitsplatz für Einsteiger/Wiedereinsteiger.
Aber die Firmen wollen passgenaues Personal – und in der genannten Branche werden eher Stellen unbesetzt bleiben, ob der aktuellen Aussichten. Wenn das Unternehmen den Abteilungsleiter für 2 weitere Jahre hält, werden die dessen Leistungen (bei seinem Gehalt) sicher zu schätzen wissen – meine Erfahrung. Da mit 'unsozial' zu winken, finde ich gefährlich. Ich kenne die Details des aktuellen Falls nicht – aber im schlimmsten Fall ziehe ich mit einem unfähigen Kopf an der Position ganze Bereiche in den Orkus – dann reden wir von hunderten oder tausenden Arbeitsplätzen die wackeln – und nicht von einem Wieder-/Einsteiger. Wie sozial ist das denn?
Und diese 'Goldesel'-Firmen mit dicker Pensionskassenrente werden wohl eher seltener. In fünf bis 10 Jahren werden die Firmen händeringend nach Köpfen suchen – oder nach Corona gehen hier volkswirtschaftlich so die Lichter aus, dass eh keine Betriebe mehr da sind. Ist aber nur meine Meinung – und die Demographie lügt nicht – die Unsicherheit ist lediglich die Wirtschaftsentwicklung.