Wenn Großinvestoren deinen Zahnarzt aufkaufen

GesundheitEs gibt scheinbar einen unschönen Trend in Zahnarztpraxen. Großinvestoren versuchen sich dort einzukaufen und das Ruder zu übernehmen. Der Zahnarzt ist dann Angestellter in der eigenen Praxis und muss Geld rein schaufeln.


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Nicht jeder geht gerne zum Zahnarzt, da wird gebohrt, es gibt Spritzen und das Ganze wird bei manchem Zahnarzt auch noch teuer. Der versucht sich möglicherweise in 'Beutelschneiderei' und bietet nur die teuren Leistungen mit heftiger Zuzahlung an. Das Pferd der Ehegattin oder Kinder muss bezahlt werden – so die landläufige Meinung. Dass eine Praxis ein 'Medizinbetrieb' ist, der Kosten verursacht, ist vielen Patienten nicht klar. Von daher ein Lob auf den Zahnarzt des Vertrauens, der seine Leistungen im Sinne des Patienten anbietet.

Heuschrecken als Praxisinhaber?

Aber manche Zahnäzte haben nicht das Problem 'das Pferd der Gattin' oder welches Hobby auch immer, oder eine teure Miete sowie die Praxisausstattung, finanzieren zu müssen. Sondern sie sind schlicht Angestellte eines Investors, der die Praxis aufgekauft hat und nun Rendite sehen will.

Ich bin bereits im Mai 2018 auf diesen Artikel gestoßen, der dieses Thema aufgegriffen hat. Inzwischen gibt es aber weitere Artikel wie auf dzw, esanum oder zm-online, wo vor dem Trend gewarnt wird. Tenor: Die Zahnmedizin ist gerade einem Wandel unterworfen. Noch werde 82% der Praxen von Freiberuflers als Zahnarzt geführt. Diese erbringen Leistungen nach bestem Wissen und Gewissen im Interesse des Patienten und fühlen sich persönlich sowie fachlich dafür verantwortlich.

Aber es gibt fast 16 Prozent Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) mit zwei Inhabern. Der Anteil der BAG mit drei oder mehr Inhabern oder Kapitalgesellschaften beträgt zur Zeit nur etwas über 2 Prozent [Quelle: KZBV-Jahrbuch 2017, S. 182, siehe auch zm-online]. Der neue Trend zielt auf diese 2 Prozent der Berufsausübungsgemeinschaften (BAG). Neuerdings sprießen Medizinische Versorgungszentren (MVZ), in denen Zahnarzt-Praxen als GmbH fungieren, aus dem Boden. Denn Zahnärzte dürfen mittlerweile unbegrenzt Kollegen anstellen, behalten aber weiterhin ihre kassenärztliche Zulassung.

Möglich macht dies das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz aus dem Jahr 2015 und ein Urteil des Bundessozialgericht aus dem Jahr 2017 zu erweiterten Gründungsmöglichkeiten  (siehe auch zm-online). Laut der genannten Quelle gibt es immer mehr Praxen, die einen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro überschreiten. Und dahinter sitzt oft ein Investor, der das Ganze aus Renditegesichtspunkten als Großpraxis betreibt. zm-online hat dieses Modell der MVZ GmbH mit dem Zahnarzt als Minderheitsgesellschafter ausführlicher beleuchtet.

In Skandinavien, in den Niederlande oder in Großbritannien gibt es diese Großpraxen und Praxisketten bereits. Bei Investoren reibt man sich mittlerweile die Hände, was die Geschäftsaussichten in Deutschland betrifft. In diesem Kapitalmarkt-Portal (gelöscht) befasst man sich mit den Geschäftsaussichten.

Die Westfälische Nachrichten berichten hier, dass die Firma Colosseum Dental Deutschland aus Münster bundesweit ein Zahnarzt-Netzwerk aufbaut (z. Z. 230 Kliniken). Hinter der Firma stehen die Schweizer Colosseum AG, die zur Jacobs Holding AG (die ehemaligen Bremer Kaffeeröster) gehört.


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Aber auch die britische Kette „My Dentist" (Gruppe Carlyle, 450 Standorten in Großbritannien), der in staatlicher Hand befindliche Anbieter Oasis (der mittlerweile unter Bupa Dental Care in Großbritannien fungiert, 400 Standorte und die niederländische DentConnect-Gruppe mit 220 Praxen versuchen ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Quelle ist dieser Artikel.

Zahnärztliche Vereinigungen warnen

In diesem Artikel lese ich, dass der Vorsitzende der Kassenzahnärzte, Wolfgang Eßer, von einem "sprunghaften Anstieg" von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in der Zahnmedizin berichtete. In einem gemeinsamen Papier von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung, Bundeszahnärztekammer und Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde heißt es: "Die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland gehört nicht in die Hände von Investoren". Forderung aus dem esanum-Artikel:

Das Recht, ein Zahnarzt-MVZ zu gründen, "muss auf räumlich-regionale sowie medizinisch-fachliche Bezüge gesetzlich beschränkt werden".

Ob die Zahnarztversorgung, angesichts der Positionen des gegenwärtigen Gesundheitsministers Jens Spahn, in guten Händen ist? Ich weiß es nicht, man wird sehen. Jedenfalls bin ich da wohl noch im 'Land der Glückseeligen', denn als ich vor Jahrzehnten, in einem Ortsteil einer kleineren Stadt, in mein Haus zog, hatte gerade ein junger Zahnarzt seine Praxis eine Straße weiter eröffnet. Der ist seit dieser Zeit der Zahnarzt meines Vertrauens, bei dem ich zwei Mal im Jahr zur Kontrolle auf dem Behandlungsstuhl sitze. Ja, ich zahle einmal im Jahr eine IGEL-Zahnreinigung (das Geld bekomme ich meist als Prämie von der Krankenkasse zurück). Aber dieser Zahnarzt fungiert auch als Gutachter für die kassenärztliche Vereinigung und rät im Zweifelsfall eher von einer 'Überversorgung' ab.

Und wie sieht es mit der Zahnarztversorgung bei Ihnen aus? Gehen Sie regelmäßig zur Kontrolle? Oder sind das alles Beutelschneider? Ihre Meinung ist gefragt.


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