Ex-Boeing-Manager fliegt nicht mehr mit der 787 "Dreamliner”

Interessanter Einblick in die Luftfahrtindustrie: Ein altgedienter Boeing-Manager wurde in die Produktion der Boeing 787 "Dreamliner" versetzt. Seitdem fliegt er nicht mehr mit solchen Maschinen mit und warnt seine Familie ebenfalls vor Reisen mit diesem Flugzeug.


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Der US-Flugzeugbauer Boeing ist ja wegen großer Probleme mit einigen seiner Flugzeug-Neuentwicklungen im Gespräch. Der Flugzeugtyp 737Max 73 wurde ja wegen zweier Abstürze weltweit gesperrt. Nach und nach werden haarsträubende Versäumnisse durch den Hersteller öffentlich. Aktuell hofft Boeing, dass dieses Flugverbot zum Jahresende aufgehoben wird und fährt die Produktion hoch.

Boeing 787 "Dreamliner"

Aber es gibt noch ein weiteres Flugzeug, die Boeing 787 "Dreamliner", die mir als Problemmaschine im Hinterkopf herumspuckt. Auch da gab es Flugverbote wegen Bränden in den Lithium-Ionen-Akkus, die im Flugzeug verbaut sind. Über den nachfolgenden Tweet bin ich auf einen Artikel bei boingboing.net aufmerksam geworden.

Der englischsprachige Artikel beschreibt die Geschichte von John Barnett, der drei Jahrzehnte als Qualitätsmanager bei Boeing tätig war. Barnett wurde dann in die Produktionsstätte Charleston, versetzt, wo er für die Boeing 787 "Dreamliner" zuständig war. Dort stieß er, laut diesem Artikel, auf haarsträubende Zustände.

Barnett sagt, dass die Produktion der B787 von einem neuen Führungsteam geleitet wurde, das von St. Louis übernommen worden war. Dieses Team hat Erfahrungen in der Überwachung von Militärverträgen, stellte aber angeblich die Produktionsgeschwindigkeit über die Lufttüchtigkeit und Sicherheit der produzierten Maschinen.

Laut Barnett begann die Kultur der mangelnden Sicherheit in den Jahren 2011 oder 2012, als das Top-Management die Mitarbeiter aufforderte, Fehler nicht zu dokumentieren. Das führte dann dazu, dass die Produktionsmitarbeiter Sicherheitsfragen zu ignorieren begannen und in den Maschine defekte Teile verbaut wurden.

Barnetts Beschreibung der Sicherheitsprobleme ist erschreckend. So führte beispielsweise das Anziehen der Titanmuttern an den Schrauben des Kabinenbodens dazu, dass 3-Zoll lange, rasiermesserscharfe Titansplitter in den Kanal fielen, in dem die gesamte sensible Avionikverkabelung verlief. Obwohl die FAA Boeing schließlich einen Auslieferungsstopp wegen dieses Mangels für alle Flugzeuge anordnete, deren Kabinen voller loser, messerscharfer Metallsplitter waren, hatte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits 800 Flugzeuge ausgeliefert. Und keine dieser Maschinen wurde zurückgerufen, so dass jeder Dreamliner, der Fliegt, heute dieses Problem hat. Einige dieser Splitter haben bereits in den 787er Maschinen Brände verursacht.


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Barnetts sagt auch, dass 25% der Sauerstoffmasken defekt sind und dass die Maschinen eine große Anzahl von Teilen hatten, von denen bekannt war, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Installation defekt waren. Das Unternehmen ließ diese Teile trotzdem installieren, damit sie ihre Produktionstermine einhalten konnten.

Barnett versuchte diese Mängel intern bei Boeing zu klären, sah sich aber mit Vergeltungsmaßnahmen am Arbeitsplatz konfrontiert. Dann informierte er die amerikanischen Bundesbehörden (FAA und OSHA). Aber das führte zu noch mehr Vergeltungsmaßnahmen und schließlich zur Kündigung und zum Bann als Beschäftigter der gesamten Luftfahrtindustrie.

Jetzt wartet Barnett darauf, dass verschiedene Bundesbehörden über die von ihm gegen das Unternehmen erhobenen Beschwerden entscheiden. Er selbst fliegt nicht mehr mit den Boeing 787-Maschinen mit und hat auch seine Familie gebeten, keine Flugreisen mit diesem Typ zu unternehmen.

Für mich bedeutet diese Geschichte quasi eine 'Erinnerung an meine beruflichen Anfänge'. Als frischgebackener Ingenieur habe ich Ende der siebziger Jahre bei der deutschen Luftfahrtindustrie angeheuert. Dort war ich u.a. mit Prüfmethoden für Schäden an Flugzeugbauteilen (Risse in Nietverbindungen oder geschweißten Teilen) des Airbus 300 befasst. Es musste dort immer wieder bei fliegenden Maschinen die Entscheidung getroffen werden, ob diese, trotz kleinster Risse in Nietverbindungen am Rumpf sicher waren und weiter fliegen dürften, oder sofort einer Reparatur unterzogen werden mussten. Bei der Reparatur wurde dann einfach ein Stück Blech über die Stelle mit Rissen genietet. Das war sicher, sah aber Scheiße aus – es hieß 'wenn die Leute so einen geflickten Flieger sehen, schwindet das Vertrauen'. Wenn ich ein Flugzeug betrat, auf dessen Außenhaut ich solche Reparaturbleche bemerkt, fühlte ich mich dagegen sicher. Ich wusste, dass meine Kollegen die Maschine auf Rissstellen bei Nietverbindungen geprüft hatten und Fehlstellen reparieren ließen. Dass dort solche Versäumnisse wie oben skizziert hätten vorkommen können, hielt ich für ausgeschlossen. Aber das ist jetzt 40 Jahre her. Und ich bin nach 2 Jahren in den Bereich der Computertechnik gewechselt – fand ich spannender, als mich mit Rissprüfungen an Flugzeugbauteilen zu befassen.


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