Das sind sie, die größten Fehler am Bau: Die Tür, die ins Nigendwo führt. Die Brücke, die von zwei Seiten gebaut wird, und dann passt das letzte Verbindungsstück nicht zu den bestehenden Segmenten, weil diese verschoben sind. Und, und, und …
Anzeige
Als ausgebildeter Handwerke und Ingenieur leide ich mit den Kollegen, denen so etwas passiert ist. Eine Herausforderung, die mich ein Leben lang begleitete – und die ich wohl rückblickend gemeistert habe. Mir sind niemals solche Katastrophen passiert, wenn auch mancher Wurf Verbesserungspotential aufwies.
Aber: Manches, was ich selbst als grottenschlecht empfand, damit haben andere lange und zur Zufriedenheit gearbeitet. Ich erinnere mich als frisch gebackener Ingenieur eine Ultraschall-Tauchtechnik-Anlage im Flugzeugbau konstruiert zu haben. Damit konnten Flugzeugbauteile im Labormaßstab in einer Wasserwanne per Ultraschall auf Fehler untersucht werden. Die Anlage funktionierte, nachdem der Meister mit seinen Werkstätten diese nach meinen Plänen gebaut hatte. Aber ich war unzufrieden, weil ich im Rückblick einige Anfängerfehler begangen hatte. Kurz vor meinem Exit aus dem Flugzeugbau hatte ich noch zwei Seiten mit Verbesserungsvorschlägen an meine Nachfolger hinterlassen, erwartet aber, dass die Anlage nach eine Schamfrist von 1-2 Jahren entsorgt würde.
Daher traf es mich wie ein Hammer, als ich mit einem (auch nach meinem Ausscheiden noch befreundeten) Ingenieurskollegen Sonntags mal telefonierte. Seit meinem Exit mussten gut und gerne 20 oder mehr Jahre vergangen sein. Plötzlich meinte der Kollege 'wir haben Auguste pensioniert'. Als ich verständnislos nachfragte: 'Die Frau kenne ich nicht', meinte er 'die hast Du doch beschafft, war doch dein Baby, die Ultraschall-Tauchtechnik-Anlage'.
Solche Erlebnisse hatte ich später als Leiter einer Software-Entwicklungstruppe und mit einigen meiner verfassten Computer-Bücher noch öfters. Da hielten Konzepte und Entwicklungen über 20 – 25 Jahre und Leser/innen schwärmen immer noch von Büchern, die ich für nichts Besonderes hielt. Altes Problem: Eigensicht versus Fremdsicht.
Aus dieser Erfahrung heraus 'leide' ich schon etwas mit den verantwortlichen Kollegen, denen die größten Baufehler passiert sind, die auf der im Tweet verlinkten Seite gesammelt wurden.
⚠️ Ridiculous #Construction #Fails That Actually Happened
— Too Cool (@toocool2betrue) July 2, 2020
Es gilt der alte Spruch 'Shit happens' – und wenn es dich trifft, siehst Du alt aus. Ach ja, die Baufehlerchen, die ich beim Umbau einer gekauften Eigentumswohnung gemacht habe, hingen mir noch 18 Jahre nach. Die schief verputzte Wand, wo die Bad-Fliesen dann leicht schräg verliefen, da fiel mein Blick jeden Morgen drauf (Mist, hättest Du doch noch einen Sack Verputz mehr spendiert und die Ecke senkrecht verputzt – gut, bin kein ausgebildeter Maurer, sondern Elektriker und Ingenieur mit Abschluss in Physikalischer Technik – und ein bisschen Informatiker, heute Schriftsteller – da darf das schon mal passieren dürfen – geärgert hat es mich aber bis zum Schluss).
Anzeige
Und beim Häuschen, welches von 1997 bis 1999 gebaut wurde, war ich zum Leidwesen des Architekten, des Bauträgers und der Handwerker täglich mindestens 2 Mal auf der Baustelle. So konnte ich manche Katastrophe verhindern. Ach ja, die dünne Baubeschreibung des Architekten war plötzlich von einer Seite auf vier angewachsen, nachdem ich diese in die Finger bekam.
Die Pläne blieben auch nicht 1:1 bestehen, sondern ich habe kräftig korrigiert – der Architekt (Prof. an einer FH) wollte tolle Häuser wie in Kalifornien bauen. Schweinegitter vor raumhohen Fenstern, vom Architekten als 'spanische Balkone' bezeichnet, nein, damit konnte ich mich als Bauernsohn nicht anfreunden – erinnerte zu stark an die verzinkten Absperrgitter in unserem Schweinestall. Ich wollte in dem Haus, in das ich mein sauer verdientes Geld gesteckt habe, schlicht leben und arbeiten – und ich sah es auch überhaupt nicht ein, in der Küche raumhohe Fenster zu verbauen, wenn davor eine Küchenzeile steht und man dann deren Rückwand durch das Fenster sieht. Der Architekt wollte Milchglas einbauen – ich habe seinen Entwurf kurzerhand radikal abgeändert und Fenster bis zur Oberkante Küchenzeile in die Pläne eingezeichnet. Gab so einige Klippen, die es zu umschiffen galt.
Klassische Konfliktsituation, die ich dann in pragmatischer Manier mit dem Spruch 'wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird' gelöst habe. Der Architekt war zwar gefrustet, aber im Anschluss wurden meine Exzerpte in Form der Baubeschreibung und der Pläne vom Bauträger direkt auf die drei anderen Doppelhaushälften übertragen – so schlecht waren meine Ideen wohl also doch nicht – auch wenn beste Frau von Welt mal vom Küchenbauer zurückkam und ich plötzlich einen Plan für eine dreieckige Küche vorliegen hatte – auch das haben wir anders und mit einer rechtwinkligen Küche, aber mit einem anderen Küchenbauer, gelöst. Arbeit am Bau ist halt schon Abenteuer pur. Wollte immer mal ein Buch drüber schreiben (heute würde es ein Bautagebuch als Blog), habe es dann aber aus Zeitmangel sein lassen.
Anzeige
Ein Kunde mit Kenntnissen, der dann auch noch Wünsche hat und in die Baupläne einbringt. Das ist in der heutigen Zeit, auch 97 schon, nicht so gern gesehen.
Es gilt doch: Schnell ran an den Bau, fertig werden, ab zum Nächsten. Schließlich muss man Geld verdienen und will sich nicht vom Bauherren mit Erfahrung unnötig aufhalten lassen.
Und sonst, wer keine Fehler gemacht hat, der hat auch nichts gelernt.