Es ist eine irre Geschichte: Großbritannien hatte einen Satelliten starten lassen, der inzwischen außer Betrieb ist. Eigentlich sollte der Satellit an seiner Position über Ostafrika sein, fliegt aber in 36.000 km Höhe über Südamerika. Und niemand kann erklären, wie und warum er dort hin gekommen ist.
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Der Skynet A1-Satellit
Skynet ist eine Familie militärischer Kommunikationssatelliten, die heute von Babcock International im Auftrag des britischen Verteidigungsministeriums (MOD) betrieben wird. Sie bieten strategische und taktische Kommunikationsdienste für die britischen Streitkräfte, die britischen Nachrichtendienste, einige britische Ministerien und Behörden sowie für verbündete Regierungen.
Skynet A1 wurde laut dieser NASA-Seite am 22. November 1969 mit einer amerikanischen Delta-Rakete gestartet und vor der Küste Ostafrikas in einem geostationären Orbit in 36.000 km Höhe stationiert. Meinen Informationen nach war der Satellit nur wenige Monate in Betrieb.
Skynet-A1 an neuer Position
Fast pünktlich zum 55 jährigen Jubiläum hat die britische BBC diesen Artikel veröffentlicht. Die Kurzversion: Zu dieser Zeit hat man sich keine Gedanken um ausrangierte Satelliten gemacht – heute werden sie am Lebensende per Triebwerk mit ihrem Resttreibstoff in ein Parkorbit verschoben.
Dies ist seinerzeit unterblieben. Daher sollte der Satellit eigentlich über seiner Position vor der Küste Ostafrikas stehen. Oder er müsste ostwärts, in ein sogenanntes Gravitationsloch über dem indischen Ozean gedriftet sein.
Aber der Satellit befindet sich in einem Gravitationsloch vor der Westküste Südamerikas und kreist dort "wie eine Murmel in einer Schüssel" um eine bestimmte Position. Der BBC-Artikel enthält eine Karte, die die beiden Gravitationslöcher zeigt.
Das erste Problem: Skynet-A1 kommt anderen Satelliten in diesem Bereich gefährlich nahe. Da Skynet-A1 inzwischen ausgefallen und nicht mehr manövrierfähig ist, müssen andere Satelliten ausweichen. Die Briten überwachen daher die Position des ausgedienten Skynet-A1 und warnen die Betreiber der betreffenden Satelliten, wenn eine Kollision droht.
Eine Kollision würde nicht nur zum Ausfall des nächsten Satelliten führen, sondern auch jede Menge Weltraumschrott produzieren. Diese würden andere Satelliten gefährden. Diese Gefahr besteht noch für rund eine Million Jahre, da das Orbit solange stabil bleibt. Die Briten werden sich also überlegen müssen, wie sie Skynet-A1 aus dem Orbit zum Absturz in die Erdatmosphäre bringen oder in ein Parkorbit schießen.
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Das zweite Problem, was die BBC aufgegriffen hat: Niemand weiß, wie Skynet-A1 an seine derzeitige Position gekommen ist. Der Grund: Es gibt keine Dokumentation aus den siebziger Jahren. Ein britischer Operator, der heute in Rente ist, meint, dass die Kontrolle für die Satelliten-Position in dieser Zeit an den US-Hersteller übergegangen sei, weil das britische Kontrollzentrum in einen Wartungsmodus ging.
Mit ziemlicher Sicherheit wurde der ausgediente Satellit Mitte der 1970er Jahre beauftragt, seine Triebwerke zu zünden, um die Position im Orbit nach Westen zu verlagern. Die Frage ist, wer das war und mit welcher Berechtigung und zu welchem Zweck?
Hier herrscht Unklarheit – man bedenke, dass es ein Militär-Satellit war. Jedenfalls hat derjenige, der die Neupositionierung vorgenommen hat, der Sache keinen Gefallen getan. Die Risiken hatte ich ja oben beschrieben. Schöne Schei* würde man dazu sagen. heise hat hier noch einige Information dazu veröffentlicht.
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