EU-Kommission will für Alt-PKWs über 10 Jahre jährlichen TÜV

VW-KäferDie jahrelange Lobby-Arbeit von Verbänden hat wohl gefruchtet. Gerade ist bekannt geworden, dass die EU-Kommission will, dass Autos, die älter als 10 Jahre sind, jährlich zum TÜV vorgeführt werden müssen. Die EU-Kommission begründet dies mit steigenden technischen Mängeln. Automobil-Clubs widerlegen diese Behauptung – es geht um Abzocke der PKW-Besitzer und -Besitzerinnen.

Lange Lobby-Arbeit der Verbände und aktuelle Fristen

Die Hauptuntersuchung (HU) an Fahrzeugen wurde am 1. Dezember 1951 eingeführt. Die "TÜV-Plakette" auf dem hinteren Nummernschild gab es ca. 10 Jahre später. Aktuell gilt in Deutschland, dass ein Neufahrzeug erstmals nach drei Jahren zur Hauptuntersuchung (HU), volkstümlich auch TÜV genannt, vorgeführt werden muss. Danach ist alle zwei Jahre eine neuen HU notwendig.

Was übrigens kaum jemand weiß: 2018 hat das EU-Parlament laut diesem Artikel beschlossen, dass Neufahrzeuge erstmals vier Jahre nach Erstzulassung zur  ersten Hauptuntersuchung müssen. Deutschland hat das aber ignoriert und die strengere Regel mit den drei Jahren bis zur Erstuntersuchung beibehalten. Der ADAC hat hier die Fristen für die Hauptuntersuchen für Fahrzeuge aufgeschlüsselt.

Im Dezember 2024 ging der TÜV Süd mit der Forderung an die Öffentlichkeit, dass Fahrzeuge ab dem Alter von 10 Jahren jedes Jahr zur Hauptuntersuchung müssen. Begründet wird dies mit "technischen Mängeln" – ich hatte das im Artikel Alt-PKWs über 10 Jahre demnächst jährlich zum Tüv? aufgegriffen. Es stand der Verdacht auf "Abzocke" im Raum.

Bei der Recherche für diesen Artikel bin ich übrigens auf den Artikel ADAC kritisiert EU-Pläne: Kürzere Prüfintervalle seien Abzocke bei MeinAuto.de aus dem Jahr 2012 gestoßen. Damals wollte die EU Fahrzeuge mit einer Laufleistung von 160.000 Kilometern einem jährlichen TÜV unterwerfen. Der ADAC kritisierte die verkürzten Prüfintervalle 2012 als reine Abzocke.

Es ist damals nichts aus den Plänen der EU geworden, wie man heute weiß. Aber wir sind im Jahr 2025, der TÜV Süd hat vor einigen Monaten schon mal einen Versuchsballon gestartet – da könnte man es ja wieder mal versuchen.

EU-Kommission fordert Jahres-TÜV ab 10 Jahre

Nun schlägt die EU-Kommission aktuell vor, dass PKWs älter als 10 Jahre künftig jährlich zum TÜV müssen. Der EU-Vorschlag sei Teil eines Maßnahmenpakets, mit dem die Kommission die Zahl der Verkehrsunfälle und Unfallopfer reduzieren will, heißt es.

Die FAZ berichtet in diesem Artikel über den neuen Vorschlag. Dort wird auch "vorgerechnet", wie viele Verkehrstote die EU-Kommission mit dem jährlichen TÜV vermeiden möchte. Zudem findet sich die Information, dass in 16 der 27 Mitgliedstaaten bereits eine jährliche Hauptuntersuchung für Fahrzeuge älter als 10 Jahre durchzuführen ist. Nun sollen die restlichen 11 Mitgliedsländer nach dem Willen der EU-Kommission nachziehen.

Focus Online geht in diesem Artikel ebenfalls auf das Thema ein und merkt an, dass der Vorschlag der EU-Kommission noch die Zustimmung des Europaparlaments und der EU-Staaten bedarf, um wirksam zu werden.

Interessanter fand in den Kommentar im Focus Online-Artikel hier, der die Schnapsidee der EU-Kommission als Geldschneiderei betitelt und die oben vorgebrachten Argumente widerlegt. Der Kommentator geht davon aus, dass in den Zentralen von TÜV, Dekra und anderen Prüforganisationen die Sektkorken knallen. Denn eine solche Pflicht spült neues Geld der Fahrzeughalter in die Kassen dieser Organisationen.

Laut Artikel steht die Argumentation, dass jährliche Fahrzeuguntersuchungen die Zahl der Verkehrstoten signifikant senkt, auf "tönernen Füßen". ADAC und Automobilclub von Deutschland (AvD) gaben bereits vor einem halben Jahr zu Protokoll, dass es keineswegs ein signifikantes Risiko wegen alter Autos im Straßenverkehr gebe.

"Der AvD sieht angesichts der seit Jahren gleichbleibend geringen Unfallzahlen, die auf technische Mängel zurückzuführen sind, keinen Anlass zu einem solchen Schritt", hieß es im Dezember 2024. Und weiter: "die [damals vom TÜV Süd] geforderte Verkürzung der Überprüfungszeiträume deckt sich nicht mit dem vorhandenen Unfallrisiko und ist daher unnötig."

Es geht also rein um Geldschneiderei und Gängelung. Die technischen Fakten sowie die wirtschaftlichen Randbedingungen scheinen den EU-Bürokraten in Brüssel egal zu sein. Im Focus-Artikel wird die Vermutung ausgesprochen, dass man mit der Maßnahme Verbrenner schneller vom Markt haben will. Spannend wir es sein, zu beobachten, wie sich die kommende Bundesregierung gegenüber dem Vorschlag der EU-Kommission entscheidet. Stimmt die Bundesregierung dagegen, ist der EU-Vorschlag tot.

Ergänzung: Focus Online hat inzwischen diesen Folge-Artikel mit weiteren Informationen veröffentlicht.

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Eine Antwort zu EU-Kommission will für Alt-PKWs über 10 Jahre jährlichen TÜV

  1. Schwarzes_Einhorn sagt:

    Da sieht man die Abzocke vom Flieger aus. Außer, die jährliche Prüfung kostet dann auch nur die Hälfte – man darf ja träumen. Meins steht 6 Monate vor dem H, somit logischerweise ein Verbrenner, noch dazu Allrad. Für viele DAS Haßobjekt, ich muß schon aufpassen, wo ich parke.
    Und wenn ich das Auto mit dem neuen, umweltfreundlichen (ha!) Mini Aceman vergleiche, ist der Aceman 600 Kilo schwerer, 40 cm länger, 60 cm breiter und grade noch 14 cm niedriger als meiner. MINI definiere ich ja irgendwie anders… Fraglich, ob der überhaupt 10 Jahre erreicht, weil vorher irgendeine Software hopsgeht und das Ding wie ein übergroßer Briefbeschwerer regungslos auf der Straße steht…

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