Seit dem 15. Juni 2019 sind E-Roller ja in Deutschland zugelassen. Erhofft wurde sich ja die Verkehrswende, Auto stehen lassen, eScooter in Städten nutzen. Nach einem Monat liegen erste Nutzungsdaten vor, und wie fällt die erste Bilanz bezüglich Verkehrswende aus?
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Die Meinungen über E-Roller liegen ja weit auseinander. Von 'umweltfreundliches Verkehrsmittel, welches die Verkehrswende bringt' bis hin zu 'Elektroschrott auf dem Gehweg' ist alles dabei. Wenn ich aber mal die Lobby-Arbeit im Vorfeld zum Erlass der Elektrokleinstfahrzeugverordung so ansehe, wurde ja gewaltig mit dem Umweltaspekt und der Verkehrswende geworben. Ich hatte drüben in meinem IT-Blog im März 2019 schon mal eine Analyse gepostet ((e)Scooter: Chance oder einfach nur Bullshit?), die nicht so sehr zum 'Heile-Welt-Bild' der Lobbyisten passte.
Das Thema interessiert also und brennt wohl einigen auf den Nägeln. Zugegeben, der Beobachtungszeitraum für eine Auswertung in Deutschland ist noch sehr kurz. Andererseits sind inzwischen zehntausende Leihroller verfügbar (siehe 13.200 E-Roller in Deutschland–aber ein Hipster-Ding), und gestern hatte ich erste Zahlen zur Ausleihe im Blog-Beitrag Tier Mobility: 1 Million eScooter-Fahrten nach einem Monat gebracht. Man kann also datenbasierte Auswertungen vornehmen, wenn sich auch längerfristige Trends nicht vorhersagen lassen. In diesem Kontext ist es natürlich spannend, datenbasierende Informationen zu bekommen, wie die eScooter (speziell die Leihfahrzeuge) so genutzt werden.
Erste YouGov-Befragung
Gut, erste Daten lagen mir schon vor, hatte ich im Blog-Beitrag Sind E-Roller umweltfreundlich–oder eher Hipster-Ding? doch schon eine erste Bestandaufnahme gemacht. Basis war folgende Statista-Grafik, basierend auf einer YouGov-Umfrage:
(Quelle: YouGov, Statista)
Dort deutete sich schon an, dass E-Roller eher Vergnügungsmittel denn Alternative zur Fortbewegung abseits des Autos sind. Das Beratungsunternehmen civity hat ein Studie E-Scooter in Deutschland – Ein datenbasierter Debattenbeitrag aufgelegt, in dem die Frage, ob die E-Roller zur Verkehrswende beitragen, analysiert wird.
Studie zeigt: Kein Beitrag zur Verkehrswende
Mit Stand 15.7.2019 ist die Studie brandaktuell, auch wenn der Markt noch dynamisch ist, es gibt erst sechs eScooter-Verleiher in Deutschland. Hier einige Kernaussagen aus dieser Studie:
- Nutzung pro Tag über Anbieter: VOI 4,3, Tier 4,6, Lime 5,7 – sprich: Die E-Roller stehen mehr als dass sie von Mietern gefahren werden.
- Samstag und Sonntag ist E-Roller-Tag, da steigt die Ausleihe an (Freizeitvergnügen) und die Nutzung (speziell in Berlin) findet verstärkt in touristischen Brennpunkten statt.
- Die Fahrstrecken liegen zwischen 1,82 km (Lime), 1,88 (VOI) und 1,93 (Tier), während das Fahrrad schon auf 3,4 km kommt.
Die Studie listet die Datenbasis und die entsprechenden Auswertungen (z.B. zur Nutzung) auf.
eScooter sind ein Hype
Geahnt hat man es als nüchterner Betrachter der Szene ja und mich persönlich hätte es überrascht, wenn es anders ausgegangen wäre. Die Aussagen aus der Studie sind ganz klar: 'E-Roller sind ein Hype'.
Begründet wird dies mit einer 'durchnittlichen Nutzungsrate von bis zu 8 Ausleihen pro Tag und Scooter' in einigen Städten. Jetzt könnte man argumentieren, dass wir ja erst starten und das noch viel viel mehr wird. Aber wir haben Sommer, die Tage mit Regen und Schnee kommen noch. Die Prognose meinerseits ist, dass das Thema E-Roller im Winter tot ist.
Interessant ist die Aussage in der Studie. Die 'hohe' Ausleihfrequenz von bis zu 8 Leihvorgängen pro Tag (eine Ausleihe dauert oft weniger als eine halbe Stunde) ist der medialen Berichterstattung geschuldet. Die Aussage: Solche Werte wurden zum Beispiel in der frühen Phase des E-Roller Sharings ebenfalls erreicht. Lässt sich so interpretieren, dass das Interesse und die Ausleihfrequenz zurückgehen, sobald die Medien nicht mehr berichten (schlechte Aussichten für diesen Blog hier).
Kaum Auswirkungen auf den Nahverkehr
Die Aussagen aus der Studie im Hinblick auf eine Substitution des Nahverkehrs sind aber ernüchternd. Zitat:
Die von uns ermittelten Distanzen stehen in direkter Konkurrenz zu Fahrrad sowie dem Fußverkehr und finden zugleich primär in durch den ÖPNV gut erschlossenen Innenstädten statt. Substitution von ÖV-Fahrten sind möglich, sind jedoch im Gesamtvolumen vernachlässigbar.
Das Auto wird der E-Roller in den Innenstädten wohl nicht ersetzen – und den öffentlichen Personennahverkehr erst recht nicht.
Weitere Aussagen
Interessant sind einige Aussagen aus der Studie, z.B. dass man keine eScooter-Berge erwarte, weil sich die Kommunen – nach den Erfahrungen aus den USA und mit den Leihfahrrädern – entsprechend regulierend einschalten. Städte sollten weiterhin aktiv auf die E-Scooter Anbieter zugehen und entsprechende Regularien vereinbaren, um negative Entwicklungen zu vermeiden.
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