Erleben wir bald die ersten Pleite von eScooter-Anbietern, die sich schlicht zu viel vorgenommen haben? Aus ökonomischer Sicht scheint sich meine Vorhersage zu bestätigen: Der Verleih von Elektro-Tretrollern ist wohl wirtschaftlich kaum darstellbar.
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Was eine Überraschung: Die Startups, die Elektro-Tretroller vermieten, haben ein 'Margenproblem' und die Firmen könnten ins Schlingern kommen oder sind schon dabei. Ich hatte drüben in meinen IT-Blog ja den Fall der asiatischen Fahrrad-Verleiher thematisiert (siehe den Beitrag Aufstieg und Fall der asiatischen Fahrradverleiher). Weiterhin hatte ich mich vor der Freigabe der Elektrokleinstfahrzeuge in Deutschland mit dem Thema eScooter aus Verleihersicht befasst (siehe den Beitrag (e)Scooter: Chance oder einfach nur Bullshit?). Dort hatte ich, auf Basis von Daten aus den USA, das Geschäftsmodell als Geldverbrennungsmaschine verortet.
In Europa ist alles anders?
Nach Verabschiedung der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung, mit der Elektro-Tretroller in Deutschland freigegeben wurden, drängten eScooter-Verleihfirmen in die deutschen Städte. Sehr zum Missfallen der Bürger, die durch die falsch angestellten Mietfahrzeuge sowie deren Fahrer und deren Verstöße nur noch genervt sind.
(eScooter-Symbolbild Quelle: VOI)
Allerdings gehe ich davon aus, dass der Hype um die eScooter im Winter vorbei ist und meine Vermutung war, dass das auch in 2020 anhält. Die Fahrzeuge sind lediglich Fun-Zeugs, aber kein Ansatz zur Verkehrswende, und enden bald als teurer Umwelt- und Elektroschrott.
Im Artikel eScooter-Sommermärchen: Ist der Hype Ende 2019 vorbei? hatte ich vor einigen Wochen bereits einige Überlegungen gebracht, warum der Winter der 'Lackmustest' für eScooter-Verleihfirmen darstellt und dass wohl einige Anbieter vom Markt verschwinden. Für den Elektro-Motorroller-Verleiher Coup hat sich das bestätigt. Die haben gerade bekannt gegeben, den Betrieb Mitte Dezember 2019 einzustellen (siehe E-Motorroller-Verleiher Coup stellt das Geschäft ein).
Experten: eScooter werden bleiben
Aber dann gab es diverse Zwischentöne. Da gab es die 'Experten', die etwas ganz anderes postulierten. Deren Botschaftt: Die Verleihfirmen trimmen ihr Geschäft auf Effizient, die neuen eScooter sind langlebiger und das wird wirtschaftlich zu betreiben sein. Ich hatte das im Blog-Beitrag Leih-eScooter, die werden bleiben, sagen Experten thematisiert.
Neue Finanzierungsrunden der Verleihfirmen schienen dem Recht zu geben – und ich bin kein Experte, der die Bilanzen der Firmen durchforstet. Also war ich doch etwas verunsichert und auf 'mal abwarten' gepolt. Jetzt erhalten meine Vermutungen neue Nahrung.
Anbieter wirtschaftlich am Schlingern?
Nun bin ich aber die Tage auf einen Artikel des Manager Magazins gestoßen, die sich mal wieder mit der wirtschaftlichen Seite des E-Tretroller-Sharing befasst haben.
"Margendesaster par excellence": Wie die ersten E-Scooter-Anbieter ins Schlingern geraten… https://t.co/FGI2LPqVq7
— manager magazin (@manager_magazin) November 25, 2019
Dort wird die aktuelle Entwicklung gespiegelt – unter anderem werden die Entlassungen bei Circ thematisiert (siehe Circ bringt neues eScooter-Modell). Der Artikel ist nur über eine Paywall abrufbar. Aber die Botschaft ist klar: die Verleiher der Fahrzeuge haben ein 'Margenproblem' und verdienen nix bzw. setzen kräftig zu. Das schöne neue Geschäftsmodell könnte bald platzen, wenn den eScooter-Verleihern nicht bald der Turnaround gelingt.
Und genau das sehe ich bisher nicht – die paar Ausleihen an touristischen Brennpunkten ergeben nicht so viele Einnahmen, dass ein wirtschaftlicher Betrieb möglich ist. Hinzu kommen immer neue Auflagen der Kommunen, die unter dem Wildwuchs der eScooter-Verleiher leiden. Wenn dann noch das Interesse der deutschen Kunden nachlässt – die Ausleihe ist schweineteurer, und bezahlbare eScooter kommen jetzt in den Handel – dürften die Geschäftsmodelle kollabieren. Die oben zitierten Artikel über Entlassungen bei Circ, das Ende bei E-Motorroller-Verleiher Coup, das sind alles Fingerzeige in diese Richtung.
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