Helfen Softwareupdates bei Dieselfahrzeugen die Schadstoffbelastung wirklich zu senken? Dies ist die heiß diskutierte Frage in Politik und Industrie. Umweltverbände bestreiten eine signifikante Reduzierung, Industrie und manche Politiker führen 25% NOx-Reduzierung im Munde. Aber ist das nicht alles eine Scheindiskussion? Was bringt eine Nachrüstung im Hinblick auf Fahrverbotsdrohungen wirklich?
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Das Thema Dieselskandal hat verschiedene Ebenen. Da ist einmal der Betrug der Hersteller, die in ihren Dieselfahrzeugen eine Steuersoftware eingebaut haben, die den Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand so weit reduziert, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. Während eines normalen Betriebs greift eine Abschalteinrichtung, so dass die Schadstoffbelastung durch NOx über den Grenzwerten liegt.
Erst nachdem in den USA dieser Betrug aufgedeckt wurde, kam auch in Deutschland Bewegung in die Sache. Aktuell wird deshalb heftig zwischen Industrie, Umweltverbänden und Politik um den Schadstoffausstoß bei Dieselfahrzeugen gerungen. Besitzern solcher Fahrzeuge droht ja ein Fahrverbot in deutschen Städten. Ein Artikel, warum die Technik wenig bringt, findet sich bei der Süddeutschen Zeitung.
Was bedeutet das für Fahrverbote?
In der aktuellen Diskussion um Grenzwerte und technische Maßnahmen gerät etwas aus dem Blick: Nehmen wir an, die optimistischen Annahmen der Industrie treten wirklich ein. Was heißt dies für die Schadstoffbelastung in Städten? Sind damit Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vom Tisch?
Beim Umweltbundesamt hat man in einer Simulation mal berechnet, welche Auswirkungen Software-Updates und Umtauschprämien für Dieselautos letztendlich auf die Schadstoffbelastung an einzelnen Straßen in bestimmten Städten hätten. Ernüchternde Erkenntnis (hier nachlesbar).
Die beim Dieselforum am 2. August beschlossenen Maßnahmen führen zu einer Senkung der Stickstoffdioxidbelastung in den deutschen Städten von bis zu sechs Prozent. Diese Senkung reicht in den meisten betroffenen Städten nicht aus, um den Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter einzuhalten, der in der EU zum Schutz der menschlichen Gesundheit gilt.
Ernüchterndes Fazit: Selbst die mit Software-Updates und Umtauschprämien zur Umstellung auf schadstoffärmere Diesel-PKWs erreichbare Reduzierung des Schadstoffausstoßes hilft nicht wirklich. Das ergeben die Modellrechnungen des Umweltbundesamtes (UBA), die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Auftrag gegeben hatte. Die seit Jahren geltenden Grenzwerte der EU werden an den betreffenden Straßen, für die die Modellrechnung durchgeführt werden, weiterhin deutlich überschritten. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger dazu:
„Dass die Luft in den Städten trotz Software-Update kaum spürbar besser wird, liegt ganz einfach am viel zu schlechten Ausgangsniveau der Fahrzeuge. Euro 5-Diesel ohne Update stoßen heute im Schnitt 906 Milligramm Stickstoffoxide pro Kilometer aus. Das ist fünfmal mehr als der Grenzwert von 180 Milligramm. Auch aktuelle Euro 6-Diesel ohne RDE stoßen sechsmal mehr Stickstoffoxide aus dem Auspuff aus als zulässig."
Minderung zwischen 2 und 5 Mikrogramm
Das Umweltbundesamt hat in Szenarien berechnet, wie sich die beim Dieselforum beschlossenen Software-Updates sowie die Umtauschprämien auf zwei beispielhaft gewählte Messstellen auswirken – die Landshuter Allee in München mit einer sehr starken Belastung von 80 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter sowie die Parcusstraße in Mainz mit einer mittleren Belastung von 53 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt.
Im Ergebnis wirken sich Updates und Prämien an stärker belasteten Straßen natürlich stärker aus als an weniger stark belasteten Standorten. In den wahrscheinlichsten Szenarien liegt die Minderung demnach etwa zwischen zwei Mikrogramm (Mainz) und fünf Mikrogramm (München). UBA-Präsidentin Maria Krautzberger dazu:
„Für fast 70 deutsche Städte reichen die Maßnahmen voraussichtlich nicht aus, um die Atemluft unter den Grenzwert von maximal 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid im Jahresmittel zu senken. Nur in rund 20 Städten, die derzeit knapp über dem Grenzwert liegen, werden die Beschlüsse des Diesel-Gipfels dazu führen, die seit 2010 geltenden EU-Grenzwerte endlich einzuhalten."
Was bringen Prämie und Software-Update?
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Die von den deutschen Automobilherstellern angebotenen Software-Updates können die Stickoxid-Emissionen der gesamten Pkw-Flotte nach UBA-Schätzung um drei bis sieben Prozent senken – je nachdem, wie viele Besitzer das Update durchführen lassen (Annahme: zwischen 3,5 und 5 Millionen Fahrzeughalter) und je nachdem, wie viel das Update bringt (Annahme: zwischen 15 und 25 Prozent bezogen auf die Situation vor dem Update).
Die Wirkung der Umtauschprämie wird insgesamt geringer eingeschätzt als die der Software-Updates und dürfte je nach Annahmen zwischen null und zwei Prozent liegen. Deutlich höher wäre die Wirkung, wenn die Prämie nur für den Kauf sehr sauberer Fahrzeuge eingesetzt würde – und nicht für die Euro-6-Diesel, die die neuen Straßentests noch nicht erfüllen.
Das Fazit
Bürger und Umweltverbände können und werden klagen und vor Gericht Recht bekommen. Damit steht das Fahrverbot für Dieselautos in Innenstädten weiterhin ganz konkret im Raum. Die Diskussion über Nachrüstungen geht also am Kern vorbei.
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