War Maria Magdalena die ‘erste Päpstin’?

Es gibt eine Theorie, dass Maria Magdalena nicht nur mit Jesus verheiratet war, sondern auch ein näheres Verhältnis zum Religionsstifter des Christentums hatte, als die 12 Apostel. Demnach wäre nicht Simon Petrus der erste Papst, sondern Maria Magdalena wäre die erste Päpstin gewesen. Die Kirche habe dann in der Frühzeit die entsprechenden Belege aussortiert.


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Es war eine Meldung in Spiegel Online, die mich neugierig machte. Der Artikel ist kostenpflichtig, aber der Anrisstext hatte es in sich. Die Aussage: Ein uralter Papyrus enthält angeblich Hinweise, dass Maria Magdalena für Jesus wichtiger als die Apostel gewesen sei.

Der Beleg: Ein 1.500 Jahre lang verschwundenes Papyrus mit Teilen eines verschollenen Evangeliums, welches im Depot des Ägyptischen Museums in Berlin aufbewahrt wird. Die Kirche habe diese Dokumente lange geheim gehalten und später aussortiert. Wäre das bekannt gewesen, sähe die Kirche heute anders aus.

Das Maria Evangelium

Zur Person der Maria Magdalena hat die Wikipedia einiges zusammen getragen. Diese Informationen speisen sich aus den Erwähnungen in den, aktuell in der römisch katholischen Kirche verwendeten Evangelien.

Im oben zitierten Spiegel Artikel bezieht man sich aber offenbar auf Texte aus dem sogenannten 'Maria Evangelium', über dessen Existenz man in der Wikipedia ebenfalls einige Informationen findet. Laut den Erläuterungen handelt es sich um eine gnostische Schrift, die auf etwa 160 n. Chr. datiert wird.

Der Bayrische Rundfunk hat eine mehrteilige Sendung mit Artikeln über die Person der Maria Magdalena im Kontext der Amtskirche veröffentlicht. Dieser spiegelt einige Entwicklungen in der von Männern dominierten frühen Amtskirche wieder. Ganz interessant zu lesen. Diese Lesart ist wohl durch mehrere Quellen belegt und zeigt, wie die heutigen Evangelien durch Umdeutungen und Zusammenfassungen älterer Dokumente entstanden.

Der Papyrus von 2012

Und dann gibt es noch einen Papyrus, datiert auf das vierte Jahrhundert nach Christus, der wohl 2012 vorgestellt wurde. Die Welt zeichnet in diesem Artikel aus dem Jahr 2012 einige Informationen nach. Karen King, Historikerin an der Harvard-University, stellte in diesem Jahr ein Papyrus-Fragment auf einer Tagung in Rom vor, das die Deutung 'Jesus habe Maria Magdalena geheiratet und mit ihr Kinder gezeugt, deren Linie sich bis in die Gegenwart erhalten habe' untermauern könnte.

Der Welt-Artikel ist ganz lesenswert, rüttelt er doch an etablierten Positionen der römisch katholischen Kirche in Bezug auf die Rolle der Frau. Abseits dieser Diskussion ist dieses Papyrus aber nicht unumstritten. Der amerikanischer Koptologe und Gastforscher an der Universität Münster, Christian Askeland, bezeichnet das Dokument, welches Karen King von einem privaten Sammler zur Auswertung übergeben wurde, als 'unglaubliche Fälschung'. Das Papyrus wurde zwar auf das 4. Jahrhundert datiert, aber solches Papier könne man kaufen. Der Text sei aber wohl erst ab 2000, aus echten Vorlagen des vierten Jahrhunderts auf dieses Papyrus kopiert worden sei. Der Artikel hier behauptet ebenfalls, dass es sich bei diesem Papyrus um eine Fälschung handele.

Erste Päpstin der Welt


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Ein weiterer Artikel in der Welt befasst sich mit der Frage, ob Maria Magdalena als erste Päpstin der Welt bezeichnet werden kann. Interessant finde ich, wie der Artikel das Spannungsfeld der Frühkirche beleuchtet und auf Erkenntnisse aus n(nicht angezweifelten) Dokumenten des Frühchristentums samt Maria Evangelium aufbaut. In der Frühkirche hatte die Frau wohl eine starke Stellung, die dann aber im 3. Jahrhundert nach Christus durch die Amtskirche in Rom verändert wurde.

Auch dieser Beitrag des Deutschlandfunks thematisiert die Rolle der Maria Magdalena in der Kirche – aus Sicht einer Ausstellung. Insgesamt bleibt vieles aus meiner Sicht im Dunkeln. Was sich aber herauskristallisiert: Die Person der Maria Magdalena belegt die starke Stellung der Frau im Ur- und Frühchristentum. Die heutigen vier Evangelien sowie die Kirchendoktrin sind das Ergebnis eines Prozesses, der in den frühen Jahrhunderten des Christentums begann. Papst Gregor der Große bestätigte bestätigte in einigen Magdalenen-Homilien (Predigten), dass Maria Magdalena mit der bei Lukas genannten Sünderin identisch sei. Und Das Konzil von Laodicea untersagte im Jahr 351 den Frauen, zum Altar zu treten und einer Gemeinde vorzustehen. Dies wird als Verbot der Priesterweihe verstanden. Nachzulesen auf dieser Fragen-und-Antworten-Seite des Bayrischen Rundfunks.

Auf Facebook (nur mit Anmeldung abrufbar) kann man hier Fotos und Erklärungen zur Rolle der Maria Magdalena im Neuen Museum abrufen. Das Ganze stammt wohl aus dem Jahr 2016, wo Führungen zum Thema „Das koptische Maria-Magdalena-Evangelium und die Gnosis des Codex Berolinensis" im Neuen Museum Berlin auf der Museumsinsel angeboten wurden.

Die christliche Religion predigt zwar Nächstenliebe, aber im Sinne der patriarchalisch geprägten katholischen Kirche wird da seit Jahrhunderten mit harten Bandagen gekämpft. Wer historisch an dieser Thematik interessiert ist, findet also reichlich Stoff. Für den US-Autor Dan Brown war es auf jeden Fall Stoff, den er im Roman 'The da Vinci Code' (deutsch Sakrileg) veröffentlicht hat.


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