Arthritis: Hilft ballaststoffreiche Ernährung?

GesundheitErlanger Forscher gingen der Frage nach, ob ballaststoffreiche Ernährung als Zusatzbehandlung für Arthritis sinnvoll ist. In einer Studie wiesen sie die Bedeutung der Ernährung bei Autoimmunerkrankungen nach. 


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Ballaststoffe aus der Nahrung sind kein Ballast – im Gegenteil. Die weitgehend unverdaulichen Nahrungsbestandteile sind ein gefundenes Fressen für die Darmbakterien, die daraus kurzkettige Fettsäuren herstellen. Diese kurzkettigen Fettsäuren wirken sich positiv auf entzündliche Erkrankungen wie die Rheumatoide Arthritis aus.

Arzt
(Quelle: Pexels/Pixabay CC0 Lizenz)

Ernähren sich Arthritis-Patienten ballaststoffreich, erhöht sich unter anderem die Zahl der regulatorischen T-Zellen, die Autoimmunreaktionen entgegenwirken – Reaktionen, bei denen sich die Körperabwehr gegen den eigenen Organismus richtet. Auch das Allgemeinbefinden der Patienten verbessert sich bei ballaststoffreicher Kost, fanden Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Universitätsklinikums Erlangen heraus. Die Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Nutrients veröffentlicht.

Darmbakterien helfen gegen Entzündungen

Den Darmbakterien kommt bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine nicht unerhebliche Rolle zu. Diese Mikroorganismen, die bei Erwachsenen gut zwei Kilogramm des Körpergewichts ausmachen, sind darauf angewiesen, gut gefüttert zu werden, damit die Darmflora intakt bleibt. Das heißt: Sie brauchen Ballaststoffe.

Die heutige Ernährung ist jedoch oft ballaststoffarm, was zu einer gestörten Darmflora führen kann. Eine gestörte bakterielle Zusammensetzung im Darm wiederum wird in Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen gebracht. Denn dann stellen die Mikroorganismen weniger kurzkettige Fettsäuren her. Diese Fettsäuren, zu denen Propionat und Butyrat zählen, kommen zum Beispiel in der Gelenkflüssigkeit vor, tragen zur Funktionsfähigkeit der Gelenke bei und beugen Entzündungen vor.

Eine weitere Studie des Teams um Prof. Dr. Mario Zaiss, Professur für Immuntoleranz und Autoimmunität, stützt diese Ergebnisse. Die Wissenschaftler untersuchten, wie sich das Protein Zonulin im Darm hemmen lässt, das Autoimmunerkrankungen Vorschub leistet. Sie stellten dabei unter anderem fest, dass Ernährung und Darmbakterien Einfluss auf die Zonulin-Produktion nehmen. Die Resultate dieser Studie wurden im renommierten Magazin Nature Communications publiziert.

Von der Symptomfreiheit zur Krankheit

Das Erlanger Team um Prof. Zaiss untersuchte in der Zonulin-Studie, welchen Beitrag die Darmflora zum Prozess von der symptomfreien Autoimmunität hin zur Krankheitsaktivität leistet. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Darmepithel, also das Deckgewebe – die Ummantelung – des Darms, bei einer gestörten Bakterienbesiedlung des Darms vermehrt Zonulin ausschüttet. Zonulin sorgt dafür, dass die sogenannten Tight Junctions – das sind Proteine, die die Zellzwischenräume der Darmummantelung abdichten – durchlässig werden, zum Beispiel für Peptide oder Teile von Bakterien.


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Die Bakterienbruchstücke ähneln menschlichen Körperbestandteilen, weshalb, so vermuten die Forscher, der Organismus nicht zwischen den Fremdstoffen und eigenen Körperzellen unterscheiden kann. Er greift die Eindringlinge an und bildet Antikörper, die sich zugleich gegen eigene Körperzellen richten. Die Folge sind autoimmun bedingte Entzündungsreaktionen und zugleich der Startschuss für die Krankheitsaktivität bei Rheumatoider Arthritis.

Bei einer gesteigerten Zonulin-Konzentration im Darm, so die Studie, erhöht sich auch bei bislang symptomfreien Patienten mit einer Autoimmunität das Risiko für den Ausbruch einer Arthritis innerhalb des Folgejahres. Durch Biopsien der Dünndarmschleimhaut belegten die Forscher, dass sich die Tight Junctions, die Darmbarriere, bei erhöhten Zonulin-Werten veränderte und durchlässiger wurde. Auch eine Durchlässigkeit des Darms für Lactulose wies sowohl bei Mäusen als auch bei Menschen auf den Beginn einer aktiven Arthritis hin.

Weniger Zonulin, weniger Beschwerden

Da die Forscher die positiven Wirkungen der kurzkettigen Fettsäure Butyrat auf die Rheumatoide Arthritis bereits aus ihrer vorhergehenden Studie kannten, verabreichten sie auch in der Zonulin-Studie Mäusen Butyrat. Es zeigte sich, dass diese Behandlung den Beginn der Arthritis verzögerte, die Zonulin-Konzentration senkte und die intestinale Barriere stärkte.

Eine noch stärkere Wirkung erzielten sie mit der Gabe von Larazotid-Acetat, einem Stoff, der bereits in klinischen Studien zur Behandlung von Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit verwendet wird. Unter Larazotid-Acetat, das die Zonulin-Produktion hemmt, ging die Entzündungstätigkeit in den Gelenken zurück, die Knochenfestigkeit stieg an und der Beginn der Arthritis ließ sich hinauszögern.

Die Erlanger Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich auch bei Menschen die Krankheitsaktivität bei Arthritis durch eine Blockade der Zonulin-Produktion mit Larazotid-Acetat verzögern lassen kann. Da die Substanz bereits in Phase-III-Studien getestet wird, ist ein Einsatz für Rheumatoide Arthritis demnächst unter Umständen ebenfalls möglich.

Mit Ballaststoffen zum Darmgleichgewicht

Außerdem empfiehlt das Erlanger Team, die Darmflora durch eine ballaststoffreiche Ernährung ins Gleichgewicht zu bringen, um die Darmbakterien in die Lage zu versetzen, größere Mengen Butyrat herzustellen und die Darmbarriere zu stärken. Die Forscher sehen im Verzehr von Ballaststoffen einen zusätzlichen Behandlungsansatz der Rheumatoiden Arthritis und unter Umständen auch anderer Autoimmunerkrankungen. Studienleiter Prof. Zaiss: „Schon Hippokrates hat die Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit erkannt und falsche Ernährung als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Krankheiten ausgemacht: ‚Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.' Wenn also Krankheit durch eine fehlerhafte Ernährung ausgelöst werden kann, dann sollten wir uns nochmals eingehend damit beschäftigen und die Zusammenhänge besser erforschen."


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