Gesichtslähmung nach Corona-Impfung?

GesundheitGerade bin ich auf ein Thema aufmerksam geworden, welches ich gar nicht auf dem Radar hatte. Kann es in Folge der Corona-Impfung zu einer Gesichtslähmung (Fazialisparese) kommen? Die bisherige Aussage: Ein kausaler Zusammenhang erscheint derzeit eher unwahrscheinlich.


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Bei einer Fazialisparese (Gesichtslähmung) kommt es zu einer Funktionsstörung des Nervus facialis (VII. Hirnnerv) mit Lähmung (Parese) vor allem der mimischen Gesichtsmuskulatur sowie der anderen von diesem Nerv versorgten Muskeln und Drüsen. In etwa 75 % der Fälle ist die Ursache unbekannt, es wird eine lokale Reaktivierung einer Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus vom Typ 1 vermutet. Mein Schwager hatte dies für einige Monate, wobei eine Behandlung gut anschlug (Schwester war seinerzeit noch als Heilpraktikerin aktiv). Ist eine recht unangenehme Geschichte.

Jetzt ist mir das Thema im Zusammenhang mit Corona-Impfungen unter die Augen gekommen. Bisher traten Gesichtslähmungen (Fazialisparesen) im zeitlichen Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Impfung nur selten auf. Fazialisparesen sind häufig mit Viruserkrankungen assoziiert, wie Gürtelrose-, Herpes simplex – oder Grippeviren. Auch Impfungen können, wenn auch seltener, die Entwicklung von Fazialisparesen triggern. Das ist womöglich auch bei der Impfung gegen SARS-CoV-2 der Fall, während ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten von Gesichtslähmungen eher unwahrscheinlich zu sein scheint. Im Hinblick auf Fazialisparesen rechtfertigt die jetzige Datenlage keine Skepsis gegenüber den SARS-CoV-2-Impfstoffen.

Corona-Impfungen und Gesichtslähmung

Es gibt Fallberichte, die das Auftreten einer Gesichtslähmung (Fazialisparese) in zeitlichem Zusammenhang mit der Gabe von mRNA-Vakzinen gegen SARS-CoV-2 beschreiben. Es handelt sich dabei um eine sehr unangenehme und in der Regel auch psychisch belastende neurologische Komplikation, die sich aber in 95% der Fälle innerhalb eines Monats von selbst wieder zurückbildet. Beschleunigt werden kann der Genesungsprozess durch die Gabe von Kortikosteroiden.

Grundsätzlich traten Gesichtslähmungen im zeitlichen Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Impfung bisher nur selten auf. In einer Phase-III-Studie mit dem BioNtech/Pfizer-Impfstoff wurden die Daten von knapp 38.000 Probanden einbezogen, die zwei Monate lang nachbeobachtet wurden: insgesamt gab es in diesem Zeitraum vier Fälle einer Fazialparese in der Gruppe der Geimpften (keinen Fall in der Placebogruppe), wie in einem Bericht der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zum Impfstoff nachzulesen ist [1]. In der Zwischenauswertung einer Studie mit über 30.000 Probanden zum Moderna-Impfstoff wurden vier Fälle dokumentiert, drei in der Impfgruppe, einer in der Placebogruppe [2].

Kausaler Zusammenhang gegeben?

Die Frage, die sich ergibt: Ist hierbei von einem kausalen Zusammenhang, also einer Ursache-Wirkungskette, auszugehen? Oder handelt es sich um ein zufälliges Zusammentreffen? Professor Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN, erklärt dazu.

Die allgemeine Häufigkeit von ohne erkennbare Ursache auftretenden Gesichtsnervlähmungen (sogenannten idiopathischen Fazialisparesen) wird mit sieben bis 40 Fällen pro Jahr auf 100.000 Einwohner angegeben [3], insofern sind die insgesamt acht Fälle, die in den beiden Studien mit 68.000 Teilnehmern beobachtet wurden, noch kein alarmierendes Signal, zumal Fazialisparesen ohnehin gerade Saison haben.

Wie der Experte ausführt, sind idiopathische Fazialisparesen häufig mit Viruserkrankungen assoziiert, und grippale Infekte, die in vielen Fällen durch Rhinoviren ausgelöst werden, treten verstärkt im Frühling und Herbst auf. Hinzu komme: Auch andere Viruserkrankungen – vor allem verschiedene Herpesviren können zu Fazialisparesen führen. Außerdem sei bekannt, dass Gesichtslähmungen im Kontext von Bluthochdruck oder Diabetes mellitus auftreten können. Grundsätzlich gefährdeter seien Menschen, die zuvor schon einmal eine Gesichtslähmung erlitten hatten.

In einer aktuellen Fallserie aus Israel [4] wurden neun Betroffene beschrieben, bei denen die Fazialisparese nach der Impfung mit dem BioNtech/Pfizer-Vakzin aufgetreten ist. Doch nur drei von ihnen hatten keinerlei Vorerkrankungen, vier litten an einem Bluthochdruck. Stets sei eine genaue Analyse aller beobachteten Fälle im Hinblick auf Vorerkrankungen und Risikofaktoren wichtig. Das Fazit des Experten lautet: „Im Hinblick auf Fazialisparesen rechtfertigt die Datenlage keine Impfskepsis. Ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten von Gesichtslähmungen erscheint derzeit eher unwahrscheinlich."

COVID-19 kann Fazialisparesen auslösen


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Bei der Nutzen-Risiko-Abwägung ließen viele Menschen zudem einen anderen wichtigen Aspekt völlig außer Acht. „Auch die Infektion mit SARS-CoV-2 kann Fazialisparesen auslösen, und zwar wahrscheinlich deutlich häufiger als die Impfung gegen das Virus", erklärt Prof. Berlit.

Eine italienische Studie [5] verglich die Häufigkeit des Auftretens von Gesichtslähmungen im Zeitraum zwischen dem 27. Februar und dem 3. Mai 2020 in einer Region in Norditalien, die zu der Zeit ein Corona-Hotspot war, mit der Rate des gleichen Zeitraums im Jahr 2019 und beobachtete einen über 60%igen Anstieg: 2019 gab es 22 Fälle, 2020 dann 38. In einer türkischen Studie [6] konnten bei 24,3% von insgesamt 41 während der Pandemie erkrankten Patientinnen und Patienten mit Fazialisparese Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Blut nachgewiesen werden. Bei einem Viertel aller Fälle wurde somit die Fazialisparese womöglich durch eine Coronavirus-Infektion ausgelöst. Bei allen Betroffenen war die Gesichtslähmung übrigens das einzige Symptom gewesen, sie hatten keine COVID-19-typischen Symptome entwickelt. „Wie Herpes simplex-, Gürtelrose- oder Erkältungsviren kann auch SARS-CoV-2 offensichtlich Fazialisparesen triggern", schlussfolgert Prof. Berlit. Grundsätzlich, aber viel seltener, können auch Impfungen ein möglicher Auslöser für die Entwicklung von Fazialisparesen sein, sie seien nach jetzigem Kenntnisstand aber nicht ursächlich.

Literatur

[1] https://www.fda.gov/media/144245/download (S. 38)
[2] https://www.fda.gov/media/144434/download (S. 6)
[3] Heckmann, Josef Georg; Urban, Peter Paul; Pitz, Susanne; Guntinas-Lichius, Orlando; Gágyor, Ildikό. Idiopathische Fazia-lisparese (Bell´s palsy). Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 692-702; DOI: 10.3238/arztebl.2019.0692
[4] Luca Codeluppi, Francesco Venturelli, Jessica Rossi et al. Facial palsy during the COVID-19 pandemic. Brain and Behav-ior. 2021;11:e01939. DOI: 10.1002/brb3.1939
[5] Marco A Lima, Marcus Tulius T Silva, Cristiane N Soares et al. Peripheral facial nerve palsy associated with COVID-19. J Neurovirol. 2020 Dec;26(6):941-944. doi: 10.1007/s13365-020-00912-6. Epub 2020 Oct 2.
[6] Yuce Islamoglu, Burak Celik, Muzaffer Kiris. Facial paralysis as the only symptom of COVID-19: A prospective study. Am J Otolaryngol. 2021 Feb 10;42(4):102956. doi: 10.1016/j.amjoto.2021.102956

Originalpublikation:

doi: 10.1007/s13365-020-00912-6
doi: 10.1016/j.amjoto.2021.102956


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4 Antworten zu Gesichtslähmung nach Corona-Impfung?

  1. Mance sagt:

    Dieser Artikel lässt mich insofern werwirrt zurück, das überhaupt mit der Impfung in Verbindung zu bringen. Sorry, aber man kann's auch übertreiben.

    • Arno Nym sagt:

      Ich finde das nicht übertrieben.
      Das ist eine mögliche Nebenwirkung der Impfung, auf die beispielsweise meine Schwiegermutter ausdrücklich hingewiesen wurde.
      Der Beitrag ist sehr sachlich geschrieben. Was dann letztendlich die lesende Person mit der Info macht, bleibt ja jedem selbst überlassen. ;-)
      Danke von meiner Seite für den interessanten Artikel.

      • StefanP sagt:

        Im Merkblatt zu Impfungen mit mRNA basierten Impfstoffen, das die Arztpraxen hier (irgendwo in NRW) vor der Impfung zur Kenntnisnahme ausgeben, wird genau dieses Problem als ein mögliches Risiko beschrieben. Allerdings ebenfalls als theoretisch möglich, Studien sind noch nicht aussagekräftig und und und…
        Also so, wie Günter es auch schreibt.

  2. Manuhiri sagt:

    Es gibt noch andere Nebenwirkungen, diese reichen bis in die "höheren Kreise":

    https://reitschuster.de/post/schock-beschluss-in-leipzig-familienrichter-verhaengt/

    Sowas zergeht mir auf der Zunge, gepaart mit den anderen neuen Notstandgesetzen.

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