Astronomen finden ferne Gaswolken mit Resten der ersten Sterne

Forscher der Europäische Südsternwarte (ESO) haben mit Hilfe des Very Large Telescope (VLT) der zum ersten Mal die chemischen Fingerabdrücke gefunden, die die Explosion der ersten Sterne im Universum hinterlassen hat. Entdeckt wurden drei weit entfernte Gaswolken, deren chemische Zusammensetzung dem entspricht, was Forscher von den ersten Sternexplosionen erwarten.


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Es war eine Meldung der ESO von Anfang Mai 2023, die aufhorschen lässt. Die Entdeckung der ESO bringen die Forscher beim Verständnis über die Natur der ersten Sterne, die nach dem Urknall entstanden, einen Schritt näher. "Zum ersten Mal konnten wir die chemischen Spuren der Explosionen der ersten Sterne in sehr weit entfernten Gaswolken identifizieren", sagt Andrea Saccardi, Doktorand am Observatoire de Paris – PSL, der diese Studie im Rahmen seiner Masterarbeit an der Universität Florenz durchgeführt hat.

Erste Sterne anders als heutige Sonnen

Wissenschaftler gehen davon aus, dass die die ersten Sterne, die sich nach dem Urknall im Universum bildeten, in der chemischen Zusammensetzung ganz anders als heutige Sonnen waren. Denn wenige Minuten nach dem Urknall waren nach Ansicht der Wissenschaft nur die drei leichtesten Elemente Wasserstoff, Helium und sehr geringe Spuren von Lithium im Universum vorhanden. Schwerere Elemente bildeten sich erst viel später in Sternen.

Reste erster Sterne
Künstlerische Darstellung einer weit entfernten Gaswolke, die verschiedene chemische Elemente enthält, die hier mit schematischen Darstellungen verschiedener Atome illustriert sind. Bildnachweis: ESO/L. Calçada, M. Kornmesser

Als diese ersten Sterne vor 13,5 Milliarden Jahren entstanden, enthielten sie nur Wasserstoff und Helium, die einfachsten chemischen Elemente der Natur. Diese Sterne, von denen man annimmt, dass sie zehn- oder hundertmal massereicher waren als unsere Sonne, endeten schnell in gewaltigen Explosionen, den sogenannten Supernovae. Dabei reicherten sie das umgebende Gas zum ersten Mal mit schwereren Elementen an.

Spätere Generationen von Sternen wurden aus diesem angereicherten Gas geboren und stießen zum Ende ihres Lebens ebenfalls schwerere Elemente aus. Doch die allerersten Sterne sind längst verschwunden.

Wie lassen sich die Sterne untersuchen?

Wie können Forscher also mehr über diese längst verschwundenen ersten Sterne erfahren? "Die ersten Sterne können indirekt untersucht werden, indem man die chemischen Elemente nachweist, die sie nach ihrem Tod in ihrer Umgebung verteilt haben", sagt Stefania Salvadori, außerordentliche Professorin an der Universität Florenz und Mitautorin der heute im Astrophysical Journal veröffentlichten Studie.

Anhand von Daten, die mit dem VLT der ESO in Chile aufgenommen wurden, fand das Team drei sehr weit entfernte Gaswolken (die entstanden, als das Universum gerade einmal 10-15 % seines heutigen Alters hatte), deren chemischer Fingerabdruck dem entspricht, was Wissenschaftler von den Explosionen der ersten Sterne erwarten.


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Abhängig von der Masse dieser frühen Sterne und der Energie ihrer Explosionen setzten diese ersten Supernovae verschiedene chemische Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Magnesium frei, die in den äußeren Schichten der Sterne vorkommen. Einige dieser Explosionen waren jedoch nicht energiereich genug, um schwerere Elemente wie Eisen freizusetzen, das nur in den Kernen von Sternen vorkommt.

Auf der Suche nach dem verräterischen Zeichen dieser allerersten Sterne, die als Supernovae mit niedriger Energie explodierten, suchte das Team daher nach weit entfernten Gaswolken, die arm an Eisen, aber reich an anderen Elementen sind. Und genau das fanden sie: drei weit entfernte Wolken im frühen Universum mit sehr wenig Eisen, aber viel Kohlenstoff und anderen Elementen – der Fingerabdruck der Explosionen der allerersten Sterne.

Diese eigentümliche chemische Zusammensetzung wurde auch bei vielen alten Sternen in unserer eigenen Galaxie beobachtet, die wir als Sterne der zweiten Generation betrachten, die direkt aus der "Asche" der ersten Sterne entstanden sind. Diese neue Studie hat solche Asche im frühen Universum gefunden und damit ein fehlendes Teil in diesem Puzzle hinzugefügt. "Unsere Entdeckung eröffnet neue Wege, um die Natur der ersten Sterne indirekt zu untersuchen, und ergänzt damit die Studien über die Sterne in unserer Galaxie", erklärt Salvadori.

Quasare helfen bei der Suche

Um diese fernen Gaswolken aufzuspüren und zu untersuchen, nutzte das Team sogenannte Quasare – sehr helle Lichtquellen, die von supermassereichen schwarzen Löchern in den Zentren weit entfernter Galaxien gespeist werden. Auf seiner Reise durch das Universum durchquert das Licht eines Quasars Gaswolken, in denen verschiedene chemische Elemente einen Abdruck auf dem Licht hinterlassen.

Um diese chemischen Abdrücke zu finden, analysierte das Team die Daten mehrerer Quasare, die mit dem X-Shooter-Instrument am VLT der ESO beobachtet wurden. X-Shooter spaltet das Licht in ein extrem breites Spektrum von Wellenlängen bzw. Farben auf, was es zu einem einzigartigen Instrument macht, mit dem sich viele verschiedene chemische Elemente in diesen weit entfernten Wolken identifizieren lassen.

Diese Studie eröffnet neue Möglichkeiten für Teleskope und Instrumente der nächsten Generation, wie das kommende Extremely Large Telescope (ELT) der ESO und seinen hochauflösenden ArmazoNes High Dispersion Echelle Spectrograph (ANDES). „Mit ANDES am ELT können wir viele dieser seltenen Gaswolken genauer untersuchen und schließlich die geheimnisvolle Natur der ersten Sterne entschlüsseln", fasst Valentina D'Odorico, Forscherin am Nationalen Institut für Astrophysik in Italien und Mitautorin der Studie, zusammen.

Diese Forschungsarbeit wurde in einem Artikel vorgestellt, der im Astrophysical Journal erscheint (doi: 10.3847/1538-4357/acc39f). Ein auf YouTube abrufbares Video erläutert die Entdeckung. Weitere Bilder und Details sind der Pressemitteilung zu entnehmen.


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