Eine Jam-Session ist laut Wikipedia ein zwangloses, improvisiertes Zusammenspiel von Musikern, die üblicherweise nicht in einer Band zusammen musizieren. Wie es ausschaut, hat es solche Jam-Sessions, und möglicherweise mehr, bereits in der Eisenzeit, vor gut 2.000 Jahren gegeben. Beteiligt waren irische und indische Musiker. Dies legen Funde in Indien nahe.
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Ich gestehe, ich bin immer wieder überrascht, wie falsch das Weltbild doch war, was mir in der Schule vermittelt wurde. Mein damaliges Bild: Irgendwo gab es die Römerzeit, davor waren die Kelten ein paar Jahre in primitiven Hütten unterwegs und es gab das dunkle Mittelalter. Gut, es gab die alten Griechen und Ägypter, aber das war alles weit weg. Und die Welt wurde erst mit Vasco da Gama und Christoph Columbus bereist.
Zwischenzeitlich finden sich immer mehr Spuren, die darauf hinweisen, dass es selbst vor tausenden von Jahren Verbindungen zwischen weit entfernten Ländern gab. Gut, ich weiß zwischenzeitlich, dass arabische Seefahrer weite Küstenabschnitte im indischen Ozean bereisten. Aber dass irische Musiker für Jam-Sessions nach Indien reisten – das wäre mir im Traum nicht eingefallen. Aber genau die Hinweise, dass Musikinstrumente und Musiker aus Irland bereits vor 2.000 Jahren in Indien mit deren dortigen Kollegen zusammen musiziert haben, gibt es neuerdings.
Austausch vor 2.000 Jahren
Der Archäologe Billy Ó Foghlú von der Australian National University in Canberra befasst sich beruflich mit den in der Bronze- und Eisenzeit in Irland verwendeten Hörnern (u.a. Dort) als Blasinstrument. Auf dieser Webseite wird dieses Horn in einer Sammlung historischer irischer Musikinstrumente mit aufgeführt. Das folgende Bild zeigt ein solches Horn, welches von Ó Foghlú Kopf gespielt wird.
(Quelle: YouTube)
Als privates Hobby befasste sich Ó Foghlú auch mit der Musik im südindischen Bundesstaat Kerala. Irgendwann fiel ihm eine Abbildung in einem Buch des schottischen Fraser Hunter auf, in der das Horn der Kelten, das Carnyx, beschrieben war. Dieses Kriegshorn wird schon beim Sturm auf das griechische Delphi erwähnt. Im Buch fand er wohl eine Zeichnung eines Reliefs on der Großen Stupa von Sanchi im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Dort werden Musiker in einer Prozession, darunter zwei Personen in fremden Gewändern, dargestellt, die eine Carnyx in Händen halten. Offenbar hat es irische Musiker vor 2.000 Jahren nach Kerala verschlagen. Bei Spiegel Online wird das Ganze in diesem Artikel etwas ausführlicher in Prosa aufbereitet.
(Quelle: YouTube)
Jedenfalls gibt es in Kerala Musikergruppen, die genau das gleiche Musikinstrument spielen. Die Schlussfolgerungen daraus: Vor 2.000 Jahren müssen irische Musiker mit solchen Instrumenten bis in den Süden Indiens gekommen sein. Und die Musiker haben wohl mit den indischen Kollegen gemeinsam musiziert. Ob es eine Jam-Session oder eher so etwas wie eine eisenzeitliche, aber international besetzte Band bzw. Musikgruppe war, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren.
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(Quelle: YouTube)
Die Erkenntnisse wurden von Billy Ó Foghlú im Journal of Indian Ocean Archaeology veröffentlicht. Auf der Universitätsseite hat er einen englischsprachigen Kurzbeitrag zum Thema veröffentlicht, der auch das obige Video enthält. Weitere, englischsprachige Artikel zum Thema finden sich hier und hier. Ich finde es immer wieder faszinierend, welche Einsichten uns moderne Archäologie gewährt.
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