Achtung: Färbetricks beim Thunfisch

Roher Thunfisch zum Essen muss frisch sein, da sonst eine Vergiftung droht. Aber ist das Merkmal 'schöne rote Farbe' des Fleischs ein Kriterium? Färbetricks der Fischindustrie verschleiern das Alter des Fischfleischs. Hier mal ein paar Informationen zum Thema.


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Thunfisch ist bei Verbrauchern im kommen. Für Shushi, aus der Dose für Salate oder wie auch immer. Aber frisch muss er für Shushi & Co. sein und eine schöne rote Farbe aufweisen. Frischer, roher Thunfisch ist eine Delikatesse, wie ich bei meinen Aufenthalten in Japan feststellen konnte – da gab es bereits beim Frühstück rohen Fisch.

Andererseits ist Thunfisch auch knapp und echter, wild gefangener Thunfisch extrem teuer. In Japan werden auf Aktionen Spitzenpreise bezahlt. Und vor allem frisch muss der Thunfisch sein, sonst drohen Lebensmittelvergiftungen. Denn das Fischfleisch ist leicht verderblich.

Shushi
(Quelle: Pexels/Pixabay CC0 Lizenz)

Und damit sind wir beim Geld: Die Gewinnspannen sind beim Thunfisch riesig. Und in den letzten Monaten musste Thunfisch europaweit auffällig oft aus dem Verkehr gezogen werden. Das Ganze hat auch einen Hintergrund: Damit auch alter Fisch noch frisch aussieht, werden Färbetricks angewendet. Das ist nach deutschem Lebensmittelrecht verboten – aber in der Branche an der Tagesordnung, wie die ARD-Sendung Plusminus hier aufdeckt. Ich selbst bin durch einen Beitrag des Verbrauchermagazins MEX (ab 19:28) beim hessischen Rundfunk auf das Thema aufmerksam geworden.

Der Färbetrick mit Kohlenmonoxid

Das Niedersächische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) schreibt in diesem Beitrag folgendes:

Ein Fisch sieht rot

BEHANDLUNG, LAGERUNG UND TRANSPORT VON FRISCHEM FISCH

Frische Fische sind generell leicht verderbliche Lebensmittel. Wer Fisch kauft, sollte daher die eigenen Sinne einsetzen, um verdorbene Ware zu erkennen: Nicht mehr ganz frische und verdorbene Fische zeichnen sich insbesondere durch schlechten Geruch und eine bräunlich-graue Farbe aus. Riecht der Fisch angenehm und ist sein Muskelfleisch rot, ist er wahrscheinlich frisch – es sei denn, er wurde zuvor mit Kohlenmonoxid behandelt. Nach einer solchen Behandlung ist es für Verbraucher sehr schwierig, ein verdorbenes Produkt zu erkennen.

Die Fischindustrie hat einen Trick entdeckt: Sie behandelt das Fischfleisch mit Kohlenmonoxid oder mit kohlenmonoxidhaltigem Rauch behandelt. Dies dient der Stabilisierung der roten Farbe des Fleisches und verhindert die während der Alterung eintretende braungraue Verfärbung. Laut LAVES wurden in den vergangenen Jahren auf dem Fischmarkt vermehrt solche rotfleischige Fischarten entdeckt. Das Problem: Die Verderbnisprozesse im Fischfleisch werden jedoch durch dieses Verfahren nicht beeinflusst und es besteht die Gefahr, dass die intensive und lange anhaltende Rotfärbung eine nicht mehr vorhandene Frische vortäuscht.

Frischer Thunfisch
(Frischer Thunfisch, Quelle: Screenshot ARD-Sendung Plusminus)


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Auf der Webseite gibt das Amt Hinweise zum Thema und auch, wie man frischen Fisch erkennen kann (beim Thunfisch hilft das nicht, siehe auch nachfolgende Informationen).

Gesundheitsgefahr durch Fisch

Frisch gefangener Thunfisch besitzt ein rosa bis rotes Fleisch und erzielt 12 Euro/kg. Industrielle Fangware wird dagegen sofort eingefroren. Durch dieses Einfrieren und die längere Lagerung erzielt der Thunfisch nur noch einen Preis von 5 Euro/kg. Angesichts der riesigen Gewinnspannen ist die Versuchung in der Fischindustrie groß, durch Färbetricks noch einige Euros zusätzlich herauszuschlagen.

Das Ganze birgt eine echte Gefahr für den Verbraucher. Er kann altes und möglicherweise verdorbenes Fischfleisch nicht mehr an der eintretenden Verfärbung erkennen. Und kommt es dann zu Meldungen wie Übelkeit nach Thunfischsalat: 4 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert. Hintergrund ist, dass bei älterem Thunfisch, auch wenn dieser von der Keimbelastung in Ordnung ist, eine Anreicherung von Histamin auftritt. Es kommt dann zu einer Histaminvergiftung, die lebensgefährlich werden kann.

Die ARD deckt auf

Im ARD-Beitrag Plusminus Färbetricks beim Thunfisch-Fleisch ist man diesem Thema nachgegangen. Und dabei ist man zu erschreckenden Erkenntnissen gelangt (das Video hier ist bis zum 4.10.2018 abrufbar).

Rund 20.000 Tonnen Thunfisch in Europa sind nach Schätzungen der EU-Kommission (mit Färbetricks) behandelt, sprich, die Farbe wurde mit Hilfe von Zusatzstoffen manipuliert. Das Fischfleisch bekommt eine tiefrote Farbe, die sich über Tage hält, das Produkt aber deutlich verändert. Das zeigen Untersuchungen am LAVES, wie der Film ausführt.

Gefärbter Thunfisch

(Gefärbter Thunfisch, Quelle: Screenshot ARD-Sendung Plusminus)

Behandelt wird der Fisch, laut ARD-Sendung, mit unterschiedlichsten Zusatzstoffen. Einige sind für Fisch nicht zugelassen, wie etwa Nitrate, andere sind in der EU erlaubt, wie etwa Antioxidantien oder Ascorbate. Der eingefärbte Thunfisch wird als 'vorgesalzen, verarbeitet oder aufgetaut' deklariert, eine Irreführung des Verbrauchers, wie das LAVES im Beitrag ausführt.

Die EU erwägt nun gegen den Einsatz von Antioxidantien und Ascorbaten vorzugehen. Enrico Brivio, Sprecher der EU-Kommission, sagte im Interview mit Plusminus, der Einsatz von Antioxidantien im Thunfisch mit dem Ziel die Farbe zu verändern, sei illegal.

Die deutsche Fischwirtschaft stellt sich gegen die EU-Pläne und empfiehlt, laut EU-Beitrag, seinen Mitgliedern gegen die Untersuchungsbehörden und die EU-Kommission vor Gericht zu ziehen. Plusminus gibt an, dass der Redaktion ein Rundschreiben an die Verbandsmitglieder vorliegt. Dieses führt aus, dass Thunfisch, der als "verarbeitet", "tiefgefroren" oder "vorgesalzen" deklariert ist, sei lebensmittelrechtlich nicht zu beanstanden.

Im Interview (ab 02:40) führt ein Sprecher der Fischwirtschaft aus, dass der Verbraucher bei entsprechend deklarierter Ware 'weiß, dass er kein frisches Produkt bekommt und dass diesem Salz zugefügt wurde'.

Informationen vom Fischinformations Zentrum e.V.

Im Pressezentrum des Fischinformations Zentrum e.V. findet sich dieser Artikel. Dort findet man weitere Informationen, beispielsweise, dass die Behandlung von Fisch mit Kohlenmonoxid weltweit verboten ist, die Behandlung mit gefiltertem bzw. gereinigtem Rauch zulässig sei. Allerdings muss das deklariert werden.

"Dieser natürliche Vorgang, der auch einen Hinweis auf den Frischezustand des Thunfischfleisches gibt, kann durch die Behandlung mit Kohlenmonoxid oder gefiltertem Rauch erheblich verlangsamt werden. Ebenso gibt der Geruch nach einer Behandlung keine eindeutige Auskunft über die Qualität des Fischfleisches", wird ein Dr. Keller zitiert.

Während die Behandlung mit Kohlenmonoxid weltweit verboten ist, ist die Behandlung mit gefiltertem bzw. gereinigtem Rauch zulässig. "Sie muss allerdings bei der Abgabe an den Verbraucher unbedingt deklariert werden", betont Dr. Keller.

Vom Fischinformations Zentrum e.V. wird daher empfohlen, beim Einkauf von frischem oder gefrorenem Thunfisch, Thunfischfilets oder Thunfischsteaks genau auf die Farbe und entsprechende Behandlungshinweise zu achten. Zeigt frisches Thunfischfilet eine leuchtend kirschrote Färbung, so sollte man den Händler auf eine mögliche Behandlung hin ansprechen, da in diesem Fall auch der Geruch k e i n e eindeutige Auskunft über die Qualität gibt. Thunfischkonserven sind hiervon nicht betroffen.

Insbesondere beim Verzehr von Thunfisch in Form von Sushi oder Sashimi empfiehlt die deutsche Fischwirtschaft, dass nur unbehandelter Thunfisch verwendet wird und dass dieser vor dem Verzehr einmal tiefgefroren wurde.


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