Gegen Antibiotika multiresistente Keime werden zu einem immer größeren Problem in der Medizin. Jetzt haben Forscher die 'Tarnkappen-Strategie' dieser gefährlichen Krankheitserreger entschlüsselt.
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Der Durchbruch bei der Entschlüsselung der Strategien multiresistenter Krankheitskeime ist Forschern der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) gelungen.
Ein Team um Professor Andreas Peschel und Professor Thilo Stehle konnte die Struktur und die Funktion eines bislang unbekannten Proteins aufklären. Mit Hilfe dieses Proteins können sich gefürchtete Erreger wie Staphylococcus aureus gegenüber dem menschlichen Immunsystem wie mit einer Tarnkappe schützen.
Bakterien wie Staphylococcus aureus verursachen weltweit zahlreiche Infektionen, die dann bei geschwächten Patienten zu Todesfällen führen. Die in Krankenhäusern gefürchteten Keime der Staphylococcus aureus-Stämme, kurz MRSA genannt, sind vor allem gegen das Antibiotikum Methicillin resistentent. Laut einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung kam es allein im Jahr 2015 in der EU zu rund 670.000 Erkrankungen durch multiresistente Erreger, wobei 33.000 Patienten an dieser Infektion verstarben.
Die Forscher der Universität Tübingen haben nun beschrieben, wie sich MRSA-Keime für das Immunsystem unsichtbar machen können. „Wir verstehen jetzt detailliert, wie das Protein auf der molekularen Ebene als Enzym funktioniert", sagte David Gerlach (Erstautor der Studie). „TarP verändert das Muster von Zuckermolekülen auf der Erregeroberfläche auf eine bislang unbekannte Weise", erklärte Professor Andreas Peschel vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin der Universität Tübingen. „Dies führt dazu, dass das Immunsystem keine Antikörper gegen das wichtigste MRSA-Antigen, die Teichonsäure, bilden kann." Das Immunsystem werde so „blind" und der Körper verliere dann die wichtigste Waffe gegen den Erreger.
(Quelle: pixabay, CC0 Creative Commons)
Die Entdeckung dieses Mechanismus kam für die Forscher völlig überraschend, wie die Seite bionity, die die Studie aufgegriffen hat, hier schreibt. „Wir verstehen jetzt detailliert, wie das Protein auf der molekularen Ebene als Enzym funktioniert", sagte David Gerlach. Die Struktur-Funktionsanalyse von TarP bildet nach Ansicht der Wissenschaftlere nun eine Basis, um neue Wirkstoffe gegen multiresistente Keime, die TarP blockieren, zu entwickeln. Es gibt damit die Hoffnung, die Erreger wieder für das Immunsystem erkennbar zu machen. Besonders wichtig für den Erfolg dieser Arbeiten war ein interdisziplinärer Ansatz, an dem auch weitere Wissenschaftler aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Südkorea beteiligt waren. Weitere Details sind bei bionity oder im Original-Artikel (Englisch) nachlesbar.
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