30 Jahre Fall der Berliner Mauer (9.11.1989)

Es ist ein historisches Ereignis, welches jetzt 30 Jahre zurück liegt. Am 9. November 2019 öffneten sich die Grenzübergänge nach Westberlin, so dass die damaligen Bürger der DDR in den Westen reisen konnten.


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Die Berliner Mauer wurde in der Nacht von Donnerstag, dem 9. November, auf Freitag, den 10. November 1989, nach über 28 Jahren ihrer Existenz geöffnet. In der Wikipedia kann man Details nachlesen.

Startschuss war die Bekanntgabe der Reisefreiheit für DDR-Bürger. Die nachfolgende Tageschau-Sendung aus 1989 zeigt diese Bekanntgabe – ein Transkript der Rede von Günter Schabowski findet sich hier.

(Quelle: YouTube)

Der 9. November 1989 war ein trüber Herbsttag – ich erinnere mich noch daran, weil ich damals mit einigen Kollegen in einem Hotel im Rheingau zu einem Strategieseminar meines damaligen Arbeitgebers weilte. Als wird am Abend die Nachrichten schauten, wurde die Maueröffnung verkündet. Uns war allen klar, dass das eine Zeitenwende bedeutete. Nachfolgendes Video zeigt Szenen, die sich an den Grenzübergängen abspielten.

(Quelle: YouTube)

Zur Erinnerung, wie es vor 'der Wende' und der Grenzöffnung war, was Todesstreifen und Mauer bedeutete, empfehle ich den folgenden Beitrag des Deutschlandfunks.

(Quelle: YouTube)


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Das ZDF hat in seiner Mediathek eine ganz Sammlung an Beiträgen zum 30 jährigen Mauerfall öffentlich gestellt.

Die Älteren unter meinen Blog-Leserinnen aus Westdeutschland erinnern sich vielleicht auch noch an die Päckchen, die für die Verwandtschaft im Osten gepackt und dann verschickt wurden. Oder den Zwangsumtausch beim Besuch im Osten (habe ich nie selbst erlebt), das Begrüßungsgeld für Ostdeutsche, die in den Westen reisen durften.

Zur Historie gehören auch die Fluchttunnel und Fluchtgeschichten (über die Ostsee oder per Ballon) in den Westen sowie den Schießbefehl und die Toten an den DDR 'Grenzsicherungsanlagen'. Auch zensierte und gelesene Briefe in den Osten oder aus dem Osten in den Westen. Die Ausbürgerung von Wolf Biermann und, und, und. Schlimme Zeiten damals für Leute, die auf der falschen Seite der Grenze wohnten.

Persönliche Erinnerungen als Wessi

Weitere persönliche Erinnerungen von mir: Im November 1989 wurden von meinem damaligen Arbeitgeber (Chemieunternehmen in Frankfurt) die ersten ostdeutschen Arbeitnehmer, die als Flüchtlinge über Ungarn nach Deutschland kamen, eingestellt. Weitere Arbeitnehmer kamen kurz nach der Wende – alles ausgebildete Ingenieure und Ingenieurinnen. Top-Leute, mit denen ich gerne zusammen gearbeitet habe.

Dann gab es die erste Fahrt mit der Familie aus der Umgebung Frankfurts in den Osten nach Eisennach und zur Wartburg sowie nach Weimar. Tolles Gefühl, einfach über die nicht mehr bestehende Grenze in den Osten fahren zu können. Ich erinnere mich, bei einem Bäcker Streuselkuchen vom Vortag für 50 Pfennig bekommen zu haben – bin nochmal zurück und habe mir zwei weitere Stücke auf die Hand geholt – Streuselkuchen geht bei mir immer. Bedrückend war aber, wenn man in die Nebenstraßen, abseits des Zentrums von Eisennach, lief. Da herrschte das Bild des Zerfalls und des Niedergangs. Das habe ich noch öfters bei meinen Reisen in die neuen Bundesländer gesehen.

Es gab (muss wohl 1990 gewesen sein) eine Reise nach Leipzig, im Auftrag des Arbeitgebers – wir sollten einen Produktionsbetrieb inspizieren und schauen, ob man dort 'im Rahmen einer Aufbauhilfe' noch was machen kann. Ich habe noch heute die Bilder im Kopf. Während der Taxifahrt vom Flughafen zum Produktionsbetrieb (irgend ein Metallbaukombinat) schaute ich aus dem Fenster und dachte 'sieht doch gar nicht so schlecht aus'. Ich sah frisch renovierte Schaufensterzeilen, als wir durch die Stadt fuhren. Dann habe ich den Fehler gemacht und mich mit dem Kopf nahe an die Scheibe des Taxis gebeugt. So konnte die oberen Stockwerke der Häuser sehen. Da bröckelten die Fassaden und es sah nach Zerfall aus. Was hatte man gemacht? Im Erdgeschoss waren Spanplatten vor die Fassade geschraubt worden und das hatte man dann sauber mit Farbe herausgeputzt. Bis zur Unterkante des 1. Stocks sahen die Ladenzeilen gut aus, die oberen Stockwerke des Gebäudes waren nur noch schockierend.

Ich erinnere mich auch noch, dass ich ziemlich frustriert durch die Produktionshallen des Betriebs gewandert bin. Aus der Großchemie und aus Stahlwerken war ich schmutzige Produktionsumgebungen gewohnt. Aber die Werkhallen des Betriebs waren heruntergewirtschaftet, die Maschinen mussten noch aus Zeiten kurz nach dem Krieg stammen. Auch die Büros sahen nicht wirklich besser aus. Unsere Empfehlung lautete damals, die Finger von der Firma zu lassen, da die als nicht überlebensfähig eingeschätzt wurde.

Heute hört man ja oft die Geschichtsklittung von der Treuhand, die alles DDR-Vermögen in krummen Geschäften an Glücksritter verscherbelt habe. Hier empfehle ich das Interview des Deutschlandfunk mit Detlef Scheunert, einziger ostdeutscher Treuhand-Direktor, der seine interne Sicht der Dinge darstellt. Deckt sich mit einigen meiner Erfahrungen aus dieser Zeit.

Zur Nachwende gehört aber auch, dass ich endlich weitere ostdeutsche Gegenden und Städte bereisen konnte. Neben einigen Urlauben an der Ostseeküste, von Kühlungsborn über den Darß bis nach Rügen und Usedom waren auch Görlitz, die sächsische Schweiz, Dresden, Erfurt und Berlin Reiseziele. Es war schon ein berührendes Gefühl, durch das Brandenburger Tor zu gehen oder in Erfurt auf der Dom-Treppe zu sitzen. Auch Weimar und das Wandeln auf Goethes Pfaden ist mir in Erinnerung geblieben. Vieles ist mir ganz positiv in Erinnerung – und eine Menge Leute aus dem Osten sind in meiner heutigen Umgebung 'angekommen' (hört man oft am Sprachklang – geht alles, solange es nicht Ulbrichts Sächsisch ist).

In der Regel habe ich den Osten und seine Menschen als recht positiv erlebt. Negativ sind mir aber auch Gespräche im Osten mit einigen Leuten, die sich als  'Wendeverlierer' sahen, in Erinnerung geblieben. Die Leute (manche treue Parteikader und 200 %ige) trauerten der untergegangenen DDR nach und waren mit ziemlich kruden Vorstellungen, wie übel ihnen mitgespielt wurde, unterwegs. Dass es Brüche im Leben gab, ist nachvollziehbar – aber bei einigen Opfervorstellungen tue ich mich schwer, das zu verstehen. Insgesamt sehe ich den Mauerfall aber positiv, war das Beste, was Deutschland passieren konnte. Und die neuen Bundesländer waren eine Bereicherung, wenn auch viel Geld dort hinein gepumpt wurde und mittlerweile einiges in Schieflage geraten zu sein scheint. So wird so jeder seine Erinnerungen an den 9. November 1989 und die Zeit danach haben.


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