Brunnen und Wasserspiele üben auf viele Menschen eine gewisse Faszination aus. Das Ganze hat für mich immer etwas Zen-mäßiges an sich. Man schaut auf das Wasser, welches im Brunnen aus irgendwelchen Öffnungen fließt und dann in das Becken des Brunnens plätschert. Einfach in den Augenblick versinken, und zur Ruhe kommen. Alles fließt, keine Hektik des Alltags mehr, die innere Mitte finden und zur Besinnung kommen. Eine Übung, die jeder öfters praktizieren sollte.
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Die Lehre des Zen
Der japanische Begriff des Zen steht ja für eine Strömung aus dem Buddhismus, die in Asien verbreitet ist. Eine der Lehren lautet Zen biete „nichts" – aber es gibt auch die Botschaft des Zen : Das Leben zu leben – in seiner ganzen Fülle. Ich selbst praktiziere diese Lehre nicht, habe aber manches aus dieser Philosophie bei Arbeitsaufenthalten Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrtausends in Japan kurz kennen gelernt. Eine Zeit, deren Erfahrungen mich tief geprägt haben – ich konnte einzelne Episoden auch fast 2 Jahrzehnte später noch aus dem Gedächtnis abrufen und niederschreiben.
(Quelle: Born – Gefäß in Form einer Lotusblüte – Foto aufgenommen während eines Arbeitsaufenthalts in Japan)
Ein Teil der Zen-Praxis besteht aus der Konzentration auf den Alltag. Dies bedeutet einfach nur, dass man sich auf die Aktivität, die man gerade in diesem Augenblick ausübt, vollkommen konzentriert, ohne dabei irgendwelchen Gedanken nachzugehen.
Ist jetzt aber ein weiter Weg, von Japan und Zen, hin zu einem hessischen Brunnen. Verdammt, wie kriege ich jetzt die Kurve …
Der Besuch beim Friseur …
Ich fange einfach nochmals von vorne an. Also: Diese Woche war ich endlich wieder beim Friseur – Corona-bedingt hatten wir uns irgendwo im Januar oder Februar diesen Jahres zuletzt gesehen – ist schon so lange her, dass ich es schon vergessen habe. Es gibt ja Männer, die haben mit dem Friseur nichts am Hut, eine Glatze braucht halt keinen Haarschnitt. Bei mir ist es definitiv anders, der Friseur holt immer die Schubkarre, um die abgeschnittene Wolle abzufahren.
Den Besuch beim Coiffeur hatte ich lange aufgeschoben und mich per Schere mit 'Notoperationen' über die Zeit gerettet – Udo Walz wäre stolz auf mich gewesen. Denn in Zeiten von Corona mit Nasen-Mundschutz in einen Salon zu gehen, um sich 'Haare waschen mit Schnitt' verpassen zu lassen, das hat nun wahrlich nichts erhebendes oder gar Zen-mäßiges an sich.
Fing auch schon 'gut an' – Frau meinte die Woche 'ich fahre morgen zum Friseur' – und ich so 'ich komme mit'. Also extra früh aufgestanden, um beim Haircutter, wo Du einfach so und ohne Termin vorbei kommen kannst, zeitig auf der Matte zu stehen. Herrlich, keine anderen Kunden zu sehen – der Salon hat noch nicht auf, obwohl die Tür schon geöffnet war …
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… da kam das Mädel vor die Tür und fragte: 'Haben Sie einen Termin …? Seit Corona machen wir nur noch Schnitt mit Termin, ich bin alleine und bis 14:00 Uhr ausgebucht'. Na toll, genau so hatte ich mir das irgendwie nicht vorgestellt. Also für 14:00 Uhr jeweils einen Termin für Frau und mich abgemacht und wieder nach Hause gefahren. Es gibt einfach so Tage, das läuft es richtig doof. Früh aufgestanden, um einiges zu erledigen und dann klappt einfach nix.
Um 14:00 Uhr war der Salon mit 2 Friseuren/innen besetzt und ich konnte die Prozedur mit Haare waschen sowie Schneiden über mich ergehen lassen. Nein, es war nix erhebendes oder entspannendes dabei, wie meine Frau immer meint. Beim Haare waschen lief mir das Wasser am Kragen vorbei den Rücken herunter, die verkümmerte Nackenmuskulatur brannte und Haarschnitt mit aufgesetzter Maske ist auch etwas spooky. Mal schauen, ob ich es jetzt bis Weihnachten schaffe, bis der nächste Friseurtermin wieder ansteht.
… und der Brunnen
Ich war dann deutlich früher als meine Frau fertig – und die paar Kilometer bis nach Hause joggen, dazu hatte ich keine Lust. Im Salon sitzen bleiben und auf meine Frau warten – so erhebend war das doch nicht. Ich also zu meiner Frau: 'Ich warte draußen, bis zu fertig bist.' Also raus aus dem Salon, denn da war ein Brunnen mit seinem Wasserspiel. Als ehemalige Möbelstadt hatten sich die Stadtväter etwas ganz besonderes ausgedacht. Der Brunnen ist als Kommode ausgeführt, bei der die unteren Schubladen offen stehen.
(Zur Wiedergabe auf das Bild klicken)
Und das Wasser plätschert aus zwei auf der Kommode stehenden Schalen an der Kommode herunter, läuft in die Schubladen und sammelt sich im Becken. Ich habe mich also hingesetzt, dem Wasserspiel zugesehen und Zen versucht. Du bist ganz ruhig, der Friseur, der Alltag, alles ganz weit weg … schau auf's Wasser und finde deine Mitte …
… 'aufwachen, ich bin fertig beim Friseur … wir können nach Hause fahren' – Mist, und ich hatte gerade meine Mitte gefunden …
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