Cool: Vor 2.000 Jahren war der Riesenstern Beteigeuze gelb, heute ist er rot

Fast wie bei der Ampel – erst gelb, dann rot. Heute gilt der Stern Beteigeuze als "Roter Riese" – also eine besondere Form einer Sonne. Aber vor 2.000 Jahren war diese Sonne noch gelb. Das belegen historische Aufzeichnungen, die Wissenschaftler gefunden haben.


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Beteigeuze, der Rote Riese

Beteigeuze ist der Schulterstern im Sternbild Orion. Diese Sonne wird der Klasse der Roten Überriesen zugerechnet, hat er doch etwa den achthundertfachen Durchmesser unserer Sonne und eine etwa zehntausendmal so große Leuchtkraft im sichtbaren Bereich. Die Entfernung zur Sonne wird zwischen 499 und 700 Lichtjahren geschätzt.

Von der Erde aus gesehen ist Beteigeuze der zehnthellste Stern und von großem astronomischen Interesse, da der Radius um zirka 15 Prozent schwankt. Auch die Helligkeit des Sterns schwankt mit einer halbregelmäßigen Periode von 2070 Tagen (Halbregelmäßig Veränderlicher vom Typ SRc). Er ist neben Mira, Altair und Antares einer der wenigen Sterne, die von der Erde aus mit Teleskoptechnik als Fläche sichtbar sind, sein Winkeldurchmesser beträgt 0,05 Bogensekunden.

Helligkeitsveränderung Beteigeuze
(Helligkeitsveränderung Beteigeuze, Quelle ESO/M. Montargès et al.)

Als Roter Überriese wird Beteigeuze seine Existenz als Supernova beenden. Die Meinungen der Astrophysiker, zu welchem Zeitpunkt dies zu erwarten ist, gehen auseinander: Manche rechnen damit innerhalb der nächsten tausend Jahre, andere frühestens in hunderttausend Jahren. Verdunklungen in den letzten Jahren führten zur Annahme, dass dieser Prozess unmittelbar bevorsteht (siehe Links am Artikelende). Inzwischen ist aber klar, dass diese Verdunklung durch einen großen Ausbruch auf der Oberfläche des Sterns und dadurch ausgeschleuderte Materie hervorgerufen wurde.

Vor 2000 Jahren war Beteigeuze gelb

In der jüngeren Literatur wird Beteigeuze immer als roter Stern aufgeführt. Aber vor 2.000 Jahren scheint die Sonne noch gelb geleuchtet zu haben, wie Forscher der Universität Jena in diesem Artikel rekonstruiert haben. Die Forscher haben dazu antike Quellen ausgewertet und stießen auf die Arbeit des chinesische Hofastronom Sima Qian. Dieser schreibt etwa um 100 v. Chr. über Sternfarben:

Weiß ist wie Sirius, Rot wie Antares, Gelb wie Beteigeuze, Blau wie Bellatrix. „

"Man kann aus seinen Angaben also schließen, dass Beteigeuze damals in der Farbe zwischen den blau-weißen Sirius und Bellatrix und dem rötlichen Antares gelegen haben muss", erläutert Prof. Dr. Ralph Neuhäuser von der Universität Jena.

Unabhängig davon beschreibt rund 100 Jahre später der römische Gelehrte Hyginus, Beteigeuze sei von gleicher Farbe wie der gelb-orange Saturn – damit kann man den damaligen Farbwert von Beteigeuze noch genauer quantifizieren. Weitere antike Vertreter wie Ptolemäus liefern ebenfalls Indizien, dass Beteigeuze zu dieser Zeit nicht zur Gruppe der hellsten roten Sterne wie Antares (im Sternbild Skorpion) und Aldebaran (im Stier) gehört hat.

Der griechische Name Antares bedeutet "wie Mars" in Farbe, er wurde bei vielen Kulturen rund um den Erdball seit Jahr­tausenden als rot berichtet bzw. mit Mars verglichen.


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"Aus einer Aussage des dänischen Astronomen Tycho Brahe lässt sich schließen, dass im 16. Jahrhundert Beteigeuze inzwischen Aldebaran an Röte übertroffen hat", sagt Neuhäuser. Heute ist Beteigeuze in Helligkeit und Farbe fast wie Antares, also rot.

Da sich die Helligkeit, Größe und Farbe einer Sonne mit fortschreitender Kernfusion im Innern des Sterns ändern, kann die Information über die Farbe den Astronomen wichtige Hinweise auf die Sternentwicklung liefern. Sterne mit deutlich mehr Masse als der Sonne sind blau-weiß oder rot – der Übergang zu Rot via Gelb und Orange geschieht für astronomische Verhältnisse dabei relativ rasch.

Die Supernova muss warten

Der Jenaer Forscher Ralph Neuhäuser bezieht seit etwa zehn Jahren historische Himmels­beobachtungen für seine astrophysikalische Forschung ein – dieser Forschungszweig nennt sich „Terra-Astronomie". Dabei arbeitet er eng mit Kolleginnen und Kollegen aus den Geisteswissenschaften zusammen, insbesondere mit seiner Frau Dagmar. "Der Blick zu­rück liefert immer wieder spannende Impulse und wichtige Ergebnisse", sagt Neuhäuser. „Denn es gibt eine ganze Reihe astrophysikalischer Fragen, die sich mit Hilfe historischer Beobachtungen besser oder überhaupt erst lösen lassen.", sagt er.

Und was verraten uns die historischen Überlieferungen über Beteigeuze? "Gerade aus der Tatsache, dass er sich in den letzten zwei Jahrtausenden farblich von gelb-orange zu rot geändert hat, kann man zusammen mit theoretischen Rechnungen schließen, dass er etwa 14-mal mehr Masse als unsere Sonne hat – und die Masse ist die entscheidende Größe für die Entwicklung eines Sterns", schreibt Neuhäuser. "Er ist dementsprechend 14 Millionen Jahre alt und befindet sich in der Endphase seiner Entwicklung. In etwa 1,5 Millionen Jah­ren wird er schließlich als Supernova explodieren."

Über ihre Forschungsergebnisse berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society". (via)

Original-Publikation:
Neuhäuser, G. Torres, M. Mugrauer, D. L. Neuhäuser, J. Chapman, D. Luge, M. Cosci: Colour evolution of Betelgeuse and Antares over two millennia, derived from historical records, as a new constraint on mass and age, MNRAS, 2022. DOI: 10.1093/mnras/stac1969

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