Schwarze Löcher faszinieren Astronomen. Aktuell haben Wissenschaftler beobachtet, wie ein schwarzes Loch einen Stern gefressen hat. Weiterhin scheinen schwarze Löcher frei in der Milchstraße herum zu wandern. Und es gibt die Beobachtung, dass zwei schwarze Löcher umeinander kreisen. Hier eine kleine Zusammenfassung entsprechender Meldungen.
Anzeige
Schwarzes Loch frisst Stern
Zu Beginn dieses Jahres wurde das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) alarmiert, wie die ESO hier berichtet. Ein ein Durchmusterungsteleskop eine ungewöhnliche Quelle sichtbaren Lichts entdeckt. Zusammen mit anderen Teleskopen wurde das VLT schnell auf die Quelle ausgerichtet: ein supermassereiches schwarzes Loch in einer weit entfernten Galaxie, das einen Stern verschlungen und die Reste in einem Strahl ausgestoßen hatte.
Das VLT stellte fest, dass es sich um das am weitesten entfernte Beispiel eines solchen Ereignisses handelt, das jemals beobachtet wurde. Da der Jet fast auf uns gerichtet ist, wurde er auch zum ersten Mal mit sichtbarem Licht entdeckt, was eine neue Möglichkeit zur Entdeckung dieser extremen Ereignisse bietet.
Sterne, die zu nahe an ein schwarzes Loch herankommen, werden durch die enormen Gezeitenkräfte des schwarzen Lochs auseinandergerissen, was als Tidal Disruption Event (TDE, Gezeitenstörung) bezeichnet wird. Bei etwa 1 % dieser Ereignisse werden Plasma- und Strahlungsjets von den Polen des rotierenden schwarzen Lochs ausgestoßen. 1971 stellte der Pionier der schwarzen Löcher, John Wheeler [1], das Konzept der Gezeitenstörung als „eine Zahnpastatube, die man in der Mitte fest zusammendrückt" vor, wodurch das System „Materie aus beiden Enden ausstößt".
„Wir haben bisher nur eine Handvoll dieser Jet-TDEs gesehen, und sie bleiben sehr exotische und schlecht verstandene Ereignisse", sagt Nial Tanvir von der University of Leicester in Großbritannien, der die Beobachtungen zur Bestimmung der Entfernung des Objekts mit dem VLT leitete. Astronomen und Astronominnen sind daher ständig auf der Suche nach diesen extremen Ereignissen, um zu verstehen, wie die Jets eigentlich entstehen und warum nur ein so kleiner Teil der TDEs sie produziert.
Im Rahmen dieser Suche durchsuchen viele Teleskope, darunter die Zwicky Transient Facility (ZTF) in den USA, den Himmel immer wieder nach Anzeichen für kurzlebige, oft extreme Ereignisse, die dann von Teleskopen wie dem VLT der ESO in Chile viel genauer untersucht werden konnten. „Wir haben eine Open-Source-Datenpipeline entwickelt, die wichtige Informationen aus der ZTF-Durchmusterung speichert und auswertet und uns in Echtzeit vor atypischen Ereignissen warnt", erklärt Igor Andreoni, Astronom an der University of Maryland in den USA, der zusammen mit Michael Coughlin von der University of Minnesota die heute in Nature veröffentlichte Arbeit geleitet hat.
Im Februar dieses Jahres entdeckte das ZTF eine neue Quelle sichtbaren Lichts. Das Ereignis mit der Bezeichnung AT2022cmc erinnerte an einen Gammastrahlenausbruch – die stärkste Lichtquelle im Universum. Die Aussicht, Zeuge dieses seltenen Phänomens zu werden, veranlasste Astronomen und Astronominnen aus aller Welt, mehrere Teleskope in Gang zu setzen, um die geheimnisvolle Quelle genauer zu beobachten. Dazu gehörte auch das VLT der ESO, das dieses neue Ereignis mit dem X-Shooter-Instrument umgehend beobachtete. Die VLT-Daten zeigten, dass sich die Quelle in einer für diese Ereignisse beispiellosen Entfernung befand: Das von AT2022cmc erzeugte Licht begann seine Reise, als das Universum etwa ein Drittel so alt war wie heute.
Eine breite Spanne von Licht, von hochenergetischer Gammastrahlung bis hin zu Radiowellen, wurde von 21 Teleskopen auf der ganzen Welt gesammelt. Das Team verglich diese Daten mit verschiedenen Arten von bekannten Ereignissen, von kollabierenden Sternen bis hin zu Kilonovae. Das einzige Szenario, das mit den Daten übereinstimmte, war eine seltene Jet-TDE, die auf uns gerichtet ist. Giorgos Leloudas, Astronom an der DTU Space in Dänemark und Mitautor dieser Studie, erklärt: „Weil der relativistische Jet auf uns gerichtet ist, ist das Ereignis viel heller, als es sonst erscheinen würde, und über einen größeren Bereich des elektromagnetischen Spektrums sichtbar."
Anzeige
Die VLT-Entfernungsmessung ergab, dass AT2022cmc das am weitesten entfernte TDE ist, das je entdeckt wurde, aber das ist nicht der einzige rekordverdächtige Aspekt dieses Objekts. „Bisher wurden die wenigen bekannten Jet-TDEs zunächst mit Hochenergie-Gammastrahlen- und Röntgenteleskopen entdeckt, aber dies war die erste Entdeckung eines solchen Objekts bei einer optischen Durchmusterung", sagt Daniel Perley, Astronom an der Liverpool John Moores University in Großbritannien und Mitautor der Studie. Dies zeigt einen neuen Weg zur Entdeckung von Jet-TDEs, der weitere Untersuchungen dieser seltenen Ereignisse und der extremen Umgebungen um schwarze Löcher ermöglicht.
Weitere Meldungen zu schwarzen Löchern
In meinem "Sammelsurium" habe ich in der letzten zeit eine ganze Reihe an Artikeln rund um das Thema schwarze Löcher gesammelt.
Bereits 2018 ist mir dieser Artikel auf Spiegel Online untergekommen. Auch dort haben Forscher beobachtet, wie ein großes Schwarzes Loch einen Stern verschlingt und dann einen Materie-Strahl ins All schickt. Manchmal gibt es Wechselwirkungen über viele Lichtjahre. Dieser Artikel beschreibt eine Entdeckung, dass ein schwarzes Loch und eine Gaswolke in einem Abstand von 100 Lichtjahren im Takt pulsieren.
Im April 2020 berichtete heise in diesem Artikel von einem Stern S2 im Zentrum der Milchstraße, der in einer Rosettenbahn um ein schwarzes Loch (Sagittarius A*) kreist. Nachfolgender Tweet weist auf die Entdeckung des bisher am nahesten bekannten schwarzen Lochs in nur 1.600 Lichtjahren Entfernung hin. Eine Sonne unkreist ein schwarzes Loch.
In diesem Beitrag auf dem Jahr 2019 wird die Entdeckung des kleinsten damals bekannten schwarzen Lochs beschrieben. Es hat nur die 3,3-fache Masse der Sonne und sendet keinerlei Strahlung aus.
Keine Strahlung sendet ein ruhendes schwarzes Loch in einer Nachbargalaxie aus. Dessen Entdeckung wird in diesem Artikel beschrieben.
Manche schwarze Löcher sind auch rabiat – so beschreibt dieser Artikel den Effekt, dass ein schwarzes Loch eine Sonne aus unserer Milchstraße herausgeworfen hat.
Schwarze Löcher können sehr interessante Objekte sein. In obigem Tweet (auf das Foto klicken, um die Animation zu sehen) werden verschiedene Sterne gezeigt, die um ein schwarzes Loch Sagittarius A im Zentrum der Milchstraße kreisen. Und in diesem Artikel aus dem Jahr 2020 wird ein super masserreiches Schwarzes Loch beschrieben, um das sechs Galaxien im jungen Universum kreisen.
Und dieser Artikel befasst sich mit der sehr seltenen Verschmelzung von Schwarzen Löchern. Diese werden durch Gravitationswellendetektoren nachgewiesen. In der englischen Wikipedia findet sich dieser Artikel zu binären Schwarzen Löchern, die sich umkreisen. Das Ganze lässt sich als mathematische Simulation in einem Video ansehen.
Und im Sommer 2022 konnten Astronomen berichten, dass man das erste wandernde Schwarze Loch entdeckt habe. Der Artikel findet sich auf scienexx.
Im Juni 2022 ist mir nachfolgender Tweet untergekommen. Das Bild in diesem Tweet zeigt die sogenannte Bernard-68-Leere mit einem Durchmesser von 330 Millionen Lichtjahren (oder 0,27 % des beobachtbaren Universums). In diesem puren Nichts (eigentlich eine dunkle Gaswolke) befinden sich insgesamt nur 60 Galaxien.
Also kein schwarzes Loch, aber ein schwarzes Nichts.
Anzeige