Long Covid Awareness Day: Es gibt Behandlungen

Gesundheit (Pexels, frei verwendbar)Mit dem Long Covid Awareness Day soll das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit auf die Erkankung mit Long Covid gelenkt werden. Der Meinung "da kann man nichts machen" versucht der österreichische Neurologe Michael Stingl mit konkreten Behandlungsmöglichkeiten entgegen zu treten. In einem Interview und auf seiner Webseite gibt er konkrete Hinweise.


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Die Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung, allgemein als Long-Covid bezeichnet, sind für die Betroffenen oft gravierend. An COVID-19 Erkrankte leiden auch nach ihrer Entlassung aus Kliniken an den Folgen dieser Krankheit. Der Begriff „Long COVID" fasst eine Sammlung an Symptomen zusammen.

Ärzte tun sich oft schwer, Patienten mit Long Covid zu behandeln. Es heißt viel zu oft, dass kaum etwas über die Ursachen bekannt sei – und Laborergebnisse oder Untersuchungsmethoden geben oft auch keine Aufschlüsse über die Erkrankung.

Es gibt Therapiemöglichkeiten

Dr, Michael Stingl, Facharzt für Neurologie, hat auf seiner Webseite einige Informationen zu Long Covid zusammen gestellt. Und der Arzt plädiert dafür, statt abzuwarten vorhandene Medikamente sowie Therapien anzuwenden, um den Patienten zu helfen. Das bedeutet, so schreibt er auf seiner Seite, dass die Therapien – auch mit Physiotherapeuten so anzupassen sind, dass sich der Zustand der Patienten nicht verschlechtert (was passieren kann).

Er schreibt von Pacing, eine Aktivitätsmanagementtechnik zur Bewältigung eines langfristigen Gesundheitszustands oder einer Behinderung, die darauf abzielt, die Möglichkeiten einer Person zu maximieren und gleichzeitig alle Symptome zu reduzieren oder zumindest zu kontrollieren, die die Aktivität einschränken.

Der Arzt schreibt, dass es nach seiner Erfahrung mit korrektem Pacing, unterstützt von medikamentöser Therapie, oft zu einer Stabilisierung und dann langsamen Besserung komme. Natürlich dauere die vollständige Genesung von Long Covid oft mehrere Wochen bis Monate. Der Arzt hat MIT Technology Review ein Interview rund um das Thema mit Behandlungsmethoden gegeben. Ich bin über diesen Beitrag auf das Thema aufmerksam geworden. Vielleicht für Betroffene von Interesse.

Eigene Erfahrungen

Ich habe selbst zwar kein Long Covid, kenne aber die Probleme neurologischer Erkrankungen nach einer Rückenmarksverletzung mit inkompletter Querschnittssymptomatik und kann das Problem von Long Covid-Patienten nachvollziehen. Im ersten Jahr nach dem Unfall war es extrem schwierig, den schmalen Grad zwischen Unterforderung und Überforderung, der sich zudem täglich änderte, zu finden. Eine Unterforderung verschlechterte den Zustand, aber selbst eine leichte Überforderung mit Physiotherapie oder Bewegung über meine Grenze schickte mich in tagelange Spasmen und Nervenschmerzen.

Mir sind mehrere Überforderungsbeispiele in Erinnerung geblieben. Eines war eine Physiotherapiesitzung nach Voiter für Erwachsene – ich hatte während eines 4 wöchigen Klinitaufenthalts gute Erfahrungen mit einem Therapeuten gemacht, der Spasmen lösen und Reflexe reaktivieren konnte. Fünf Monate nach dem Unfall hatte ich bisher immer nur 20 Minuten Netto-Therapiezeit pro Woche in den Sitzungen mit einer Physiotherapeutin absolviert. Als sie fragte, ob wir mal eine Stunde Sitzung machen könnten, sie habe jemanden zum Hospitieren, willigte ich ein – "doppelt genäht, hält besser".


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Man braucht ja nur zu liegen und a" bisserl mitmachen" – den Rest leistet der Therapeut. Schon nach der Therapie, beim Warten auf meine Frau, die mich abholte, merkte ich, dass ich kaputter als sonst war. 10 Minuten später, zu Hause angekommen, konnte ich mich gerade noch aus dem Auto und die Treppen hoch ins Schlafzimmer quälen. Danach lag ich mit tierischen Spasmen und Nervenschmerzen eine Woche im Bett. Mein zweiter Physiotherapeut, der mich mit nach PNF therapiert, meinte nur "typische Überlastung". Nach 3 Wochen hatte er den "Rückfall" wieder abgebaut.

Sechs Wochen später, ich war damals schon in der Lage, mit Messer und Gabel zu essen, eine Tasse mit einer Hand zum Mund zu führen, oder die Arme über den Kopf zu heben, um beispielsweise selbst die Haare zu waschen, wollte ich es "mal wieder wissen" (Hergott Sakrament, das muss doch Fortschritte geben, hau mal richtig den Lukas).

Zwei 2 Kg Kurzhandeln geschnappt und 10 Bizeps-Übungen absolviert. Das ging und ich war "stolz wie Oskar" – der Gedanke "gib den Muskeln Schmackes, dann wird es schon" schoss durch meinen Kopf. Hanteln weg gelegt, um um die Ecke des Wohnzimmers in die Küche zum Frühstück zu gehen. Ich war noch keine drei Meter gekommen, als mich tierische Spasmen und Nervenschmerzen in den Armen für drei Tage ins Bett zwangen. Mein PFN-Therapeut meinte "müssen Sie ausprobieren, wenn es zu viel wird, schlägt der Körper zurück".

Sechs Wochen später habe ich es wieder mit den Hanteln probiert, auch eine Stunde später noch keine Muskelspasmen oder Nervenschmerzen. "Hurra, Du hast es geschaftt, ab jetzt täglich drei Sessions mit den Hanteln" – anderntags lag ich mit tierischen Spasmen und Nervenschmerzen für 3 Tage im Bett.

Da hätte mich ein begleitendes Pacing deutlich besser aufgestellt. Aber intuitiv habe ich dann doch noch die Kurve gekriegt und unbewusstes Pacing betrieben. Hab mit dann nämlich zwei leere 1/2 Liter Plastik-Wasserflaschen  geschnappt, diese schrittweise mit 125 g, 250 g, 375 g und 500 Wasser gefüllt. Mit diesen Ersatzhanteln habe ich dann jeweils mit einem Gewicht für ca. 2-3 Wochen trainiert. Ging das gut und ohne Spasmen sowie Nervenschmerzen ab, kam die nächste Gewichtsstufe dran. So konnte ich die Fitness langsam steigern, dann auf  1 Liter Wasserflaschen umsteigen und diese schrittweise mit Wasser als Ersatzhanteln verwenden. Nach einem Jahr gingen die 2 kg Kurzhanteln auch. Als normaler Mensch kann man sich so etwas nicht vorstellen – aber ich kann aus diesen Erfahrungen den Pacing-Ansatz gut nachvollziehen.

Jetzt nach 8 Jahren hat sich vieles gebessert und ich komme normalerweise vom körperlichen Leistungsvermögen – auch bei einer Stunde Sport oder 1 – 2 Std. Nordic Walking – nicht mehr in die Überforderung, die tagelang Spasmen und Nervenschmerzen auslöst.

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