Krebs wird ja vielfach als "moderne Krankheit" angesehen, die erst in den letzten 100 Jahren zuschlägt. Aber es sind Krebserkrankungen bei Menschen, die in der Steinzeit lebten, nachgewiesen. In Ägypten hat man möglicherweise vor 4000 Jahren bereits versucht, Krebsgewebe chirurgisch zu entfernen. Dies schließen Archäologen aus zwei gefundenen Schädeln mit entsprechenden Spuren.
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Krebs, eine moderne Krankheit?
Krebs wird in der modernen Medizin als eine genetische Krankheit definiert, die ein breites Spektrum von Zuständen umfasst, bei denen Zellen beginnen, sich unkontrolliert im ganzen Körper zu vermehren (National Cancer Institute, USA).
Es handelt sich also eher um einen komplexen Sachverhalt als um eine einzelne Krankheit, was der Name vielleicht suggeriert. Das erschwert auch die Erkennung und Behandlung diverse Krebsarten bis heute – auch wenn die moderne Medizin in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat.
Auch in der historischen Vergangenheit wurden Krebserkrankungen (Neoplasmen) bis zu einem gewissen Grad erkannt. Auch sind bösartige Krebserkrankungen in den altägyptischen paläopathologischen Aufzeichnungen nachgewiesen. Dies trägt zur heutigen Auffassung bei, dass Krebs auch in historischen Zeiträumen viel weiter verbreitet war als bisher angenommen.
Angesichts der anatomischen und physiologischen Kenntnisse, die die alten Ägypter durch medizinische und mumifizierende Praktiken erlangten, scheint es naheliegend, dass es zur Zeit der Pharaonen bereits therapeutischen Versuche im Zusammenhang mit Krebserkrankungen samt chirurgischer Behandlung gegeben haben dürfte.
Hochentwickeltes Wissen im alten Ägypten
Das Ägypten der Pharaonen ist für sein medizinisches Wissen und seine Behandlungsmethoden sowohl aus bioarchäologischen als auch aus historischen schriftlichen Quellen [z. B. Edwin Smith Papyrus (1.700-1.600 v. Chr.); Kahun Papyri (1.850-1.700 v. Chr.) oder Ebers Papyri u. a.] bekannt.
Aus den erhaltenen Papyri und Hieroglyphen geht beispielsweise hervor, dass die altägyptische Medizin fortschrittlich genug war, um bestimmte Krankheiten und traumatische Verletzungen, einschließlich Knochentraumata, zu beschreiben, zu klassifizieren und erfolgreich zu behandeln.
Darüber hinaus bietet die Untersuchung menschlicher Überreste aus der altägyptischen Zivilisation ein einzigartiges Möglichkeit, die Entwicklung der medizinischen und gesundheitlichen Praktiken in der Vergangenheit zu erforschen.
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Antike paläopathologische Belege für solche Fortschritte finden sich in Fällen von Trepanationen, Prothesen, Zahnfüllungen und verheilten Frakturen als Beispiele für mögliche Therapien und Operationen, die auch in den historischen Quellen beschrieben werden.
Schädel mit Krebsoperationen
Es ist eine interessante Erkenntnis, die im Mai 2024 in der Fachzeitschrift Frontiers in Medicine beschrieben wurde. In der Duckworth Collection (Universität Cambridge) wurde zwei altägyptische Schädel aufbewahrt, die bösartige neoplastische und traumatische Läsionen (Schädigungen) aufweisen.
Beide Schädel wurden mit Mikro-CT-Scanning und mikroskopischer Knochenoberflächenanalyse im Hinblick auf diese Läsionen untersucht. Die Ergebnisse deuten in beiden Fällen auf neoplastische Läsionen und in einem Fall auf ein geheiltes schweres Schädeltrauma hin.
Das lässt auf eine erfolgreiche traumatologische Therapie schließen. Interessanterweise wurden bei der Analyse in einem der Schädel perimortale Schnittwunden festgestellt, die mit metastatischen lytischen Läsionen in Verbindung gebracht wurden. Klingt fachchinesisch, ist aber Mediziner-Sprech. Die Schnittspuren deuten auf einen möglichen chirurgischen Behandlungsversuch oder eine postmortale (nach dem Tod des Patienten vorgenommene) medizinische Untersuchung hin.
Die Autoren des oben erwähnten Artikels argumentieren, dass die beiden Fälle aus dem alten Ägypten eine paläopathologische Diskussion über das onkologische und traumatologische Verständnis und den Umgang mit solchen Erkrankungen in der Vergangenheit ermöglichen. Die Konfrontation zweier möglicher Behandlungsmethoden bei zwei verschiedenen Arten von Läsionen stellt eine klare Grenze in der altägyptischen medizinischen Versorgung und einen Meilenstein in der Geschichte der Medizin dar, schreiben die Autoren.
Die Details lassen sich in Frontiers in Medicine (Englisch) nachlesen. Bei Interesse: scienexx.de hat diesen Sachverhalt Ende Mai 2024 in diesem Beitrag aufbereitet. Dort finden sich auch Fotos der untersuchten Schädel. Auch der EuroNews-Beitrag hier, ein Beitrag der Tagesschau, der Beitrag des SWR und dieser T-Online-Artikel halten weitere Details und Fotos bereit.
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