Seereisen in der Steinzeit vor 8.500 Jahren nach Malta

Neue Forschungen zeigen, dass die Jäger und Sammler der Steinzeit bereits vor 8.500 Jahren in der Lage waren, über das Mittelmeer bis zur Insel Malta zu gelangen. Das sind 1.000 Jahre früher, als erste Bauern aufkamen.


Anzeige

Landläufig herrscht ja die Meinung, dass die Menschen, die in der Steinzeit lebten, nur über begrenzte Fähigkeiten verfügten. Kleine, abgelegene Inseln galten lange als die letzten Orte unberührter Natur. Bisher ging man davon aus, dass es dem Menschen vor der Einführung der Landwirtschaft und der technischen Errungenschaften die damit einhergingen, nicht möglich war, diese Ökosysteme zu erreichen oder zu bewohnen.

Andererseits hatte ich bereits 2018 den Beitrag Fuhren die Neandertaler bereits zur See? im Blog, der ein neues Licht auf die Fähigkeiten der Neandertaler werfen. Der moderne Mensch sollte diese Fähigkeiten ebenfalls haben. Daher war ich nicht wirklich überrascht, als vor einigen Wochen die Meldung kam, dass bereits vor 8.500 Jahren Menschen der Steinzeit die Mittelmeer-Insel Malta erreichten.

Seereisen nach Malta in der Steinzeit
Jäger und Sammler vor 8.500 Jahren auf dem Weg nach Malta; Quelle: Daniel Clarke MPI-GEA

In einer Meldung von Anfang April 2025 informierte das Max-Plank-Institut für Geoantropologie, dass Menschen bereits früher als bisher bekannt, die Mittelmeer-Insel Malta erreichten. Eine ähnliche Meldung gab es von der Universität von Köln, die an dem Forschungsvorhaben beteiligt war.

Seefahrt früher als gedacht

Bereits vor 8.500 Jahren sind ist es Sammlern und Jägern gelungen, übers Meer nach Malta gefahren. Dazu mussten sie in Einbäumen mindestens 100 Kilometer über das Meer zurückzulegen. Das sind gut 1.000 Jahre vor dem Aufkommen erster bäuerlicher Kulturen. Damit handelt es sich um den ältesten, echten Nachweis von Seefahrern im Mittelmeer – noch vor der Entwicklung von Segeln.

"Die Seeleute waren auf die Oberflächenströmungen und Winde angewiesen, zur Navigation dienten Landmarken, die Sterne und andere Praktiken. Eine Überquerung von 100 Kilometern mit einer Geschwindigkeit von 4km/h ist daher plausibel. Doch selbst an den längsten Tagen, mussten die frühen Seefahrer mehrere Stunden bei völliger Dunkelheit auf hoher See verbringen," erklärt Prof. Nicholas Vella von der Universität Malta und Co-Investigator der Studie.

Höhlenstätte auf MaltaHöhlenstätte Latnija, im Norden von Malta, Quelle: © Huw Groucutt


Anzeige

Die Entdeckungen gelangten einem wissenschaftlichen Konsortium unter der Leitung von Prof. Eleanor Scerri vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie (MPI-GEA) und der Universität Malta. In der Höhlenstätte Latnija, im Norden von Malta, fanden die Forschenden Steinwerkzeuge, Feuerstellen und gekochte Essensreste – eindeutige Hinweise für eine menschliche Nutzung der Höhle.

"Wir fanden etliche Belege für eine Vielzahl von Wildtieren, u.a. auch Rotwild, von denen man lange annahm, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits ausgestorben war", so Prof. Scerri. "Neben diesen Tieren jagten und kochten die Menschen Schildkröten sowie Vögel, mit einigen besonders großen, aber mittlerweile ausgestorbene Arten.

Zusätzlich fanden die Forschenden eindeutige Hinweise für die Nutzung mariner Ressourcen. "Wir fanden die Überreste von Robben, Fischen, darunter Zackenbarsche, und tausende essbare Schnecken, Krabben sowie Seeigel, allesamt gekocht", fügt Dr. James Blinkhorn, der korrespondierende Autor der Studie von der Universität Liverpool und dem MPI-GEA hinzu.

Die Funde werfen zudem weitere Fragen über das Aussterben der auf Malta und anderen kleineren Inseln einheimischen Tierarten sowie über eine mögliche Verbindung zwischen den mesolithischen Gruppen über den Seeweg auf.

"Mit diesen Erkenntnissen kann die Vorgeschichte Maltas um Tausend Jahre erweitert werden. Gleichzeitig motivieren sie uns zu einer Neuüberlegung über das seefahrerische Können der letzten europäischen Jäger und Sammler und ihren Einfluss auf frühe Ökosysteme", so Prof. Scerri.

Das Forschungsprojekt wurde durch Maltas Superintendent für Kulturerbe unterstützt und durch den European Research Council sowie den Research Excellence Award der Universität Malta finanziert. Spiegel Online hat diesen Artikel zu den neuen Erkenntnissen publiziert.


Anzeige

Dieser Beitrag wurde unter Wissenschaft abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Seereisen in der Steinzeit vor 8.500 Jahren nach Malta

  1. Yossarian sagt:

    Spannendes Thema!
    Dominique Görlitz mit seinen Abora Expeditionen ist ja schon länger an dem Thema der frühen Seefahrt (interkontinental) dran und hat dazu auch interessante Aspekte beigetragen (und trägt auch heute noch bei):
    https://de.wikipedia.org/wiki/Abora_(Expeditionen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert