Das Landgericht Tübingen hat mit Urteil (Az. 4 O 220/17) vom 29. Juni 2018 entschieden, dass Negativzinsen in einem Riester-Sparplan rechtmäßig sind. Damit wurde eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Kreissparkasse Tübingen abgewiesen.
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Das Urteil und die Hintergründe
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mahnte die Kreissparkasse Tübingen im August 2017 ab. Gegenstand war der von mehreren Sparkassen in Deutschland und u.a. auch von der Kreissparkasse Tübingen angebotene Riester-Banksparplan „VorsorgePlus". Hintergrund war, dass das Produkt zum Zeitpunkt der Abmahnung einen Grundzins von minus 0,5 Prozent aufwies. Der negative Zins entstand durch die Verrechnung des zugesagten positiven Staffelzins mit dem aktuell negativen variablen Zins.
Die Verbraucherzentrale hielt dies für rechtswidrig. Bei laufenden Sparverträgen dürfe die variable Verzinsung nicht ins Negative abrutschen. Vor dem Landgericht Tübingen wurde dieser Fall nun verhandelt und die Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Kreissparkasse Tübingen mit Urteil (Az. 4 O 220/17) vom 29. Juni 2018 abgewiesen.
Die Richter begründeten die Entscheidung damit, dass aus der Summe von positivem Bonuszins und negativem Grundzins immer noch ein kleines Plus für den Verbraucher bliebe. Folglich muss der Riester-Sparer bei diesem Sparplan nicht draufzahlen. Die Richter sehen es zudem so, dass sich der Kunde über die aktuelle Verzinsung immer informieren könne. Dadurch komme es auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers wegen mangelnder Transparenz.
(Quelle: Pexels CC0 Lizenz)
Für die 16 Millionen Riester-Sparer ist dieses Urteil natürlich enttäuschend. „Ob noch von einer sinnvollen Altersvorsorge gesprochen werden kann, wenn unterm Strich nur noch ein leichtes Plus für den Sparer übrigbleibt, ist allerdings eine ganz andere Frage", schreibt Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei AJT in Neuss, in diesem Artikel, der weitere Informationen zum Urteil enthält.
Riester-Vertrag, die Lizenz zum Zahlen
Die Riester-Rente wurde ja im Rahmen des Altersvermögensgesetzes 2002 eingeführt. Ziel der Politik war es, durch staatliche Zulagen und Sonderausgabenabzug eine privat finanzierte Altersvorsorge zu fördern. Die Notwendigkeit wurde gesehen, weil durch die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung das Nettorentenniveau von 70% auf 67% abgesenkt worden war.
Allerdings hatte ich seinerzeit meine Zweifel, ob da nicht eine gigantische Geldvernichtungsmaschine von der Politik angeworfen worden war. Ich erinnere mich, einen bereits unterschriebenen Riester-Vertrag in der Bank vor den Augen der Sparkassenmitarbeiterin zerrissen zu haben. Der Hintergrund: Natürlich wollte ich, angeregt durch die allgemeine Berichterstattung, für mein Alter vorsorgen.
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Ich hatte mir also ein Formular für einen Riester-Sparvertrag bei der örtlichen Sparkasse besorgt. Zuhause habe ich mir das Kleingedruckte durchgelesen, und war auf die diversen Klauseln und Gebühren gestoßen. Nach einer überschlägigen Rechnung erschien es mir, dass dieser Riester-Vertrag eine 'Lizenz zum Zahlen' gewesen wäre. Außer meinen Einzahlungen hätte ich im Zweifelsfall (damals gab es ja noch mehrere Prozent Zinsen) nichts mehr zurück bekommen – und das hätte ich noch versteuern dürfen. Das kam mir so unwahrscheinlich vor, dass man die Leute so über den Tisch zieht, dass ich an einen Fehler meinerseits glaubte.
Den Vertrag hatte ich zwar vorsorglich unterschrieben, habe den aber nicht bei der Sparkassenmitarbeiterin abgegeben, sondern um eine Erläuterung des Sachverhalts gebeten. Da diese Erklärung nicht geliefert werden konnte, habe ich den Vertrag zerrissen.
Und noch etwas ist mir in Erinnerung geblieben: Beim ZDF gab es seinerzeit massive Werbung von 'Experten' für die Riester-Verträge. In einem Chat habe ich versucht, meine Frage nach den Kosten zu stellen. Auffällig war, dass diese Frage (mehrmals) kurz nach dem Posten aus dem Chatverlauf gelöscht wurde – es war wohl keine kritische Nachfrage erwünscht. Erst einige Jahre später kamen plötzlich die ersten kritischen Fragen auf und die ZDF-Experten gerierten sich plötzlich als Warner vor Riester-Verträgen, weil die Kosten aus dem Ruder laufen würden. Und so langsam wird das dicke Ende nun erkennbar.
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