Alkoholabhängigkeit ist ein Problem, auch bei älteren Menschen. Ein neues Cochrane-Review zeigt jetzt, dass „Anonyme Alkoholiker" helfen, eine Alkoholabhängigkeit zu überwinden.
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In Zeiten der Coronavirus-Pandemie ist eine Alkoholabhängigkeit scheinbar ein 'nachrangiges Problem' – aber das Problem ist ja da und geht nicht weg. Für Menschen mit einer Alkoholabhängigkeit gibt es jetzt neue Erkenntnisse.
Alkoholabhängigkeit ein weltweites Problem
Alkoholabhängigkeit ist ein weltweit stark verbreitetes Problem, das für erhebliches Leid bei Betroffenen und ihrem persönlichen Umfeld sorgt. Aber diese Abhängigkeit ist auch für enorme gesellschaftliche Folgekosten verantwortlich.
(Quelle: Pexels / Kaboompics.com CC0 Lizenz)
Selbsthilfekonzept der Anonymen Alkoholiker
Das in zwölf Schritte gegliederte Selbsthilfekonzept der "Anonymen Alkoholiker" (oder kurz AA) ist ein seit Jahrzehnten verbreiteter Ansatz zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit. Es wird aber immer wieder darüber diskutiert, wie wirksam AA und damit zusammenhängende Zwölf-Schritte-Förderprogramme (Twelve-Steps Facilitation oder TSF), die die Teilnahme an AA erhöhen sollen, wirklich sind.
AA sind von anderen Betroffenen geführte Gruppen zur gegenseitigen Hilfe. Zwölf-Schritte-Förderprogramme dagegen übernehmen einige der Prinzipien und Techniken von AA, werden aber von Klinikpersonal angeleitet. Sie zielen vor allem darauf ab, Betroffene während des körperlichen Entzugs und dauerhaft danach zur Teilnahme an AA-Sitzungen zu ermutigen.
Einige dieser Programme folgen einem Handbuch, das dazu beitragen soll, dass die Behandlung unabhängig von Zeit und Ort vergleichbar verläuft.
Cochrane-Review zur Wirkung des AA-Programms
Dieser Cochrane-Review befasst sich mit der Wirkung von AA und TSF-Programmen auf die lang-fristige Abstinenz, auf die Verringerung des Alkoholkonsums und auf die negativen Folgen von Alkoholmissbrauch, etwa auf die körperliche Gesundheit oder auf familiäre und berufliche Probleme. Die Autoren des Berichts untersuchten zudem, ob AA und TSF-Programme die Kosten der Gesundheitsversorgung im Vergleich zu anderen Behandlungen senken.
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Ein vorhergehendes, 2006 veröffentlichtes Cochrane-Review, basierte auf nur acht damals verfügbaren Studien mit insgesamt knapp 3500 Teilnehmern. Die Quantität und Qualität der Forschung hat sich seither deutlich erhöht. In einem aktualisierten Cochrane-Review sind nun 27 Studien mit mehr als 10.000 Teilnehmern enthalten. Die in diesem Update enthaltenen Studien untersuchten eine Reihe von Programmen, die sich in ihrem Ansatz und ihrer Intensität unterschieden. Diese wurden mit anderen Behandlungsansätzen gegen Alkoholmissbrauch wie einer Kognitiven Verhaltenstherapie (CBT) verglichen.
Das AA-Programm wirkt
Die Autoren fanden Evidenz von hoher Vertrauenswürdigkeit (nach GRADE-Schema, s.u.) dafür, dass klinische, mit Hilfe eines Handbuchs durchgeführte Zwölf-Schritte-Förderprogramme, die auf eine erhöhte Teilnahme an AA abzielen, im Vergleich zu anderen aktiven Behandlungsansätzen wie der kognitiven Verhaltenstherapie zu höheren Raten kontinuierlicher Abstinenz über Monate und Jahre hinweg führen können. Die Evidenz legt nahe, dass 42 % der Teilnehmer an AA ein Jahr später vollständig abstinent blieben, verglichen mit 35 % der Teilnehmer, die andere Behandlungen einschließlich kognitiver Verhaltenstherapie erhielten. Dieser Effekt wurde vor allem dadurch erreicht, dass TSF-Programme die Teilnahme an AA dauerhaft (also auch über das Ende des Förderprogramms hinaus) fördern.
Bezogen auf die Verringerung des Alkoholkonsum, der negativen alkoholbedingten Folgen und des Schweregrades der Abhängigkeit schnitten Programme auf Basis der Anonymen Alkoholiker (AA) ähnlich gut ab, wie die anderen Behandlungsansätze (geringe bis moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz nach GRADE).
Koautor Dr. John Kelly, Elizabeth R. Spallin-Professor für Psychiatrie an der Harvard Medical School und Direktor des Massachusetts General Hospital Recovery Research Institute, kommentiert die Ergebnisse des Reviews so:
Alkoholabhängigkeit ist für den Einzelnen und seine Familie beängstigend und stellt weltweit ein bedeutendes und kostspieliges Problem für die öffentliche Gesundheit dar. Die Anonymen Alkoholiker sind eine bekannte, kostenlose Gemeinschaft zur gegenseitigen Hilfe, die unseren Ergebnissen zufolge Betroffene wirklich bei der Genesung und der Verbesserung ihrer Lebensqualität unterstützt.
Eine weitere wichtige Erkenntnis aus diesem Cochrane Review ist, dass es durchaus einen Unterschied macht, welche Art von Zwölf-Schritte-Förderprogrammen die Menschen erhalten: Besser organisierte und gut formulierte klinische Behandlungen haben das beste Ergebnis. Mit anderen Worten, es ist wichtig, dass klinische Programme und Ärzte auf eines der bewährten handbuchgestützten Programme zurückgreifen, um den Nutzen der Teilnahme an AA für ihre Patienten zu maximieren.
Im Hinblick auf die Gesundheitskosten dürfte es die politischen Entscheidungsträger interessieren, dass vier der fünf von uns identifizierten relevanten Studien erhebliche Kosteneinsparungen für AA und damit verbundene klinische TSF-Programme zur Erhöhung der Teilnahme von AA zeigten. Das deutet darauf hin, dass diese Programme die Kosten für Gesundheitssysteme erheblich senken könnten.
Anmerkung zum GRADE-Schema: GRADE ist ein international anerkanntes System zur Bewertung der Vertrauenswürdigkeit (manchmal auch als Qualität bezeichnet) von Evidenz aus systematischen Übersichtsarbeiten. Es kennt vier Stufen der Vertrauenswürdigkeit: Sehr niedrig, niedrig, moderat und hoch.
Weitere Informationen: www.gradeworkinggroup.org
Originalpublikation: Cochrane Database of Systematic Reviews: Kelly JF, Humphreys K, Ferri M. Alcoholics Anonymous and other 12-step programs for alcohol use disorder. Cochrane Database of Systematic Re-views 2020, Issue 3. Art. No.: CD012880. https://doi.org/10.1002/14651858.CD012880.pub2
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