Tokyo: Omoide Yokocho-Straße

Kürzlich bin ich auf Twitter auf ein Video gestoßen, welches die Gasse Omoide Yokocho im Stadtteil Shinjuku, Tokyo (Japan) zeigt. Sofort kamen 43 Jahre alte Erinnerungen von meinen eigenen Japan-Aufenthalten auf.


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Hier ein solcher Tweet – einfach auf das Foto klicken, um das Video auf Twitter abspielen zu können.

Tokyo: Omoide Yokocho-Straße

Das Video zeigt eine Vergnügungsgasse in Japan, mit den typische japanischen Restaurants, wo die Japaner nach Feierabend, aber bevorzugt mit Kollegen, zum Feiern (trinken und etwas essen) hin gehen. Nachfolgendes Video zeigt einen längeren Ausschnitt aus einem solche Viertel – einfach auf das Foto klicken, um das Video auf YouTube anzusehen. Weitere Videos gibt es hier.

Tokyo: Omoide Yokocho-Straße(Quelle: YouTube)

Das Viertel, wo die Szenen gefilmt wurden, liegt in Tokyo und nennt sich Shinjuku. Ich war während dreier Arbeitsaufenthalte in den Jahren 1989/1990 mehrfach in diesem Stadtteil – habe aber keine Erinnerung, ob ich auch durch die Omoide Yokocho gelaufen bin.

Aber es war jedes Mal ein Erlebnis für mich, in diese "fremde, bekannte Welt" in Japan einzutauchen. Zum Hintergrund und zu "fremde bekannte Welt": Ich wohnte und  arbeitete während meiner kurzen Arbeitsaufenthalte im Städtchen Kawagoe, ca. 100 km nord-westlich von Tokyo. Das war tiefste japanische Provinz, wo kaum jemand (außer den Kollegen) Englisch sprach und alles auf japanisch beschriftet war. In Tokyo waren Bahnstationen und auch Straßen oft mit lateinischen Buchstaben beschriftet, so dass ich diese lesen konnte. Und Werbung für Audi, BMW oder westliche Kosmetika (z.B. auf der Ginza in Tokyo) hatte etwas "bekanntes" für mich.

An Wochenenden habe ich die Gelegenheit genutzt und bin ich durch Japan gereist (ich bin sogar bis nach Osaka, Kyoto und Nara gekommen). Zu Beginn meiner Aufenthalte habe auch mehrfach eine Fahrkarte gelöst, um nach Tokyo zu fahren.


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Die Zuglinie verlief zwischen dem Bahnhof Hon Kawagoe nach Shinjuku (in Tokyo). Ich war also nach mehreren Metern direkt in den "Vergnügungsvierteln" dieses Stadtteils, wo ich staunend die Neonreklame, die Spielhallen und Geschäfte bestaunte. Oft habe ich mich auch nur in die Fußgängerzone zum "Leute gucken" gesetzt.

Denn in Kawagoe lebte ich damals in der tiefsten Provinz, wo ich außer den deutschen Managern meines Arbeitgebers, die ich gelegentlich im Projekt traf, nur mit Japanern zu tun hatte. Alles war zudem ausschließlich in japanisch beschriftet und ich lebte in einem traditionellen japanischen Hotel.

Im Stadteil Shinjuku gab es zumindest die Chance, mal ein Gesicht eines Nicht-Japaners in der Menge auszumachen. Ich erinnere mich an eine Begegnung, als ich durch Shinjuku lief, und mir ein Mensch aus Schwarz-Afrika entgegen kam. Ich war schon 10 Meter vorbei, als ich mich aus einem Impuls heraus umdrehte, um ein nicht asiatisches Gesicht zu sehen. Im gleichen Augenblick drehte sich dieser Mensch ebenfalls um, er hatte den gleichen Impuls verspürt – die Ferne treibt schon seltsame Blüten.

In Shinjuku war ich aber nie spät nachts, denn die Fahrt nach Kawago dauerte eine dicke Stunde und ich war zu Beginn nie so sicher, wo ich ein- und aussteigen musste – alles war ausschließlich in japanischen Schriftzeichen beschriftet (siehe Meine erste Solo-Bahnfahrt). Hat aber immer geklappt – ich habe mich nur einmal in Kyoto, auf der Fahrt nach Nara, ziemlich verfranst. Bin dann nachts im Nirgendwo gestrandet, aber es gab eine wundervolle, gleichzeitig aber verwunderliche Auflösung und ich kam gegen 24:00 Uhr doch noch in meinem Hotel in Nara an (siehe Lost in Pampa – ‚Ich helfe Ihnen').

Aber die Straßen mit den typischen japanischen Restaurants und den Nudel-Küchen, in denen man Soba-Suppe mit Brühe bekommt, gab es auch in Kawagoe. Dort bin ich schon mal gegen 22:00 Uhr, wenn ich hungrig von der Arbeit auf dem Weg ins Hotel war, in eine solche Küche reingesprungen, um eine Soba-Suppe zu bestellen. Vergesse ich nie, wie die Bediensteten in weißen Gummistiefeln vor großen Bottichen mit der kochenden Suppe herumsprangen, um die Gäste zu bedienen.

Ein Gutes hatte die Sache: Nudelsuppe lässt sich hervorragend mit Essstäbchen konsumieren. Man schaufelt die Nudeln mit den Stäbchen in den Mund und trinkt die Brühe aus der Schüssel, in der alles serviert wurde. Diese und viele andere Eindrücke waren beim Betrachten der obigen Videos sofort wieder da.

Es waren zwar nur jeweils kurze Arbeitsaufenthalte, bei denen ich ein Computersystem in einer Produktions- und Forschungsanlage mit von mir entwickelter Software einführte. Aber das Ganze war extrem intensiv, da ich mich (ohne Sprach- und Schriftkenntnisse) auf die japanische Provinz einließ. Führte zu unfreiwillig komischen Erlebnissen und Erfahrungen, die mich aber auch ein Stück geprägt haben. Sobald ich im Fernsehen das typische Bimmeln japanischer Eisenbahnen an Schranken höre, bin ich mental schlagartig wieder in Japan, auch über 40 Jahre danach. Ich habe diese (Reise-)Erlebnisse ab 2010 in meinem Japan-Blog Gaijin-san (外人 さん) veröffentlicht – und habe gestaunt, wie viele Episoden mir im Gedächtnis hängen geblieben sind.


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