Das Bild der Jäger und Sammler, die in der Steinzeit in Hütten oder Höhlen hausten, stimmt wohl nicht so ganz. Forschungen an archäologischen Stätten in Sibirien zeigen, dass Jäger bereits vor 8.000 Jahren befestigte Siedlungen und Festungen bauten.
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Vor 8000 Jahren besiedelten Jäger- und Sammlervölker die sibirische Taiga. Archäologen haben nun in der Fundstädte Amnya in Westsibirien neue Erkenntnisse gewonnen. Glaubte man bisher, dass die Entstehung von sozialer und politischer "Komplexität" traditionell mit dem Aufkommen von Agrargesellschaften zusammen hing, muss diese Vorstellung überdacht werden.
Denn bei der Bewertung der Fundstädte Amnya stießen die Ausgräber auf eine befestigten Stätte. Jäger und Sammler errichteten dort bereits vor 8000 Jahren befestigte Siedlungen, viele Jahrhunderte bevor vergleichbare Anlagen in Europa auftauchten.
Luftaufnahme des Flusses Amnya und des Vorgebirges; unten: Übersichtsplan von Amnya I und II, der die Lage der Ausgrabungsgräben und die im Oberflächenrelief sichtbaren Merkmale zeigt (Illustration von N. Golovanov, S. Krubeck & S. Juncker).
Haussiedlungen mit Einfriedungen, die aus Bänken, Gräben und/oder Palisaden bestehen, lassen sich auf Vorgebirgen und anderen topografischen Erhebungen in der westsibirischen Tiefebene ab dem Ende des siebten Jahrtausends v. Chr. nachweisen.
Der Bau von Befestigungen durch Jäger- und Sammlergruppen wurde seit der jüngeren Vorgeschichte sporadisch in verschiedenen Regionen der Welt – vor allem an der Küste – beobachtet.
Diese komplexen Siedlungen in Westsibirien sind Teil eines breiteren Spektrums sozioökonomischer und technologischer Innovationen und Transformationen in Westsibirien. Sie markieren laut den Archäologen somit eine Phase beschleunigten sozialen Wandels, die nur teilweise verstanden ist.
Dieses Phänomen, das internationalen Forschern weitgehend unbekannt ist, kann zu einer kritischen Neubewertung der Annahme, dass befestigte Siedlungen erst durch Ackerbauern in Mode kamen, führen.
Eine Veröffentlichung der Forscher ist hier in Englisch abrufbar. Ein deutschsprachiger Artikel zu den neuen Forschungsergebnissen findet sich bei Spiegel Online.
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