Die eingewanderte tropische Hyalomma-Zecke scheint jetzt erstmals in Deutschland eingewandert und heimisch geworden zu sein. Die Universität Hohenheim in Stuttgart bittet die Bevölkerung erstmals um Mithilfe, um die Verbreitung der Zeckenart zu ermitteln.
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Neu eingewanderte Zeckenart
Die auffällige Hyalomma-Zecke, die ursprünglich aus Afrika, Asien und Südeuropa stammt, wurde vermutlich durch Vögel in Deutschland eingeschleppt. Die Universität Hohenheim in Stuttgart vermeldete vergangenen Jahr die ersten Funde der tropischen Hyalomma-Zecke in Deutschland.
Quelle: Uni Hohenheim/Marco Drehmann
Die Zecke ist bis zu dreimal so groß wie ihr europäischer Verwandter, der gemeine Holzbock (obiges Foto Männchen links, Weibchen Mitte) – die tropische Zecke Hyalomma (rechts) – siehe obiges Bild.
Hyalomma-Zecken haben geringelte Beine und sind doppelt bis dreimal so groß wie ihre europäischen Verwandten. Die Heimat der Hyalomma-Zecken liegt ursprünglich in den Trocken- und Halbtrockengebieten Afrikas, Asiens und Südeuropas.
Die Zecke überwintert in Deutschland
Experten der Universität Hohenheim und des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr wiesen in den vergangenen Tagen sechs Exemplare der Gattung Hyalomma nach, so der Deutschlandfunk. Diese seien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen entdeckt worden. Fünf Zecken in einem Pferdehof in Nordrhein-Westfalen, eine auf einem Pferd in Niedersachsen: „Wir haben die ersten Nachweise dieses Jahres von Hyalomma-Zecken in Deutschland", meldet Prof. Dr. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim.
„Beide Funde sind in den letzten Tagen erfolgt, also praktisch zeitgleich", erklärt PD Dr. Dobler. „Wir gehen deshalb davon aus, dass die drei heißen Tage dafür verantwortlich waren, dass die wärmeliebenden Hyalomma-Zecken jetzt ziemlich gleichzeitig an unterschiedlichen Orten aktiv wurden."
Während die Exemplare letztes Jahr höchstwahrscheinlich noch mit Zugvögeln eingeschleppt wurden, dürfte das diesmal nicht der Fall sein. „Die Jugendstadien der Zecken, die Larven und Nymphen, sind oft an Zugvögeln zu finden", erläutert Prof. Dr. Mackenstedt. „Sie lassen sich dann einfach abfallen." Doch die jetzt gefundenen Tiere seien relativ früh im Jahr aufgetaucht. „Wenn man den Entwicklungszyklus zurückrechnet, hätten sie also zu einem Zeitpunkt eingeschleppt werden müssen, als die Zugvögel noch gar nicht da waren. „Und diesmal müssen wir davon ausgehen, dass diese Tiere bei uns in Deutschland überwintern konnten."
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Damit habe die invasive Art einen wesentlichen Schritt erreicht, um sich langfristig hierzulande zu etablieren, berichten die Forschenden der Universität Hohenheim. „Der Klimawandel scheint es der Hyalomma Zecke zu erlauben, auch dauerhaft in Deutschland Fuß zu fassen", erklärt Prof. Dr. Mackenstedt, Parasitologin und Expertin für Zecken an der Universität Hohenheim.
Anderes Verhalten als der Holzbock
In in ihrem Jagdverhalten unterscheidet sich die neue Art von ihren europäischen Verwandten: Letztere klettern an Gräsern, Kräutern und Büschen in die Höhe, wo sie sich von Wildtieren und Wanderern abstreifen lassen. „Die Hyalomma-Zecke jagt dagegen aktiv: Sie erkennt Warmblütler auf Distanzen von bis zu 10 Metern und kann sie über mehrere 100 Meter verfolgen", so Prof. Dr. Mackenstedt.
Uni bittet Bevölkerung um Mithilfe
Um die Ausbreitung und mögliche Gefahren durch die neue Hyalomma-Zecke zu erforschen, bittet die Zecken-Expertin nun die Bevölkerung um Mithilfe: „Wir sind dankbar um jede eingesandte Hyalomma-Zecke, die wir im Labor erforschen können."
Vor allem Reiterinnen und Reiter sollten beim täglichen Pferdestriegeln aufmerksam sein, da die Hyalomma-Zecke gerne große Säugetiere befällt. Festgebissene Zecken am besten wie auch europäische Zecken mit Zeckenzange, Zeckenkarte oder Pinzette entfernen und in kleinen, festverschlossenen Containern senden an
Universität Hohenheim
Prof. Dr. Ute Mackenstedt
Fachgebiet für Parasitologie
Emil-Wolff-Straße 34
70599 Stuttgart
Die Zecke ist Krankheitsüberträger
Wie weit die neue Art auch Krankheiten überträgt, ist noch unklar „In ihrer Heimat gilt die Hyalomma-Zecke als Überträgerin einiger Krankheitserreger. Dazu gehören die Erreger des sogenannten Krim-Kongo Hämorrhagischen Fiebers, des Arabisch Hämorrhagischen Fiebers und einer Form des Zecken-Fleckfiebers." Letztere (Rickettsien) seien in einigen der 2018 gefundenen Exemplare auch nachgewiesen worden. Die Erreger der hämorrhagischen Fieber-Formen bislang jedoch noch nicht.
Rekordjahr für FSME-Erkrankungen
Auch in anderer Hinsicht war das vergangene Jahr 2018 auffällig: „Die hohen Temperaturen und eine hohe Aktivität der Zecken bescherten uns auch ein Rekordjahr an FSME-Erkrankungen", diagnostizierte PD Dr. Gerhard Dobler, Mikrobiologe und Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.
Bundesweit erkrankten 583 Menschen an der eigentlich vermeidbaren Erkrankung. „Diese hohen Krankheitszahlen sind eigentlich unnötig", betont Mikrobiologe PD Dr. Dobler. Anders als z.B. in Österreich seien in Deutschland nur 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung gegen FSME geimpft. Die Krankheitszahlen in Deutschland lägen deshalb rund viermal höher als in der Alpenrepublik, wo 80 Prozent der Bevölkerung geimpft seien.
Hier kann ich Personen, die in Risikogebieten leben und sich viel draußen aufhalten, nur eine Impfung empfehlen. Ich selbst lasse mir diese Impfung regelmäßig auffrischen, um gegen FSME (Hirnhautentzündung) geschützt zu sein. Für die Übertragung von Borreliose (Bakterien) durch die Zecken gibt es leider keine Impfung. Daher sollte man im Freien lange Kleidung tragen und nach einem Aufenthalt die Haut nach Zecken absuchen.
Neue HotSpots für FSME
Zum besonderen HotSpot für FSME entwickle sich der Landkreis Ravensburg, so die Forscher. „Bereits im Jahr 2017 traten dort 19 Fälle auf. Mit 23 Fällen hat sich die Zahl im Jahr 2018 noch einmal gesteigert", so Dr. Oehme. Aber Deutschland wird zum bundesweiten Risikogebiet, denn auch in den nördlicheren Bundesländern ist der FSME-Erreger auf dem Vormarsch. „Erstmals finden wir 2018 mit dem Landkreis Emsland auch in Niedersachsen ein Risikogebiet", berichtet PD Dr. Dobler.
„Generell beobachten wir seit einigen Jahren, dass sich das Risiko nicht mehr lokal eingrenzen lässt", erläutert Prof. Dr. Mackenstedt. Manche HotSpots mit besonders hohem Krankheitsrisiko blieben über Jahre stabil. Andere tauchten von Jahr zu Jahr neu auf, verschöben sich und verschwänden wieder. „Im vergangenen Jahr trat jede fünfte Erkrankung außerhalb der bekannten Risikogebiete auf."
„Ein Fazit ist, dass man dem FSME-Risiko in Deutschland nicht mehr ausweichen kann", erklärt die Parasitologin. Das gelte nicht nur für Waldgebiete, sondern auch für Grünanlagen oder den eigenen Garten, wie die Universität Hohenheim bereits zwischen 2014 bis 2016 in Studien belegt habe.
Grund zur Panik sei dies jedoch keiner: „Unsere Nachbarländer machen uns vor, wie erfolgreich eine möglichst flächendeckende Impfung die Krankheitszahlen nach unten drückt. Die Impfung werde von der Krankenkasse bezahlt und wird in endemischen Regionen gleich für die ganze Familie empfohlen.
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