An Raumfahrtmissionen haben wir uns ja inzwischen gewöhnt, die sind seit Jahrzehnten Routine. Aber was machen längere Weltraumaufenthalte mit dem menschlichen Körper? Klettern die Raumfahrer aus ihrer Landekapsel und spazieren zum Hubschrauber, um nach Hause zu fliegen?
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Die Internationale Raumstation (ISS) beherbergt ja seit vielen Jahren Langzeit-Besatzungen. Und auch über Raumflüge zum Mars wird in der Presse immer wieder spekuliert. Momentan sind technische und Finanzierungsprobleme ja die einzigen Hürden, die die Menschen am Flug zum Mars hindern – oder?
Die viel größere Frage ist aber wohl: Steht der Mensch eine mehrjährige Reise zum Mars überhaupt durch. Und gesetzt, er kann landen, sind die Raumfahrer überhaupt in der Lage, aus ihrem Raumschiff auszusteigen und dann auf der Marsoberfläche zu gehen?
Winkende US-Astronauten
Ältere Blog-Leser/innen kennen möglicherweise die Bilder der Apollo-Astronauten, die von ihren Mondmissionen zurückkehrten. Die stiegen winkend aus dem Hubschrauber, der sie aus der im Meer gelandeten Kapsel geborgen hatte, und gingen dann zur Quarantänestation auf dem Flugzeugträger. Und auch vom Spaceshuttle gibt es Bilder, wo Astronaut/innen nach der Landung winkend aus dem Raumschiff ausstiegen und die Gangway herunter kamen. Aber das waren einfache Missionen, die nur ein paar Tage oder Wochen dauerten.
Langzeit-Raumflüge sind anders
Auf der ISS gibt es Raumfahrer, die fast ein Jahr in der Schwerelosigkeit zubringen. Aus Videos kennt man es, dass die Besatzungen der ISS täglich ein verschärftes Fitness-Programm durchführen müssen. Das soll schlicht den Muskelabbau durch die Schwerelosigkeit verhindern.
Aber die Schwerelosigkeit macht noch mehr mit dem menschlichen Körper. Wir kennen es nach Operationen oder Krankheiten, die uns länger ans Bett fesseln. Die ersten Schritte sind oft ganz schön schwierig.
Möglicherweise kennen Blog-Leser auch die Bilder, wenn Kosmonauten und Astronauten nach der Landung in der Kasachischen Steppe in einen Liegesitz gehoben und dann in ein Zelt zur Untersuchung getragen werden (siehe hier). Das ist nicht unbedingt den Strapazen der Landung geschuldet. Die Raumfahrer können schlicht nach der Landung nicht mehr laufen.
(Quelle: YouTube)
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Der US-Astronaut Scott Kelly verbrachte in den Jahren 2015 bis 2016 insgesamt 340 Tage auf der internationalen Raumstation. Die amerikanische Webseite The Verge erhielt exklusives Videomaterial zugespielt, die die Gehversuche von Scott Kelly zeigen. Das Video ist hier einzusehen. Direkt nach der Landung, im Untersuchungszelt, ist Kelly nicht wirklich in der Lage, gerade aus zu gehen. Er kann zwar stehen, torkelt aber wie besoffen. Auch 22 Stunden nach der Landung hat Kelly noch 'Beine aus Gummi' und ist sichtlich unsicher beim Gehen. Im englischsprachigen Begleittext (und hier) findet sich der Hinweis, dass Kelly auch zwei Monate nach seinem Weltraumaufenthalt noch schmerzende Füße beim Gehen hat.
Da wird man also noch viele medizinische Probleme lösen müssen, bevor Menschen zum Mars fliegen und dort landen können. Die Mission von Scott Kelly diente übrigens genau dazu, herauszufinden, wie sich solche langen Raumflüge auf den Körper auswirken. Wie er sich fühlte, kann ich übrigens gut nachvollziehen. Ich war nie im Weltall – aber nach einem Sportunfall im März 2015 mit Rückenmarksquetschung brauchte ich Monate, um wieder halbwegs sicher laufen zu können. Und fast 3 Jahre später habe ich noch Phasen, wo die Füße beim Gehen schmerzen. Der menschliche Körper ist doch ein sehr fragiles, aber trotzdem faszinierendes Gebilde.
PS: Faszinierende Einblicke in das Leben auf der ISS finden sich in diesem NASA-Artikel – sogar eine Expresso-Maschine gibt es da oben. Die Fotos lassen sich per Maus über einen Teiler zwischen linkem und rechtem Motiv verschieben. Kelly hat 2016 seinen Abschied als Astronaut eingereicht, wie man hier nachlesen kann.
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