Kurzer Infosplitter in Sachen Coronaviruspandemie. Aktuell wird ja viel getestet und wer ein positives Testergebnis bekommt, muss in Isolation. Dabei ist nicht jeder positiv Getestete ansteckend – nur wird diese, aus dem Ct-Wert ableitbare, Information nicht weiter gegeben. Gesundheitsämter und Politik navigieren im Blindflug, anstatt sich bei Maßnahmen auf die Vermeidung von 'Superspreader'-Ereignissen zu konzentrieren.
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Ich bin über Twitter auf das Thema, was mir etwas die Schuhe ausgezogen hat, aufmerksam geworden.
Wer ist Coronavirus positiv?
Der ganze Sachverhalt lässt sich recht schnell auf einen Punkt herunterbrechen. Zum Nachweis einer Infektion mit Coronaviren kommt ein PCR-Test zum Einsatz. Dieser weist Erbgutsequenzen des Virus in Abstrichen aus dem Nasenrachenraum nach. Beim PCR-Test werden dabei die Erbgutsequenzen des Virus in mehreren Durchläufen repliziert, bis eine Nachweisgrenze erreicht ist. Dann schlägt der Test irgendwann an und die betreffende Person wird als Coronavirus-positiv eingestuft. Für die Zahl der Replizierungen gilt:
- Sind mehr als zwischen 37 bis 40 Replizierungen erforderlich, erfolgt eine Einstufung als negativ, es sind keine Viren nachweisbar
- Unterhalb dieses Schwellwerts von 37 Replizierungen gibt es dann eine Einstufung als positiv, da Virusmaterial gefunden wurde
Die Zahl der Replizierungen bis zum Nachweis des Virus wird als Ct-Wert (Cycle threshold) angegeben. Trägt eine Person viele Viren in der Schleimhaut des Rachens und der Nase, gelingt ein Nachweis einer Coronavirus-Infektion bereits nach 10-15 Replizierungen. Ein Ct-Wert von 10 oder 15 bedeutet, dass der Getestete infektiös für andere Menschen ist.
(Quelle: Pexels/Pixabay CC0 Lizenz)
Und wer ist ansteckend?
Aber bei Ct-Werten ab 30 und höher ist eine Ansteckung Dritter nicht mehr möglich – das Robert Koch Institut schreibt von einem 'Verlust der Anzüchtbarkeit in Zellkulturen', sprich eine Vermehrung des Virus ist nicht mehr möglich. Was im Labor nicht mehr gelingt, dürfte dann von Mensch zu Mensch auch nicht mehr für Infektionen ausreichen.
Anmerkung: Was aus den hier verlinkten Artikeln nicht hervor geht, ist der Fehlerbereich, der für den gesetzten Grenzwert 30 gilt. Beispiel: Es könnte ja sein, dass ein Fehler bei der Abnahme der Probe passiert, so dass viel weniger Virusmaterial als notwendig erwischt wird. Das ließe sich aber durch Kontrolltests, und Sorgfältigkeit bei der Probennahme vermeiden.
In der New York Times gibt es diesen Artikel, wo ein Epidemiologe die Frage aufwirft, wie sinnvoll es ist, Leute ohne Berücksichtigung des Ct-Werts als 'infiziert und in Quarantäne zu schicken' zu klassifizieren. Seine Forderung: Testergebnisse ab einem Ct-Wert größer gleich 30 nicht mehr als positiv zu werten.
Gesundheitsämter im Blindflug
Die Süddeutsche Zeitung berichtete bereits Anfang September 2020, dass die Gesundheitsämter nicht wissen, wie ansteckend Infizierte sind, denn der Ct-Wert wird nicht ermittelt. Die Süddeutsche zitiert den Geschäftsführer Jan Kramer vom Laborverbund LADR mit Sitz in Schleswig-Holstein, dass 49 Prozent der 963 positiven Testergebnisse seit Ende Juli einen Ct-Wert über 30 hatten (wobei dort Nachtestungen und Verlaufskontrollen enthalten sind).
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Heißt aber, dass ein Teil der positiv Getesteten nicht ansteckend ist, aber trotzdem in Quarantäne muss. Das Robert-Koch-Institut macht leider diesbezüglich keine Vorgaben für Labore und Ärzte. Es wird also von den Gesundheitsämtern und Politikern blind navigiert, ohne sich auf die hoch infektiösen Patienten zu konzentrieren. Mehr Details lassen sich im Artikel der Süddeutsche Zeitung sowie in diesem RND-Beitrag nachlesen.
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@Die F.D.A. stellte fest, dass Menschen eine niedrige Viruslast haben können, wenn sie neu infiziert sind. Ein Test mit geringerer Empfindlichkeit würde diese Infektionen übersehen.
Genau das ist mir im ersten Moment auch in den Sinn gekommen.
@Aber dieses Problem sei leicht zu lösen, sagte Dr. Mina: "Testen Sie sie erneut, sechs Stunden später oder 15 Stunden später oder was auch immer", sagte er. Ein Schnelltest würde diese Patienten schnell finden, auch wenn er weniger empfindlich wäre, weil ihre Viruslast schnell ansteigen würde.
Ja, so wird ein Schuh d'raus; also auf jeden Fall mehrfach testen. Die Süddeutsche erwähnt das ja auch kurz.