Doppelsternsystem CPD-29 2176 auf dem Weg zur "baldigen" Kilonova

Es ist etwas extrem seltenes, was US-Astronomen entdeckt haben: Ein Doppelsternsystem (CPD-29 2176) dessen Sonnen "bald" (d.h. in ca. 1 Million Jahren) kollidieren und dann eine Kilonova, bei der schwere Elemente wie Gold und Silber entstehen, ergeben. Solche Konstellationen gibt es vielleicht 10 Mal in unserer Heimatgalaxie.


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Kollisionen von Sonnen eines Doppelsternsystems kommen immer wieder vor. Im Januar 2023 hatte ich im Beitrag Neutronensterne verschmelzen zu Schwarzem Loch über die Kollision zweier Neutronensterne berichtet, die nun zu einem schwarzen Loch geworden sind. Astronomen haben dies kürzlich beobachtet.

CPD-29 2176 auf dem Weg zur Kilonova

Astronomen haben in den Daten des 1,5-Meter-Teleskops SMARTS am Cerro Tololo Inter-American Observatory (CTIO), einem Programm des NOIRLab der NSF, zum ersten Mal ein Sternsystem nachgewiesen, das eines Tages eine Kilonova bilden wird.

Phasen des Doppelsternsystems CPD-29 2176 auf dem Weg zur Kilonova
Entwicklung des Sternsystems CPD-29 2176 zur Kilonova, Quelle: CTIO/NOIRLab/NSF/AURA/P. Marenfeld

Bei einer solchen Kilonova handelt es sich um eine ultrastarke, Gold produzierende Explosion, die durch die Verschmelzung von Neutronensternen entsteht. Die Infografik in obigem Tweet zeigt die Phasen dieser Entstehung. Solche Systeme sind so phänomenal selten, dass es in der gesamten Milchstraße nur etwa 10 solcher Systeme geben dürfte.

Das ungewöhnliche Doppelsternsystem CPD-29 2176 befindet sich etwa 11.400 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er wurde erstmals vom Neil Gehrels Swift-Observatorium der NASA entdeckt. Spätere Beobachtungen mit dem 1,5-Meter-Teleskop SMARTS ermöglichten es den Astronomen, die Eigenschaften der Umlaufbahn und die Arten der Sterne zu bestimmen, aus denen dieses System besteht – ein Neutronenstern, der durch eine ultragestreifte Supernova entstanden ist, und ein massereicher Stern, der ihn eng umkreist und dabei ist, selbst eine ultragestreifte Supernova zu werden.

Eine ultragestreifte  Supernova ist die Explosion am Ende des Lebens eines massereichen Sterns, dem ein Großteil seiner äußeren Atmosphäre von einem Begleitstern abgestreift wurde. Dieser Supernova-Klasse fehlt die Explosionskraft einer herkömmlichen Supernova, die ansonsten einen nahen Begleitstern aus dem System "herausschleudern" würde.

"Der aktuelle Neutronenstern müsste sich gebildet haben, ohne seinen Begleiter aus dem System zu stoßen. Eine Ultrastrip-Supernova ist die beste Erklärung dafür, warum sich diese Begleitsterne in einer so engen Umlaufbahn befinden", sagt Noel D. Richardson von der Embry-Riddle Aeronautical University und Hauptautor der Studie. "Um eines Tages eine Kilonova zu erzeugen, müsste der andere Stern ebenfalls als Ultrastrip-Supernova explodieren, so dass die beiden Neutronensterne schließlich kollidieren und verschmelzen könnten."


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Die Entdeckung und Untersuchung von Kilonova-Vorläufersystemen wie diesem stellt nicht nur eine unglaublich seltene kosmische Kuriosität dar, sondern kann den Astronomen auch dabei helfen, das Geheimnis zu lüften, wie Kilonovae entstehen, und Licht auf den Ursprung der schwersten Elemente (wie Gold) im Universum werfen.

"Lange Zeit haben Astronomen über die genauen Bedingungen spekuliert, die schließlich zu einer Kilonova führen könnten", sagt André-Nicolas Chené, Astronom und Mitautor von NOIRLab. "Diese neuen Ergebnisse zeigen, dass zumindest in einigen Fällen zwei geschwisterliche Neutronensterne verschmelzen können, wenn einer von ihnen ohne eine klassische Supernova-Explosion entstanden ist."

Die Entstehung eines solchen ungewöhnlichen Systems ist jedoch ein langer und unwahrscheinlicher Prozess. "Wir wissen, dass die Milchstraße mindestens 100 Milliarden Sterne und wahrscheinlich Hunderte von Milliarden mehr enthält. Bei diesem bemerkenswerten Doppelsternsystem handelt es sich im Wesentlichen um ein System, das es nur einmal unter zehn Milliarden gibt", so Chené. "Vor unserer Studie ging man davon aus, dass es in einer Spiralgalaxie wie der Milchstraße nur ein oder zwei solcher Systeme geben sollte.

Obwohl dieses System alle Voraussetzungen mitbringt, um irgendwann eine Kilonova zu bilden, wird es Aufgabe zukünftiger Astronomen sein, dieses Ereignis zu untersuchen. Es wird mindestens eine Million Jahre dauern, bis der massereiche Stern sein Leben in einer gigantischen Supernova-Explosion beendet und einen zweiten Neutronenstern zurücklässt. Dieser neue stellare Überrest und der bereits existierende Neutronenstern müssen sich dann in einem kosmischen Ballett allmählich aneinander annähern, wobei sie ihre Bahnenergie langsam als Gravitationsstrahlung verlieren.

Wenn sie schließlich verschmelzen, wird die daraus resultierende Kilonova-Explosion viel stärkere Gravitationswellen erzeugen und in ihrem Kielwasser eine große Menge schwerer Elemente, darunter Silber und Gold, zurücklassen.

"Dieses System zeigt, dass einige Neutronensterne mit nur einem kleinen Supernova-Kick entstehen", schloss Richardson. "Wenn wir die wachsende Population von Systemen wie CPD-29 2176 verstehen, werden wir Einblicke in die Frage gewinnen, wie ruhig manche Sterntode sein können und ob diese Sterne ohne traditionelle Supernovae sterben können."

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in Nature im Artikel A high-mass X-ray binary descended from an ultra-stripped supernova veröffentlicht. Die Pressinformation (Englisch) findet sich hier, deutschsprache Beiträge sind auf spectrum.de, Forschung und Wissen oder bei heise abrufbar.

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