Der Mechanismus von Antikythera – der erste analoge Computer

Der Mechanismus von Antikythera ist ein antikes Gerät, welches 1901 als korrodierter Metallklumpen aus einem Schiffswrack vor der griechischen Insel Antikythera geborgen wurde. Erst 2021 gelang die vollständige Entschlüsselung des Mechanismus, der wohl den ersten analogen Computer der Geschichte darstellt.


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Schwammtaucher finden Wrack

Es waren Schwammtaucher, die um 1900 auf ein Schiffswrack vor der der griechischen Insel Antikythera – zwischen der Peloponnes und Kreta gelegen – stießen. Das Schiffswrack lag in einer Tiefe von etwa 42 Metern. Bis 1901 wurden die Gegenstände an Bord des Wracks von Archäologen geborgen.

Das Augenmerk der Archäologen galt zuerst den augenfälligen Schätzen unter den Funden, laut Wikipedia:

"einer außergewöhnlich schönen Statue des Paris (oder Perseus) aus Bronze, einem bronzenen Kopf eines Philosophen, drei Epheben (Jünglingen), einer Kore (Jungfrau), zwei Statuen der Aphrodite, zwei Statuen und einem Kopf des Hermes, zwei Statuen des Herakles, vier des Apollon, einer des Zeus, einer des Philoktetes, zwei des Odysseus, einer des Achilleus sowie den vier Pferden einer Quadriga und weiteren Fragmente"

An Bord befindliche Münzen erlauben eine Datierung des Schiffuntergangs auf den Zeitraum von 70 bis 60 v. Chr.

Ein unscheinbarer korrodierter Metallklumpen bliebt zunächst unbeachtet. Erst 1902 wurde der Museumsdirektor und Archäologe Valerios Stais dann auf den unscheinbaren, später so genannten Mechanismus von Antikythera aufmerksam und erkannte dessen Bedeutung.

Auch heute werden noch überraschende Funde im Wrack gemacht – wie man 2016 in diesem Spiegel Online-Artikel meldete.

Ein korrodierter Metallklumpen

Der Mechanismus war als Klumpen aus zusammenkorrodierten Metallteilen geborgen worden. Das Gerät ist unvollständig erhalten und daher nicht mehr funktionsfähig. Die 82 erhaltenen Fragmente befinden sich heute im Archäologischen Nationalmuseum in Athen; die drei größten Teile sind in der Abteilung für Bronzegegenstände öffentlich ausgestellt.

Viele vermutete äußere Teile können bei der Bergung verloren gegangen oder während der 2000 Jahre im Meer abgefallen sein. Einige Zahnräder sind vollständig, aber keine der Skalen, und nur ein einziger Zeiger ist vorhanden.

Die Untersuchung beginnt

Erst 75 Jahre nach der Bergung begann die intensive Untersuchung des Funds mit Röntgenstrahlen. Zu diesem Zeitpunkt war der Mechanismus bereits in viele Teile zerbrochen.


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Die Rekonstruktion stützte sich dabei auf materielle Reste, schwache Spuren von Bauteilen (Wellenrest, Zeigerrest) und Formelementen (Befestigungsstellen für Wellen, Distanzbolzen zum Tragen einer Lagerplatte, halbkugelförmiger Hohlraum für eine Anzeigekugel) sowie auf Hinweise in unvollständigen Inschriften.

Es dauerte viele Jahrzehnte, bis die vollständige Entschlüsselung gelang. Geo hat es in diesem Artikel skizziert. Inzwischen ist bekannt, was das Gerät ursprünglich war.

Der erste analoge Computer

Die umfangreiche, noch andauernde Rekonstruktion ergab, dass der Mechanismus als Modell für die beobachtbaren Bewegungen von Sonne und Mond durch Anzeigen auf runden Skalen diente. Die mehrheitlich als Kalender skalierten Anzeigen wurden mit einer Einstellhilfe synchron verändert. Es gab drei große und drei kleine Skalen, von denen folgende vier die wichtigsten waren:

  • ein Sonnenkalender mit Monatsskala (Ägyptische Monatsnamen) und Babylonischen Tierkreiszeichen; der zusätzlich zum Sonnenzeiger wahrscheinliche Mondzeiger kann Indiz dafür sein, dass diese Anzeige ursprünglich noch fünf Planeten-Zeiger hatte und sowohl Kalender als auch Planetarium war,
  • ein gebundener Mondkalender mit Monatsskala (Korinthische Monatsnamen),
  • ein Finsterniskalender mit Monatsskala zur Anzeige von vergangenen und künftigen Sonnen- und Mondfinsternissen und
  • ein kleiner Olympiade-Kalender mit Jahresskala im Olympiade genannten vierjährigen Zeitraum; beschriftet mit den Orten der an ihnen periodisch stattfindenden Panhellenischen Spiele.
  • Auf zwei weiteren kleinen Skalen wurden größere Zeitabschnitte im Mond- beziehungsweise im Finsterniskalender angezeigt.

Der Fund des Mechanismus von Antikythera war überraschend, weil bisher ein technisch so anspruchsvolles Gerät und die Herstellungsweise aus der Antike unbekannt waren. Das Gerät erlaubte wesentlich komplexere Darstellungen als die astronomischen Uhren des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Lässt sich alles im Detail in der Wikipedia oder im verlinkten Geo-Artikel nachlesen.

In den letzten Jahren erschienen immer wieder Artikel über den Mechanismus von Antikythera, die ich extrem spannend fand. Selbst beim Deutschen Marken- und Patentamt findet sich ein Artikel über dieses antike Wunder der Technik. Zitat aus diesem Artikel, welches sich mit der Frage beschäftigt, wer diesen Apparat entworfen hat:

Wie aber hieß das Genie, das dieses technische Wunderwerk vor rund 2200 Jahren erschaffen hat? Lange vermutete man, der Mechanismus stamme aus Rhodos, wo Hipparchos lebte (ca 190 – 120 v. Chr.). Der Geograph und Mathematiker gilt als einer der größten Astronomen der Antike; er entwickelte u.a. ein quantitatives geometrisches Modell für die Anomalie der Mondbewegung. Der Mechanismus enthielt eine mechanische Umsetzung dieses Modells.

Andererseits sind die Monatsnamen des Mondkalenders auf dem Mechanismus in korinthischem Griechisch gehalten, was ein Hinweis darauf ist, dass der Apparat aus Korinth oder einer seiner ehemaligen Kolonien stammen könnte, etwa aus Syrakus. Dort lebte der große Archimedes (um 287 bis 212 v. Chr.), von dem überliefert ist, dass er ein Sphärenmodell konstruiert hat.

Auch dieser Spiegel Online-Beitrag aus 2016 spekuliert, dass Archimedes der Konstrukteur war. Aber so genau weiß man nicht, welcher geniale Kopf den Apparat entworfen hat. Und ich habe auch keinen Plan, wie Handwerker zu dieser Zeit die filigranen Zahnräder des Mechanismus hergestellt haben könnten – als Ingenieur, der auch mal Feinwerktechnik und Maschinenbau im Studium Physikalische Technik hatte, sind mir deren Feinheiten der Evolventenverzahnung nicht ganz unbekannt (habe das aber nie wieder gebraucht). Wir haben heute CNC-Fräsmaschinen, um komplexe Formen und Zahnräder zu fräsen. In diesem Artikel beschreibt jemand, wie er ein Zahnrad auf einer Drehbank angefertigt hat. Aber vor 2000 Jahren gab es so etwas noch nicht.

Mechanismus von Antikythera(Quelle: YouTube)

Obiges YouTube-Video zeigt u.a. die Rekonstruktion dieses Geräts – finde ich faszinierend. Das YouTube-Video hier befasst sich mit der Untersuchung per Computertomograph. Und in diesem YouTube-Video wird die Geschichte der Erforschung des Mechanismus behandelt.


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