Müssen wir unsere Einschätzung bezüglich der ja so gesunden Mittelmeer-Diät kräftig über den Haufen werfen? Keine Ahnung, aber das, was wir in Bezug auf die Studienlage und die Aussage 'Mittelmeer-Diät hat gesundheitliche Vorteile' zu wissen glaubten, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte, oder zumindest neu bewertet.
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Die Mittelmeer-Diät ist gesund …
Die Mittelmeer-Diät, auch als Kreta-Diät bekannt, ist von der traditionellen Küche der Mittelmeer-Länder inspiriert. Viel Gemüse, Obst, Fisch und vor allem Olivenöl, schmeckt und ist ja so gesund …
(Quelle: Terje Sollie CC0 Lizenz)
Die Ernährungsweise in diesen Ländern gilt landläufig als besonders gesund. Basis sind mehrere Studien aus den vergangenen Jahrzehnten, die belegen, dass die Bewohner der Mittelmeer-Regionen seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Und die Menschen auf der Insel Kreta haben eine über dem europäischen Durchschnitt liegende Lebenserwartung.
Dieser Artikel der Wikipedia setzt sich bereits kritisch mit dem Begriff der Mittelmeer-Diät auseinander. So erfährt man, dass diese Diät nichts mit der Ernährung in den Mittelmeer-Ländern gemein hat, sondern durch das Marketing geprägt ist.
Studie zur Mittelmeer-Diät zurückgerufen
Im Wikipedia-Artikel wird auch die Studie spanischer Wissenschaftler aus dem Jahr 2013 zur Mittelmeer-Diät erwähnt (erschienen im New England Journale of Medicine). Zitat:
Eine erneute Bestätigung für die Mittelmeer-Diät gab es 2013 mit einer Studie in der gezeigt wurde, dass die Rate schwerer kardiovaskulärer Ereignisse um 30 Prozent gesenkt werden konnte.
Basis für diese Studie war ein Feldversuch in Spanien, bei denen den verschiedene Probanden mit hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gezielt eine Mittelmeer-Diät verpasst wurde, während die Kontrollgruppe keine solche Ernährung bekam. Die Studie kam scheinbar zu dem Schluss, dass eine Mittelmeer-Diät mit Salat, Obst und Fisch sowie Olivenöl das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 30 % senken konnte.
Leider, und das ging in der Presse unter, musste diese Studie nach fünf Jahren wegen gravierender Fehler zurückgezogen werden. Der Mediziner Miguel Martínez-González von der Universität von Navarra war an der ursprünglichen Studie beteiligt. Durch Zufall entdeckte er, dass die Studie in Publikationen, die sich mit unsauberen Methoden bzw. Daten in Studien befassten, mehrfach erwähnt wurde. Das führte dazu, dass Martínez-González mit seinem Team die ursprüngliche Studie nochmals überprüfte und selbst extreme Mängel fand.
- Die Studie hatte die 7.400 Probanden in drei Gruppen unterteilt, wobei diese Zuordnung nach dem Zufallsprinzip erfolgen sollte, die Personen aber gleich (in Bezug auf jung oder alt, gesund oder krank) verteilt werden sollten. Das traf aber auf 10% der Freiwilligen (390 Personen) nicht zu (es gab Teilnehmer in einer Gruppe, wo der Ehepartner ebenfalls aufgenommen wurde, weil dieser auch die gleichen Ernährungsgewohnheiten einhielt).
- Die Wissenschaftler sahen sich bei der ersten Studie von Probanden in kleinen spanischen Dörfern dem Vorwurf ausgesetzt, dass manche Teilnehmer hochwertiges Olivenöl geschenkt bekämen, während man selbst nur Nüsse oder preisgünstige Geschenke erhielt. Die Mitarbeiter ließen dann in den Dörfern allen Personen die gleiche Diät zukommen, vermerkten das aber nicht in den Daten. Das betraf am Ende 650 Personen.
Unter dem Strich war die Auswertung der ersten Studie wertlos. Die Studienautoren bereinigten daher die Studiendaten um die strittigen Fälle und werteten neu aus. Das Ergebnis: Die Mittelmeer-Diät, gegebenenfalls ergänzt um Nüsse, kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um ein Drittel senken, bezogen auf eine Gruppe von Probanden, die eine fettreduzierte Diät einhalten.
Korrigiert eine Neubewertung die Ergebnisse?
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Im Anschluss wurde diese Neubewertung dieser Studie erneut publiziert. Am 13. Juni 2018 erschien ein Artikel zum Thema in der New York Times. Dort äußerten sich aber Experten äußerst kritisch über die Neuinterpretation. Der Grund: Randomisierte Studien sind schwierig durchzuführen. Und randomisierte Diätstudien sind so gefährlich, im Hinblick auf die gewonnenen Aussagen, dass sie selten versucht werden. Wenn dann noch offenkundige Mängel einer Studie bekannt werden, ist diese wertlos.
"Diese Leute waren naiv", sagte Donald Berry, ein Statistiker am MD Anderson Cancer Center in Houston, im Hinblick auf die oben zitierte Studie. "Sie waren schlampig und wussten nicht, dass sie schlampig waren." Dr. Berry will den Ergebnissen zwar gerne glauben, denn er liebt Nüsse und kocht mit nativem Olivenöl. Aber im Hinblick auf die Studie ist er nicht überzeugt, da die Re-Analyse die Probleme der Studie nicht gelöst hat.
Auch Dr. Bradley Efron, Professor für Statistik an der Stanford University, ist skeptisch. Die überarbeiteten Ergebnisse "würden mich nicht davon überzeugen, eine mediterrane Diät einzuhalten", sagte er der New York Times. Bei Interesse, auf Spektrum.de hat man das Thema etwas ausführlicher ausgebreitet.
Und was bleibt?
Unter dem Strich: Die Studie, dass die Mittelmeer-Diät besonders gesund sei und das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen senkt, ist so nicht haltbar. Es müssen weitere Studien her, um die Aussage zu stützen oder zu widerlegen.
Aber ich sage es mal so: Wenn es einem schmeckt und man gerne mediterran kocht und isst, sollte man dies gerne tun. Ich werde weiterhin meine Salate mit Olivenöl anrichten und auch weiter viel Obst und Gemüse essen. Aber einer 'Diät' in dieser oder einer anderen Richtung habe ich mich noch nie unterworfen. Das Leben ist einfach zu kurz, um sich mit Diäten, die man nicht mag, zu knechten. Oder wie sehen Sie das so?
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