Wird gerade die Geschichte der Menschheit umgeschrieben? Gerade erst haben Wissenschaftler des Senckenberg Centre for Human Evolution and Paleoenvironment in Tübingen die These, dass der moderne Mensch aus Afrika stamme, über den Haufen geworfen. Neue Funde deuteten darauf hin, dass die Trennung von Mensch und Menschenaffe in Europa und nicht in Afrika statt fand. Nun gibt es die nächste Entdeckung: Der moderne Mensch ist 100.000 Jahre älter als gedacht, wie Knochenfunde aus Marokko nahelegen.
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Für an der Wissenschaft interessierte Menschen leben wir in spannenden Zeiten. Nicht nur in der Astronomie werden mit Exoplaneten faszinierende Entdeckungen gemacht. Gerade hat man auch einen weißen Zwerg (eine Sonne) 'gewogen' und nebenbei Einsteins Relativitätstheorie bestätigt. Details lassen sich in diesem Spektrum-Beitrag nachlesen. Aber auch auf dem Gebiet der Paläontologie gibt es Spektakuläres zu vermelden. Dass man einen Fisch in einem versteinerten Kothaufen entdeckt hat, werte ich als Fußnote. Wesentlich sensationeller sind neue Entdeckungen, die die Geschichte des modernen Menschen umschreiben dürften.
Der Mensch stammt aus Europa?
Bisher war die Lehre, dass sich die Wege des modernen Menschen von den Menschenaffen irgendwo in Afrika trennten. Ende Mai 2017 versetzte ein Artikel die Fachwelt in Aufruhr. Die Abstammungslinie des modernen Menschen teilte sich möglicherweise einige Hundertausende Jahre früher als bisher angenommen. Und vor allem: Nicht in Afrika, sondern in Europa – konkret auf dem Balkan.
Madelaine Böhme vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Paleoenvironment (HEP) in Tübingen vertritt dieses These mit ihrem Forscherteam im Fachmagazin "PLOS One". Basis waren die Untersuchungen eines in Griechenland gefundenen Unterkiefers und eines Zahns aus Bulgarien, die dem Vormenschen Graecopithecus freybergi zugeschrieben werden.
Die Funde datieren auf ein Alter von 7,175 bzw. 7,24 Millionen Jahre. Damit sind sie älter als der Fund des ältesten, bisher bekannte Vormenschen, Sahelanthropus, der aus Afrika stammt. Die Wissenschaftler ziehen daraus den Schluss, dass sich die Abspaltung der Entwicklungslinien von Vormenschen und Schimpansen früher als bisher vermutet, und nicht wie bisher angenommen in Afrika, sondern im östlichen Mittelmeerraum stattgefunden haben könnte.
Details finden sich im PLOS One-Artikel (Englisch), oder bei archaeologie-online.de in Deutsch. Auch Nachrichtenmagazine wie der MDR, Spiegel Online (und hier) oder Zeit Online haben Beiträge zum Thema verfasst.
Funde in Marokko: Homo Sapiens 300.000 Jahr alt
Der zweite Fund, der die Bücher der Menschheitsgeschichte wohl verändern wird, geht aktuell durch die Presse. In Marokko hat man Fossilien aus der Frühzeit des Menschen gefunden, die auf ein Alter von 315.000 Jahren datiert werden. Damit verlagert sich das Alter des Homo Sapiens, also des modernen Menschen von 200.000 Jahren um weitere 100.000 in die Vergangenheit.
Die Fundstücke, 20 menschliche Knochen, die zu mindestens fünf Individuen gehören, darunter Schädelteile und Kieferbruchstücke sowie Steinwerkzeug, wurden in einer eingestürzten Höhle von Jebel Irhoud in Marokko ausgegraben und werden sehr frühen Angehörigen des Homo sapiens zugerechnet. Die Sensation ergab sich bei der Altersbestimmung durch MPI-Forscher, die zwischen 280 000 und 350 000 Jahre ergab. Damit sind die Funde wesentlich älter als die bisher bekannten Funde.
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Diese Informationen wurde in einer Studie in Nature (Englisch) vorgestellt. Demnach dürfte der 'Garten Eden' dem der moderne Mensch entstammt, in ganz Afrika zu suchen sein. Ein deutschsprachiger Artikel mit vielen Details findet sich auf Spektrum.de. Auch Magazine wie Spiegel Online, oder Zeit Online haben dem Thema eigene Artikel gewidmet. Selbst die Tagesschau ist mit diesem Beitrag vertreten. Spannende Zeiten, sage ich ja.
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