Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, gelten seit dieser Woche auch Besuchseinschränkungen in Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen. Das gilt auch für Schwangere, die plötzlich alleine im Kreißsaal auf sich gestellt sind. Ist für Viele weit weg – meine Familie hat es diesen Montag gleich von zwei Seiten getroffen.
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Diese Woche Montag wurden von Bund und Ländern Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie beschlossen. Ich hatte im Blog-Beitrag Coronavirus: Maßnahmen der Bundesregierung/-Länder darüber berichtet. Das Ganze ist für manche Zeitgenossen noch sehr weit weg – wenn ich mir zum Beispiel den Artikel Coronavirus: BR muss Redaktionen zusammenlegen und die dort angesprochene Corona-Party ansehe. Die haben den Ernst der Lage noch nicht begriffen – oder sind einfach struntzdoof, ich weiß es nicht.
Besuchseinschränkungen in Pflegeeinrichtungen
In Pflegeeinrichtungen und Altenwohnheimen gilt jetzt ein striktes Besuchsverbot zum Schutz der dort betreuten älteren Mitmenschen – und das ist auch gut so. Wir haben selbst ein Familienmitglied in einer solchen Pflegeeinrichtung, wo die Person sehr gut aufgehoben ist. Bei Telefonaten diese Woche erfuhren wir von der Heimleitung über das Besuchsverbot – wobei wir von uns aus vorsorglich in 'Abwartehaltung' gegangen waren – den letzten Besuch vor 14 Tagen hatten wir wegen des Coronavirus mit der Heimleitung diesbezüglich abgestimmt.
Die Tochter, die in einem anderen Pflegeheim arbeitet, berichtete, das Bewohner auf Coronaviren getestet wurden. Die Botschaft, die wir in Telefonaten diese Woche erfuhren: Die Bewohner der Pflegeeinrichtung finden die Maßnahme in Ordnung. Aber aktuell haben die Pfleger und die Heimleitung einen erhöhten Aufwand 'besuchen wollende Angehörige' am Telefon und in der Einrichtung abzuwehren. Das Argument: 'Ich habe doch nichts' – und 'ich habe ja jetzt endlich Zeit für einen Besuch'. Gelebte Verantwortungslosigkeit – oder einfach ein Fall von 'Herr, wirf endlich Hirn vom Himmel'? Ich weiß es nicht – aber manchmal lässt mich so was an der Menschheit zweifeln.
Besuchseinschränkungen im Krankenhaus
Und da war noch der andere Fall. Gerade las ich den Artikel Papa verpasst die Geburt in der Süddeutschen Zeitung, in der es um Besuchsverbote im Krankenhaus geht. Das trifft auch werdende Väter, die in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, laut Artikel, nicht mehr mit in den Kreißsaal dürfen. In Zeiten des Coronavirus ist die obige Maßnahme nachvollziehbar und sinnvoll. Der Artikel handelt davon, dass werdende Eltern jetzt händeringend Kliniken suchen, wo der werdende Vater bei der Entbindung dabei sein darf – in einigen Tagen könnte das ein Luxusproblem sein. Einige Kliniken mussten sogar auf Druck der werdenden Eltern von dieser Regelung abgehen.
Aber eine Reihe Kliniken halten dieses Verbot aus Gründen des Gesundheitschutzes aufrecht – was auch nachvollziehbar ist. Schwangere Frauen müssen jetzt alleine entbinden – gut, war früher die Regel, aber seit Jahrzehnten dürfen Väter bei der Entbindung dabei sein. Ich selbst habe das bei einem Kind vor über 33 Jahren erlebt, beim ersten Kind erfolgte die Geburt per Kaiserschnitt, so dass ich nicht anwesend war, sondern vor dem OP wartete. Und dieses, vor 37 Jahren geborene Kind war nun selbst in der Rolle des 'werdenden Vaters'.
Montag sollte es so weit sein – die werdende Mutter sollte sich wegen der schon weit fortgeschrittenen Zwillingsschwangerschaft und möglicher Probleme zur vorzeitigen Einleitung der Geburt in der Klinik einfinden. Geplant war, dass der Vater in spe mit kommt, um seine Ehefrau bei der Geburt mental zu unterstützen. Leider kam es durch die Montag beschlossenen Maßnahmen anders als geplant.
Der werdende Vater durfte die Klinik nicht mal betreten, sondern konnte die schwangere Ehefrau nur am Eingang 'als Patientin' abgeben. Per Handy-Kommunikation erfuhr er von der Einleitung der Geburt (passt natürlich wunderbar zur Behördenwarnung vor Cytotec, Rote Hand-Brief des BfArM, Tagesschau-Bericht). Und dann war das Thema 'Papa verpasst die Geburt' plötzlich mitten in der Familie. Den Artikel in der Süddeutsche Zeitung habe ich erst nachträglich, am gestrigen Abend gesehen.
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PostScript: Die junge Mutter hat in der Folgenacht um ca. 2:00 Uhr dann zwei gesunde Kinder, einen Jungen und ein Mädel, entbunden. Dank Handy hat die Familie auch schon mal ein Foto gesehen, denn der frisch gebackene Vater darf ja auch weiterhin nicht in die Klinik. Sofern nichts dazwischen kommt, werden die junge Mutter und die Kinder in wenigen Stunden nach Hause kommen.
Dann liegen auch alle Papiere vor, um die Geburtsanzeige auf dem Standesamt sowie Anträge auf Elterngeld etc. zu erledigen. Coronavirus und die Folgen hautnah. Für uns als Großeltern heißt es, dass wir die Enkelkinder auf absehbare Zeit nicht besuchen werden – das Risiko ist einfach zu groß. Und so ist die Coronavirus-Pandemie plötzlich über zwei Seiten mitten in der Familie.
Daher habe ich auch für Corona-Parties, wie im Artikel Coronavirus: BR muss Redaktionen zusammenlegen erwähnt (oder für die Spring-Break-Parties von Amerikas Jugend), Null Verständnis. Und wenn ich dann die aktuellen Berichte aus Italien vernehme, dass Militärkolonnen Särge mit Toten in andere Städte fahren, weil die Friedhöfe und Krematorien überlastet sind – und dann Artikel wie Karneval und Ischgl: Brutstätten des Coronavirus oder Neue entgleiste ARD-Satire zu Corona & den Alten betrachte – tut das einfach nur noch weh. Wie tief ist unsere Gesellschaft gesunken?
PS: Nachbarskind war jetzt auch 14 Tage in häuslicher Quarantäne – die Schulklasse kam mit einem Coronavirus-Infektionsfall aus einer Skifreizeit in Tirol zurück.
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