Centralia: US-Geisterstadt, wo seit 1962 eine Kohlemine brennt

Centralia im US-Bundesstaat Pennsylvania war mal ein blühendes Bergbaustädtchen im östlichen Kohlerevier der Region. Eine vermutlich fatale Fehlentscheidung der Gemeindeverwaltung führte dazu, dass ein unterirdisches Kohleflöz 1962 in Brand geriet und wohl noch hundert bis zweihundert Jahre weiter brennen könnte. Der Ort ist eine Geisterstadt mit noch weniger als ein Dutzend Bewohnern.


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Ich bin durch einen Post auf der Plattform Twitter auf das Thema gestoßen, vorher hatte ich nichts davon mitbekommen. In dem englischsprachigen Post hieß es, dass es in Centralis seit mehr als 60 Jahren brennt, weil eine Müllkippe abgefackelt werden sollte, das Feuer aber auf eine Kohlenmine übergriff.

Centralia, Pennsylvania, a former coal mining town, has been burning for almost 60 years. In 1962, the town council decided to burn a landfill, unaware it connected to underground mine shafts. This ignited a coal seam, which continues to burn. After spending $7 million trying to put out the fire, Pennsylvania gave up in the 1990s. Despite the dangers, around five residents still live there. With coal supplies under the town, the fire could burn for another 250 years.

Nachdem 7 Millionen US-Dollar in "Löscharbeiten" versenkt wurden, hat man die Stadt in den 90er Jahren aufgegeben. Die Kohlemine soll noch für weitere 250 Jahre brennen. Das ist die Kurzfassung des obigen englischen Texts.

Das Tor zur Hölle?

Mir fiel direkt das "Tor zur Hölle" ein, welches sich in der ehemaligen Sowjet-Republik Turkmenistan, in Nähe der Ortschaft Drweze in der Wüste Karakum, befindet (siehe Der Derweze-Krater: Das Tor zur Hölle). Es handelt sich um einen riesigen Krater in der Landschaft, der seit Jahrzehnten "brennt". Konkret fackelt dort Erdgas ab, was wohl eine menschengemachte Sache ist. Also habe ich mal ein wenig recherchiert.

Eine blöde Idee

Centralia war mal ein florierendes Bergarbeiterstädtchen (gut, in meinen Augen eher ein Dorf) im östlichen Kohlerevier des US-Bundesstaats Pennsylvania. In der Zeit in der Centralia vom Anthrazitkohlenbergbau lebte, hatte der Ort eine Bevölkerung ca. 2000 Einwohnern. Weitere 500 bis 600 Menschen lebten in gemeindefreien angrenzenden Gebieten.

Der Ort wurde bis 1966 durch zwei Eisenbahnen angefahren, und es gab es einst sieben Kirchen, fünf Hotels, zwei Theater, 27 Saloons, eine Bank, ein Postamt und 14 Ladengeschäfte. Mächtig was los in dem Ort, bis zu einer fatalen Entscheidung des Gemeinderats im Jahr 1962.

Damals beschloss der Stadt- oder Gemeinderat, die lokale Mülldeponie vor dem Memorial Day "aufräumen" zu lassen. Es war vorher eine neue Deponie in einem ausgekohlten Tagebau angelegt worden. Fünf Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Centralia wurden vom Stadtrat beauftragt, die Deponie durch Verbrennen „aufzuräumen".

Nach einer (schlüssigen Theorie) ging die Sache aber schief. Denn das Feuer sprang auf die Kohleschichten an den Rändern des Tagebaus über, was aber niemand sofort bemerkte. Dadurch weitete sich der Brand des unter dem Stadtgebiet verlaufenden Kohleflöz aus, so dass sich das Feuer auch unter der Stadt ausgebreitete. Ursprünglich hätte die Deponie übrigens durch eine Tonschicht gegen die Kohlenflöze abgedichtet werden sollen. Diese Arbeiten waren beim Legen des Feuers auf der Deponie jedoch noch nicht abgeschlossen.


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Die Wikipedia gibt an, dass die US-Bundesbehörden seit Mitte der 1960er Jahre einige Versuche unternommen haben, das Feuer zu ersticken. 1965 bohrten Arbeiter Löcher in den Boden und pumpten 122.500 Tonnen Flugasche und 90.200 Kubikmeter Sand hinein. Mit Baggern und Lastwagen fuhren sie 46.200 Kubikmeter Land ab und versuchten, das Feuer durch einen Wall aus 14.600 Kubikmeter Lehm aufzuhalten, was seine Ausbreitung jedoch nicht eindämmen konnte.

Das Feuer überspringt bisher sämtliche Barrieren und frisst sich weiter durch die Kohleflöze. Bis heute wurden über 70 Millionen US-Dollar für Löschversuche ausgegeben (Quelle Wikipedia, und nicht die oben im englischen Post genannten 7 Millionen $), ohne einen dauerhaften Erfolg zu erzielen. Das Feuer in Centralia ist übrigens einer von 112 aktiven Kohlebränden in den USA.

Eine Geisterstadt

Bis 1993 erfolgte eine zwangsweise Absiedelung der Einwohner (mit Entschädigungszahlungen). 2010 existierten noch fünf Haushalte, die den Räumungsklagen widerstehen konnten. Die Anwohner haben ein Wohnrecht auf Lebenszeit zugestanden bekommen. Die Behörden planen keine Bekämpfung des Feuers mehr. Wissenschaftler schätzen, dass die vorhandene Anthrazitkohle untertage auf einer Fläche von ca. 15 km² das Feuer noch 100 bis 200 Jahre nähren kann. Ein vorher/nachher-Foto der Hauptstraße findet sich hier.

Es gibt den Vorwurf, dass die Absiedelung der Bewohner nicht erforderlich war und nur dazu diente, die Grundstücke und damit die Bergbaurechte der Region großen Kohleförderunternehmen zugänglich zu machen. Es gibt bis zu 21 Kohleflöze in der Gegend, wovon nur einer brennt. Auf YouTube gibt es dieses Video mit einem Bericht aus der aufgegebenen Stadt. Ein Bericht über die Vorkommnisse lässt sich hier lesen, aktuelle Fotos aus 2023, aufgesammelt auf Instagram, findet sich hier und hier.

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