Fitness 50 Plus durch neurozentriertes Training

Kürzlich bin ich in einer Gesundheitssendung auf das Thema neurozentriertes Training gestoßen. Ein Konzept, welches von Leistungssportlern genutzt wird, aber auch im Alter hilft, die Leistung zu optimieren oder zu erhalten, indem es die Verarbeitung von Sinnesreizen gezielt trainiert. Bei der Sendung hatte ich mein deja-vue-Erlebnis, da ich einige diese Übungen in meinen Sportstunden beim Ü50-Sport wiedererkannt habe, ohne das dies so benannt wurde.


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Doc Fischer und das neurozentrierte Training

Es war eine Gesundheitssendung von Doc Fischer vom 19. März 2025, die ich zufällig im SWR gesehen habe (hier der Beitrag aus der Mediathek). Dort ging es auch um das Thema "Neurozentriertes Training", welches bei den vom Gehirn gesteuerten Punkten Bewegung, Koordination und Schmerzempfinden ansetzt.

Neurozentriertes Training stärkt die Verbindung zwischen Gehirn und Körper, indem durch gezielte Übungen das Nervensystem stimuliert und das Gehirn mit neuen Bewegungsmustern versorgt. Diese Methoden werden von der DFB-Akademie eingesetzt, um bei Sportlern die Leistung zu fördern, Verletzungen zu verhindern und die Rehabilitation zu unterstützen.

Nun wird die Leserschaft meines 50 Plus-Blogs eher nicht zu den Aspiranten der DFB-Akademie gehören. Aber neurozentriertes Training kann helfen, wieder schmerzfreier zu werden, eine bessere Koordination und Balance zu bekommen oder die Leistungsfähigkeit des Bewegungsapparats zu erhalten bzw. wiederherzustellen.

Deja-vue bei ersten Übungen

Und die Doc Fischer Gesundheitssendungen richten sich vorwiegend an Personen Ü50 mit gewissen körperlichen Problemen, da passt das Thema "Neurozentriertes Training". Und als Doc Fischer die ersten Übungen (Hase-Jäger) mit Passanten auf der Straße zeigte, hatte ich plötzlich mein deja-vue-Erlebnis.

Unsere Ü50 Sportstunden

Ich nehme über ein viertel Jahrhundert an Sportstunden in unserem Sportverein teil – Rückenschmerzen trieben mich seinerzeit dazu. Und vor einigen Jahren hatten wir einen polnischstämmigen Übungsleiter in der Sportstunde, der immer mit "so komischen Übungen" am Anfang der Stunde begann.

Da gab es die Übung, die rechte Hand zur Faust ausgestreckt vor den Körper zu halten, während die linke Hand flach auf der Brust lag. Dann ging die linke Hand nach vorne und musste zur Faust geballt werden, während die vor dem Körper ausgestreckte rechts Faust angezogen und als flache Hand auf die Brust gelegt werden musste. Alleine dieser Wechsel beanspruchte den Kopf schon ganz schön – wie oft war die Faust (statt der flachen Hand auf der Brust). Die Übung lässt sich dann abwandeln, indem die auf der Brust liegende Hand zur Faust geballt wird, während die Hand am nach vorne ausgestreckten Arm flach nach oben abgewinkelt wird.

Hase-Jäger-Übung
Hase-Jäger-Übung; Quelle: YouTube


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Oder es gab die Hase-Jäger-Übung mit den Fingern, wobei eine Hand mit abgespreiztem Zeige- und Mittelfinger den Hasen darstellt, während die zweite Hand mit Zeigefinger und abgewinkelten Daumen den Jäger mit der Pistole, die auf den Hasen zielt, bildet. Hase und Jäger sollen abwechselnd schnell mit den jeweils anderen Händen gebildet werden. Einfach auf obiges Bild klicken, um das betreffende Video auf YouTube abzurufen. Ganz schön schwierig – auch bei Doc Fischer verzweifelten Passanten auf der Straße bei dieser Übung.

Mir ist in Erinnerung, dass die Teilnehmer in der Sportstunde immer über diese "Spielchen" des Kursleiters geflucht haben, da nichts klappte. Aber im Hinterkopf war mir immer klar, was der Sinn hinter den Übungen war – und bei Doc Fischer kam das deja-vue-Erlebnis und die Erkenntnis, dass in unseren heutigen Ü50-Sportstunden eigentlich viele dieser Elemente eingebaut sind. Der oben genannte Trainer hat uns übrigens leider in der Corona-Zeit verlassen, da dort keine Sportstunden mehr möglich waren und der Mann andere Einnahmequellen zum Lebensunterhalt benötigte.

Weitere Informationen über neurozentriertes Training

Ich habe noch ein wenig zum Thema gesucht – von der BARMER Ersatzkasse gibt es den Artikel Neuroathletik: Trainieren wie im Spitzensport, der sich mit dem Thema neurozentriertes Training befasst und eine Reihe Informationen beinhaltet.

Videos und Anleitungen

Auf YouTube gibt es eine Reihe Videos zum Thema – allerdings kann ich zu deren Güte  und ob die medizinisch validiert sind, wenig sagen. Eine Übersicht zum Thema mit Beschreibung einiger Übungen findet sich hier.

Luise Walther und neurozentriertes Training

Die Person, die wohl mit dem Begriff neurozentriertes Training in Verbindung gebracht wird, ist Luise Walther. Diese wurde auch in der obigen Doc Fischer-Sendung mit einigen Übungen vorgestellt. Die Webseite von Frau Walther wirbt für ihre Kurse und Bücher, hält aber auch unter dem Punkt "Anwendungsgebiete" einige Themen wie Longevity (Leben verlängern), Gleichgewichtstraining oder Schmerzen bereit. Einen Auszug aus einem ihrer Bücher mit Übungen ist auf Google Books einsehbar.

Eigene Erfahrungen

Es gibt meines Wissens nach keine Studien, die die Evidenz dieses Trainings bei älteren Patienten belegen. Aber es ist ein sehr spannendes Feld – und mir ist ein Erlebnis vor fast genau 10 Jahren in Erinnerung. Nach einem schweren Sportunfall mit Rückenmarksverletzung war ich knapp an einer Querschnittslähmung an Armen und Beinen entlang geschrammt und musste mich mühsam ins Leben zurück kämpfen.

Eine Voita-Therapeutin riet mir zum Zeitpunkt, wo ich Arme und Beine kaum gebrauchen konnte, zu einer simplen Übung: Die Zunge im Mund nach rechts bewegen und die Augen nach links blicken lassen. Dann das Ganze in die jeweils andere Richtung umkehren. Sollte das Nervensystem anregen, neue Verbindungen aufzubauen. Hörte sich wie Hokus-Pokus an, hat mir aber geholfen – drei Monate nach dem Unfall konnte ich die Arme wieder über den Kopf heben und eine leichte Tasse mit beiden Händen zum Mund bringen.

Ein zweiter PNF-Therapeut (PNF steht für Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation) riet mir Monate später wegen einer gravierenden Gangunsicherheit, immer wieder mal 10 bis 15 Meter rückwärts zu gehen, um meine Gangsicherheit zu verbessern. Ich habe es auf den täglichen Gängen von 1-2 km immer wieder versucht, es war "wie das Lösen einer Handbremse". Nach zwei, drei Monaten (ca. 1/2 Jahr nach dem Unfall) hatte ich meine Gangsicherheit so weit verbessert, dass ich wieder 5-6 km lange Nordic-Walking-Strecken bewerkstelligen konnte.

Nun wird nicht jeder Leser oder jede Leserin einen Sportunfall mit Genickbruch oder Rückenmarksschädigung erleiden. Aber in meiner Reha habe ich viele Mitpatienten mit Schlaganfällen getroffen, die unter den gleichen Problemen litten. Auch hier könnte ein solches Training helfen. Möglicherweise hilft dieses Training auch bei Parkinson – sollte man mit den Ärzten und Therapeuten abklären.

Ach ja, das Rückwärtsgehen bauen wir beim Sport in der Aufwärmübung auch immer kurz ein. Zudem habe ich beim Schreiben dieses Beitrags festgestellt, dass in allen meinen Sporteinheiten (4 x 1 Stunde pro Woche, von Pilates bis zu Muskelaufbautraining) irgendwo Übungen aus dem neurozentrierten Training eingebaut sind, ohne dass dies so benannt wird.

Und es gibt noch eine Beobachtung: In den vier Sportkursen, an denen ich wöchentlich teilnehme, sind die Teilnehmer und Teilnehmerinnen deutlich fitter als die gleichaltrigen Sportmuffel. Balance-Übungen wie auf einem Bein stehen, werden ab 70 Jahren schon schwierig – ich schaffe es noch. Und in manchen Kursen sich achtzigjährige Teilnehmer, die die Übungen schaffen. Sind für mich Vorbild, möglichst bis zu diesem Alter und darüber hinaus "durchzuhalten". Wie meinte ein fitter 93 Jähriger in einem Interview, welches ich kürzlich gesehen habe: "Das ist harte Arbeit, bis hier hin zu kommen". Aber es lohnt sich, zu rackern, um mit steigendem Alter fit und gesund zu bleiben.

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Eine Antwort zu Fitness 50 Plus durch neurozentriertes Training

  1. XCountry sagt:

    Vielen Dank für die Hinweise. Kann ich zZt sehr gut gebrauchen.

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