Nachdem der November bald endet, ist es Zeit, noch ein paar Plätzchen für Weihnachten zu backen. Diesmal sollten es Anisplätzchen werden – war sozusagen mein Erstlingswerk. Denn meine Frau streikte, seit vor vielen Jahren die Selbst-Backversuche scheiterten und die Plätzchen keine Häubchen und keine Füßchen hatten. In den vergangenen Jahren wurde dann eine Tüte Anisplätzchen gekauft. Heuer wollte ich Selbstgebackenes, also musste ich ran und mich in angewandter Chemie versuchen.
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Anisplätzchen sind so was wie der materialisierte Alptraum für Bäcker*innen in der heimischen Küche. Meine Frau weigerte sich 'für so etwas habe ich keine Lust' – und die missglückten Backversuche waren auch noch in Erinnerung. Die Anisplätzchen schmeckten zwar erinnerungsmäßig, aber es fehlten Häubchen und Füßchen. Ich habe die Back-Experimente einer Person über viele Jahre verfolgt und mitbekommen, dass auch dort immer mal wieder Chargen nichts geworden sind. Habe mir daher dort die ultimativen Tipps geholt, was zu beachten ist.
Schlechter Start
Eigentlich wollte ich ja schon einige Tage die Anisplätzchen versuchen – nachdem das mit dem Spritzgebäck geklappt hatte (November-Blues? Corona-Koller? Nö, Spritzgebäck backen). Allerdings war dies mit einigen Hürden versehen. Anfang der Woche gab es beim Bio-Laden kein 405er Weizenmehl mehr – erst Freitag brachte Frau einen Pack vom Discounter mit. Dann hatten wir kein Anis, was Frau auch schon Anfang der Woche gekauft hatte. Nach dem Frühstück hieß es 'Wenn Du Anisplätzchen willst, musst Du anfangen'. Ich wusste, dass der Teig einige Zeit ruhen muss.
Also zaghaft nach einem Rezept gefragt: 'Das habe ich im Kopf: 3, 15, 250, 250' lautete die Antwort. Also drei Eier geschnappt, 250 Gramm Zucker abgewogen und das Mehl (250 Gramm) bereitgestellt. Und meine Frau stellte mir ein Tütchen gemahlenen Anis sowie die Küchenmaschine hin. Schnell die drei Eier in den Topf der Küchenmaschine gegeben und diese eingeschaltet. Etwas Salz dazu gegeben und dann langsam die 250 Gramm Zucker in den Rührbottich zugegeben. Die Maschine lief, bis die Masse aus Eigelb, Eiklar und Zucker cremig weiß war.
In der Zwischenzeit habe ich einige Backbleche gefettet und mit Mehl bedeckt, war ein Tipp von Ulli ('nimm kein Backpapier, sondern ein gefettetes, bemehltes Blech'). Begleitet wurde dies von Kommentaren der 'Meisterin' aus dem Off: Das muss fixer gehen, mach das mal anders. Dann wollte ich die 15 Gramm gemahlenes Anis zum gesiebten Mehl geben – als der Hinweis kam: Wie viel ist denn in der Tüte? Die Tüte enthielt nur 10 Gramm – Scheibenkleister. Kreativ, wie ich bin, wollte ich es mit 10 Gramm versuchen, aber der Kommentar lautete 'warum stehen wohl 15 Gramm im dem in meinem Kopf gespeicherten Rezept?' – da gehen Mann die Argumente aus.
'Wir haben ja noch eine Kaffeemühle und Sternanis' kam es – oder Du setzt dich ins Auto und fährst zum Supermarkt, gemahlenen Anis holen. Faulheit siegt, die elektrische Kaffeemühle, die nur zum Mahlen von Gewürzen oder Zucker dient, herausgeholt und versucht 5 Gramm Sternanis abzuwiegen. Die Küchenwaage schlug erst bei 6 Gramm an. Immerhin, das Tütchen Anis wurde mit 11 Gramm angegeben. Schnell einige Sternanis-Samen gemahlen – das Ergebnis sah recht 'körnig' aus. Frau beschwerte sich sofort: Das riecht so intensiv. Also habe ich nur eine Prise des gemahlenen Sternanis zum Mehl und den bereits vorhandenen 10 Gramm gegeben.
Küchenmaschine ausgeschaltet und versucht, das gesiebte Mehl-Anis-Gemisch unter die schaumig geschlagene Ei-Zuckermasse zu heben. Hat der Meisterin nicht gefallen, womit mir der Schaber aus den Händen gerissen und das 'Unterheben' demonstriert wurde. Immerhin, ich durfte das Werk vollenden. Der Teig schmeckte schon mal gut. Dann ging es an das Befüllen einer Spritztüte, mit der die Teig-Klekse auf das bemehlte Backblech gesetzt wurden. Die Tülle war etwas klein – die Spitzen mit Zacken und größeren Öffnungen durfte ich nicht verwenden – Meisterin hat's verboten. 'Mach nicht so große Kleckse' lautete der Kommentar aus dem Off. Also befolgt und schnell festgestellt, das ich dann 20 Bleche für die Teigmasse gebraucht hätte. Ergo wurden die Klekse nochmals etwas vergrößert.
Am Ende einer guten Viertel Stunde Plackerei hatte ich drei Backbleche und ein Kuchenblech mit Rohlingen gespritzt, Finger und Jackenärmels mit Teig bekleckert und fluchte über die Sauerei mit der Spritztüte. Die fertigen Backbleche wurden im Wohnzimmer zum Trocknen aufgestellt und ich entschwand ins Büro. Nach einer guten Stunde rief eine Stimme 'ich glaube, die Klekse sind schon trocken'. Also schnell nachgeschaut, die Rohlinge waren wirklich angetrocknet. Vielleicht hat die Fußbodenheizung gewirkt.
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Also Backofen auf 160 Grad vorgeheizt und das Kuchenblech mit der ersten Probe eingeschoben. Nach ca. 20 Minuten kam die erste Charge aus dem Ofen, die gar nicht mal so schlecht ausschaute. Die Dinger ließen sich zwar nicht leicht lösen, ich musste warten, bis die Backform erkaltet war. Aber das Ergebnis stimmte – und ein Test ergab: Schmeckte schon.
(Anisplätzchen)
Gut, ist alles nicht so ganz Profi-like – eines der Anisplätzchen im Vordergrund hat eher die Form eines Apple-Logos mit dem abstehenden Ast (hoffentlich werde ich von Apple nicht verklagt – aber ich habe den Keks nicht angebissen). Aber alle Plätzchen hatten Häubchen und Füßchen. Also mit dem Backen der weiteren Bleche begonnen …
(Anisplätzchen: Wir üben noch)
Ein Profi hätte das Ergebnis als 'nicht verkaufsfähig' angesehen, aber gut, wir üben ja noch – und eine individuelle Note hat ja auch schon was. Wenn das Zeugs gegessen ist, sieht man eh keinen Unterschied mehr – und manche Leute stopfen die Kekse eh blind in den Mund. Und einige Chargen – da, wo ich gleich einen Kleks Teig 'nach Gusto' (halt, viel zu viel) drapiert hatte, sahen richtig gelungen aus.
(Anisplätzchen mit Hütchen und Füßchen)
Jedenfalls habe ich jetzt meinen Vorrat an Anisplätzchen mit Hütchen und Füßchen – die Keksdose ist gefüllt – Weihnachten kann kommen.
(Keksdose)
PostScript: Natürlich waren die Tipps von Ulli und die Assistenz meiner Meisterin, die alles als Supervisor überwacht, kommentiert und kontrolliert hat, ganz hilfreich (ich hab's überlebt und der Stress vom 'über die Schulter gucken' ist auch weg). Warum erinnert mich das Ganze spontan an meine Studentenzeit, als wir einen Garten der Vermieterin nutzen durften. Ich hatte einfach einige Kartoffeln in die gegrabene Erde gesteckt (als Bauernsohn wusste ich 'das wächst, musst Du nur später häufeln'). Der Nachbar, ein Pensionär meinte 'junger Mann, das wird nie was, das Beet muss vorbereitet werden, es braucht Saat-Kartoffeln …' – und er ackerte in seinem Garten über Stunden. Ich musste ja studieren, für so etwas hatte ich weder Zeit noch Lust.
Es kam der Herbst, Nachbar ging mit Hacke bewaffnet in sein Beet mit den Kartoffeln. Schon scholl der Ruf des Bedauerns über den Zaun 'die Kartoffeln sind dieses Jahr nichts geworden, klein und wenige Knollen'. Also habe ich mir meine Hacke geschnappt und in der Erwartung 'da ist nicht viel' die fünf Kartoffel-Pflanzen gerodet. Zum Vorschein kamen bei jeder Pflanze bis zu fünf faustdicker Kartoffeln und dem Nachbarn, der das beobachtete fiel die Kinnlade herunter. Und ich so 'Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln'. Habe nie wieder vom Nachbarn einen unerbetenen Gartentipp bekommen. Warum fällt mir bloß diese Schote beim Plätzchenbacken ein?
Kommentar aus dem Off: Und dafür steht man einen halben Tag in der Küche, damit die Keksdose in 10 Minuten leer gefuttert ist? Recht hat die Stimme, aber der Versuch musste einfach mal sein. Ach ja, Freitag traf auch die bestellte Spezial CMOS-Stützbatterie für mein Netbook per Post ein. Die habe ich während der Backaktion auch noch gewechselt. Jetzt behält mein Netbook wieder die Uhrzeit beim Ausschalten. Bleibt nur noch die defekte Kreiselpumpe am Hauswasserwerk, die Donnerstag undicht wurde, auszutauschen. Irgend etwas ist ja immer … und als ich so meinte 'über das Event muss ich bloggen', kam 'haste sonst nix zu tun, Keller muss noch aufgeräumt werden'. Was ein Glück, dass ich noch nicht in Rente bin und das Bloggen als Arbeit verkaufen kann. Werde ich auch ab nächstes Jahr als Rentner so lange als möglich beibehalten, Mann braucht schließlich Rückzugsräume – und Keller aufräumen macht nicht glücklich ;-).
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Mein Tag ist gerettet !
Da läuft mir schon das Wasser im Mund zusammen. Mal sehen, was meine Meisterin zu einem (oder zwei, drei) Back Event mit Mailänder, Zimtsterne, Brunsli und Anisplätzchen meint ;-)