Voyager-Sonden: Lebensdauerverlängerung durch Software-Update in der "Unendlichkeit"

Die US-Raumsonden Voager 1 und Voyager 2 haben inzwischen unser Sonnensystem verlassen und reisen im interstellaren Raum, funktionieren aber immer noch. Nun haben Techniker damit begonnen, den Raumsonden ein Software-Update einzuspielen, welches die Lebensdauer der Lageregelung verlängern soll.


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Die Voyager-Raumsonden

Die Raumsonde Voyager 2 startete am 20. August 1977 und flog am Jupiter vorbei. Dann wurde die Flugbahn so verändert, dass die Sonde sowohl den Saturn und später die Planeten Uranus und Neptun besuchte und beim Vorbeiflug Daten sammelte. Dadurch ist diese Sonde etwas langsamer als die Schwestersonde Voyager 1 unterwegs.

Voyager 1 wurde dagegen am 5. September 1977 gestartet und flog an den Planeten Jupiter und Saturn vorbei, und dann das Sonnensystem in Richtung interstellarer Raum zu verlassen. Die 1977 gestartete US-Sonde Voyager 1 hat bereits zwischen 2010 bis 2012 (genau weiß man das nicht, da das betreffende Messgerät ausgefallen ist) unser Sonnensystem verlassen und befindet sich im interstellaren Raum. Das Gleiche ist bei Voyagr 2 der Fall. Beide Sonden fliegen inzwischen in diesem interstellaren Raum.

Voyager-Raumsonde
(Voyager-Raumsonde, künstlerische Darstellung NASA/JPL)

Beide Sonden stellen eine Spitzenleistung der Ingenieurtechnik dar, funktionieren sie doch nach 46 Jahren immer noch – wenn auch einzelne Messgeräte ausgefallen sind oder wegen Energiemangel abgeschaltet werden mussten. Die verbliebenen Messgeräte liefern immer noch Daten aus dem interstellaren Raum.

Software-Update soll Lebensdauer erhöhen

Um mit der Erde kommunizieren und Daten übertragen zu können, müssen die Radioantennen der Sonden zur Erde ausgerichtet werden. Das geschieht auch mit Triebwerken zur Lageregelung der Sonden. Bei jedem Feuern dieser Triebwerke bleiben aber, laut den Technikern, Rückstände in den Düsen zurück. Es besteht die Gefahr, dass die Düsen und feinen Leitungen irgendwann durch diese Rückstände verstopfen.

Damit besteht das Risiko des Triebwerksausfalls, so dass die Sonde irgendwann nicht mehr in der Lage kontrolliert werden kann. Die Kommunikation mit der Erde wäre beeinträchtigt. Natürlich lässt sich durch die reduzierten Triebwerksläufe zur Lageregelung auch Treibstoff sparen, ein Parameter, der die Lebensdauer ebenfalls begrenzt.

Weiterer Parameter, der die Lebensdauer bestimmt, ist die Energieversorgung der Geräte, die von einem Radionuklid (Plutonium) Generator über Kernzerfallswärme erzeugt wird. Sinkt die Energieversorgung unter einen bestimmten Wert, ist die Sonde faktisch tot – vorher müssen bereits Geräte abgeschaltet werden.

Laut Wikipedia reicht der Hydrazin-Treibstoff für die Lageregelung bei Voyager 1 noch mindestens bis 2040 aus. Wesentlich kritischer ist die Energieversorgung: Aufgrund des fortschreitenden radioaktiven Kernzerfalls in den Radionuklidbatterien sowie der Abnutzung der thermoelektrischen Elemente sinkt die zur Verfügung stehende elektrische Leistung um ca. 4 W pro Jahr. Durch Abschaltung einiger nicht-essenzieller Systeme (Instrumente, Heizelemente …) ist es immer wieder gelungen, die Lebensdauer der Sonde zu verlängern. Im Jahr 2026 muss vermutlich ein weiterer Sensor abgeschaltet werden.


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Und der letzte Parameter, der die Lebensdauer bestimmt, ist die Alterung der Komponenten innerhalb der Sonde. Einzelne Messgeräte sind ja über die lange Betriebsdauer bereits ausgefallen.

Nun sind die Techniker halt auf die Idee gekommen, die Ausrichtung der Sonden auf die Erde weniger präzise als bisher durchzuführen. Das soll Treibstoff sparen, weil die Triebwerke weniger oft feuern müssen. Gleichzeitig wird dadurch auch die Zunahme der Verschmutzung in engen Leitungen und Düsen verlangsamt. Das soll die Lebensdauer der Lageregelungssysteme der Sonden verlängern.

Man geht davon aus, dass diese Maßnahme dafür sorgt, dass die Triebwerke die kommenden fünf Jahre funktionieren. Die Sonde Voyager 2 hat nun ein entsprechendes Software-Update für die Triebwerkssteuerung und Lageregelung bekommen.

Weiterhin gab es ein Update, um ein Software-Problem zu verhindern, dass bei der Sonde schon zu Fehlfunktionen führte. Vor einem Jahr schickte die Sonde falsche Daten zur Erde, weil ein Computer diese verfälschte. Dieses Software von Voyager 1 soll im nächsten Schritt überarbeitet werden, nachdem klar ist, dass es bei Voyager 2 mit dem Update geklappt hat.  Denn das Software-Update wird ja quasi "in der Unendlichkeit", weit draußen im Weltall, eingespielt.

Ich hatte den Sachverhalt bereits Anfang der Woche in diesem englischsprachigen Artikel von The Register mitbekommen. Dort hieß es, dass die NASA ihre Voyager 2-Sonde letzte Woche gepatcht habe (also ein Software-Update eingespielt hat), um einen Fehler zu beheben, der im letzten Jahr dazu führte, dass die Sonde fehlerhafte Telemetriedaten erzeugte. Die NASA wird aber erst nach dem 28. Oktober wissen, ob die Korrektur funktioniert – oder kritischen Code überschrieben hat. Daher wird Voyager 1 erst zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Update bedient. Die Kollegen von heise haben in diesem Artikel weitere Details zu diesen Updates zusammen getragen.

Persönliche Gedanken

An dieser Stelle verneige ich mich in großer Ehrfurcht vor meinen Ingenieurskollegen, die die beiden Voyager-Raumsonden vor über 5 Jahrzehnten entworfen und dann gebaut haben. Denn die Raumsonden funktionieren noch immer – und das, trotzt der harschen Bedingungen des Weltalls.

Ich erinnere mich, als junger Ingenieurstudent (1976-1979) fasziniert das Projekt verfolgt zu haben, um dann auf Ergebnisse zu warten. Ich habe es niemals geschafft, in diesem Bereich der Raumfahrt zu arbeiten. Mein Einstieg dauerte nur 1 3/4 Jahr, und fand im Flugzeugbau statt, wo ich aber nach kurzer Zeit frustriert das Handtuch warf, weil ich kein Licht am Ende des Tunnels sah, an "großen Raumfahrtprojekten" mitzuarbeiten oder selbst "zu den Sternen zu fliegen".

Stattdessen habe ich angefangen, "was mit Computern zu machen" und bin bis heute bei diesem Thema geblieben. Daher weiß ich auch, welche Herausforderung es darstellt, den alten Programmcode der ursprünglichen Entwickler zu warten und zu modifizieren, und dann das Ergebnis auf einen Computer einzuspielen, der bei Voyager 2 etwa 19 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt fliegt. Bei Voyager 1 beträgt die Entfernung zur Erde inzwischen 24 Milliarden Kilometer. Es dauert daher viele Stunden, bis ein Signal aus dieser Entfernung die Erde erreicht.

Alles in allem eine technische Meisterleistung der Ingenieure. Die Voyager-Sonden haben die geplante Lebensdauer um mehr als das Zehnfache überschritten und liefern immer noch Daten. Die Missionen wurden, trotz Geldproblemen, nie eingestellt. Denn beide Sonden forschen in einem Bereich, der bisher von Sonden noch niemals durchflogen wurde.

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Eine Antwort zu Voyager-Sonden: Lebensdauerverlängerung durch Software-Update in der "Unendlichkeit"

  1. Benni sagt:

    Dabei sollte auch UPX nicht vergessen werden, denn ohne "data compression" würden die Voyager-Raumsonden u.a. schon lange nichts mehr speichern/senden können.

    https://upx.github.io/
    https://www.oberhumer.com/
    by Markus F.X.J. Oberhumer, László Molnár & John F. Reiser.

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