Astronomen ist es erstmals gelungen, eine Staubscheibe um einen noch im Entstehen begriffenen Exo-Planeten nachzuweisen. Aus dieser Staubscheibe werden sich später Monde um diesen Planeten bilden. Für die Wissenschaft eine äußerst spannende Geschichte, da dies Antworten auf die Entstehung unserer Planeten und Monde liefern kann.
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ODS 70 ist ein sehr junger T-Tauri-Stern im Sternbild Centaurus. Er befindet sich etwa 370 Lichtjahre von der Erde entfernt, hat eine Masse von 0,76 M und ist etwa 5,4 Millionen Jahre alt. Der Stern hat eine protoplanetare Scheibe, die zwei entstehende Exo-Planeten mit den Namen PDS 70b und PDS 70c enthält, die vom Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte direkt abgebildet wurden. PDS 70b war der erste bestätigte Protoplanet, der direkt abgebildet wurde. Alleine dies ist schon eine Sensation – die Astronomen können die Planetenentstehung beobachten.
Scheibe um Planeten nachgewiesen
Momentan geht die Meldung durch die Medien (siehe z.B. hier), dass man erstmals eine Scheibe um einen Planeten nachgewiesen habe, die zur Entstehung von Monden führe. Das Ganze geht auf diese Pressemitteilung der ESO zurück, in der es heißt, dass Astronomen zum ersten Mal eindeutig eine Scheibe um einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems nachgewiesen haben. Die Beobachtung erfolgte mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA), an dem die Europäische Südsternwarte (ESO) als Partner beteiligt ist. Die Wissenschaftler meinen, dass die Beobachtungen neue Erkenntnisse darüber liefern werden, wie sich Monde und Planeten in jungen Planetensystemen bilden.
Weitwinkel- und Nahaufnahmen einer mondbildenden Scheibe, aufgenommen mit ALMA, Quelle: ESA
„Unsere Arbeit stellt einen klaren Nachweis einer Scheibe dar, in der sich natürliche Trabanten bilden könnten", sagt Myriam Benisty, Forscherin an der Universität von Grenoble, Frankreich, und an der Universität von Chile. Sie leitete die neue Studie, die in The Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurde. „Unsere ALMA-Beobachtungen wurden mit einer so exzellenten Auflösung gewonnen, dass wir klar erkennen konnten, dass die Scheibe mit dem Planeten assoziiert ist. Zudem sind wir in der Lage, ihre Größe zum ersten Mal einzugrenzen", fügt sie hinzu.
Ich habe aber etwas gestutzt, als in Medien las, dass es der erste Nachweis eines Monds bei einem extrasolaren Planeten sei. In der Link-Liste am Artikelende finden sich Hinweise auf Beiträge, in denen die Entdeckung eines Monds um einen Exo-Planeten besprochen wird. Und auch zur Scheibe um den oben erwähnten Exo-Planeten PDS 70b hatte ich bereits den Beitrag Mond-Entstehung bei Exo-Planeten beobachtet hier im Blog.
Die Meldung basiert wohl auf dem Umstand, dass nun eine Veröffentlichung in The Astrophysical Journal Letters erfolgte. Zum Sachverhalt: Die fragliche Scheibe, eine so genannte zirkumplanetare Scheibe, umgibt den Exoplaneten PDS 70c, einen von zwei riesigen, Jupiter-ähnlichen Planeten, der einen fast 400 Lichtjahre entfernten Stern umkreist. Astronomen hatten schon früher Hinweise auf eine „mondbildende" Scheibe um diesen Exoplaneten gefunden. Da sie die Scheibe aber nicht eindeutig von ihrer Umgebung unterscheiden konnten, konnten sie ihren Nachweis nicht bestätigen – bis jetzt.
Außerdem fanden Benisty und ihr Team mit Hilfe von ALMA heraus, dass die Scheibe etwa den gleichen Durchmesser hat wie die Entfernung von unserer Sonne zur Erde und genug Masse, um bis zu drei natürliche Satelliten von der Größe des Mondes zu bilden.
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(Quelle: YouTube)
Doch die Ergebnisse sind nicht nur entscheidend, um die Entstehung von Monden zu ergründen. „Diese neuen Beobachtungen sind auch extrem wichtig, um Theorien über die Planetenentstehung zu überprüfen, die bisher nicht getestet werden konnten", sagt Jaehan Bae, ein Forscher vom Earth and Planets Laboratory der Carnegie Institution for Science, USA, und Autor der Studie.
Planeten bilden sich in staubhaltigen Scheiben um junge Sterne und graben Lücken hinein, während sie Material aus dieser zirkumstellaren Scheibe für ihr Wachstum aufzehren. In diesem Prozess kann ein Planet seine eigene zirkumplanetare Scheibe entwickeln. Diese Scheibe trägt zum Wachstum des Planeten bei, während sie die Menge an Material reguliert, die auf den Planeten fällt. Gleichzeitig können sich das Gas und der Staub in der zirkumplanetaren Scheibe durch mehrfache Kollisionen zu immer größeren Gebilden verdichten, was schließlich zur Geburt von Monden führt.
Doch die Astronomen verstehen die Details dieser Prozesse noch nicht vollständig. „Kurz gesagt, es ist immer noch unklar, wann, wo und wie sich Planeten und Monde bilden", erklärt ESO Research Fellow Stefano Facchini, der ebenfalls an der Forschung beteiligt war.
„Mehr als 4000 Exoplaneten wurden bisher gefunden, aber alle von ihnen wurden in entwickelten Systemen entdeckt. PDS 70b und PDS 70c, die ein System bilden, das an das Jupiter-Saturn-Paar erinnert, sind die einzigen beiden bisher entdeckten Exoplaneten, die sich noch im Entstehungsprozess befinden", erklärt Miriam Keppler, Forscherin am Max-Planck-Institut für Astronomie in Deutschland und eine der Co-Autoren der Studie [1].
„Dieses System bietet uns daher eine einzigartige Möglichkeit, die Prozesse der Entstehung von Planeten und natürlichen Satelliten zu beobachten und zu studieren", ergänzt Facchini.
PDS 70b und PDS 70c, die beiden Planeten, aus denen das System besteht, wurden erstmals 2018 bzw. 2019 mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO entdeckt und sind aufgrund ihrer Einzigartigkeit seither vielfach mit anderen Teleskopen und Instrumenten beobachtet worden [2].
Die jüngsten hochauflösenden ALMA-Beobachtungen haben es den Astronomen nun ermöglicht, weitere Erkenntnisse über das System zu gewinnen. Sie bestätigten nicht nur den Nachweis der zirkumplanetaren Scheibe um PDS 70c und untersuchten deren Größe und Masse. Sie fanden auch heraus, dass PDS 70b keine eindeutigen Hinweise auf eine solche Scheibe zeigt, was darauf hindeutet, dass ihm PDS 70c das Staubmaterial aus seiner Geburtsumgebung entzogen hat.
Ein noch tieferes Verständnis des Planetensystems soll mit dem Extremely Large Telescope (ELT) der ESO erreicht werden, das derzeit auf dem Cerro Armazones in der chilenischen Atacama-Wüste gebaut wird. „Das ELT wird der Schlüssel für diese Forschung sein, da es uns mit seiner viel höheren Auflösung ermöglichen wird, das System sehr detailliert zu kartieren", sagt Co-Autor Richard Teague, Forscher am Center for Astrophysics | Harvard & Smithsonian, USA. Insbesondere wird das Team mit dem Mittelinfrarot-ELT-Imager und -Spektrografen (METIS) des ELT die Gasbewegungen um PDS 70c untersuchen können, um ein vollständiges 3D-Bild des Systems zu erhalten.
Endnoten
[1] Trotz der Ähnlichkeit mit dem Jupiter-Saturn-Paar beachten Sie bitte, dass die Scheibe um PDS 70c etwa 500-mal größer ist als die Ringe des Saturns.
[2] PDS 70b wurde mit dem Instrument SPHERE (Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet REsearch) entdeckt, während PDS 70c mit dem Multi Unit Spectroscopic Explorer (MUSE) des VLT gefunden wurde. Das Zwei-Planeten-System wurde auch mit dem X-Shooter-Instrument untersucht, das ebenfalls am VLT der ESO installiert ist.
Weitere Informationen
Diese Forschungsergebnisse wurden in dem Artikel „A Circumplanetary Disk Around PDS 70c" vorgestellt, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters (DOI: 10.3847/2041-8213/ac0f83) erscheint.
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