Entstehender Exoplanet AB Aur b wirft Rätsel auf – nie beobachtete Prozesse

Direkte Bilder von Protoplaneten, die in Scheiben um junge Sterne eingebettet sind, sind der Schlüssel zum Verständnis der Entstehung von Gasriesenplaneten wie dem Jupiter. Astronomen haben mit dem Subaru-Teleskop auf dem Mauna Kea in Hawaii einen Exoplaneten (AB Aur b) beobachtet, der sich gerade in der Entstehung befindet. Der Planet entsteht aber durch Prozesse, die man bisher nicht beobachtet hat.


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Erste Beobachtungen 2020

Im Jahr 2020 hatte ich im Beitrag Astronomen beobachten Geburt eines Planeten über die Entdeckung eines entstehenden Exoplaneten im jungen Sternensystem AB Aurigae, der im Sternbild des Fuhrmanns in in 520 Lichtjahren Entfernung zu finden ist, berichtet. Um den jungen Stern AB Aurigae herum liegt eine dichte Scheibe aus Staub und Gas, in der Astronomen eine markante Spiralstruktur mit einem "Knick" entdeckt haben. Dieser Knick markiert den Ort, an dem sich möglicherweise ein Planet bildet. Die Beobachtungen erfolgten mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (VLT) der ESO (European Southern Observatory). Das beobachtete Merkmal könnte der erste direkte Beweis für die Entstehung eines Babyplaneten sein.

Neue Beoabchtung im Jahr 2022

Mit dem Subaru-Teleskop und dem Hubble-Weltraumteleskop haben die Astronomen Hinweise auf einen Jupiter-Protoplaneten gefunden, der den Stern der AB Aurigae in einem großen projizierten Abstand von ca. 93 Astronomische Einheiten (AU) umkreist (mehr als die dreifache Distanz zwischen Neptun und Sonne). Die Ergebnisse sind in diesem Nature-Artikel beschrieben, nachfolgendes Bild zeigt den Exoplaneten AB Aur b (weißer Pfeil) in der Staubwolke um den abgedeckten Stern AB Aurigae. Zum Vergleich wurde der gelb gestrichelte Kreis eingezeichnet, um die Umlaufbahn unseres Neptuns zu zeigen.

Exoplanet AB Aur b
Exoplanet AB Aur b (weißer Pfeil) um den abgedeckten Stern AB Aurigae, der gelb gestrichelte Kreis zeigt die Umlaufbahn unseres Neptuns zum Vergleich, Quelle: T. Currie/Subaru Telescope

Der Planet ist wahrscheinlich für mehrere durch den Planeten verursachte Merkmale in der Scheibe verantwortlich. Seine Emission ist reproduzierbar als wiederaufbereitete Strahlung eines eingebetteten Protoplaneten. Die Wissenschaftler haben auch zwei Strukturen bei 430-580 Au identifiziert, die als Orte der Planetenbildung in Frage kommen.

Das Problem: Mit den gegenwärtigen Modellen zur Planetenentstehung kann dieser Fund nicht erklärt werden, da sowohl Größe als auch Position nicht passen. Dazu schreiben die Wissenschaftler: Diese Daten zeigen die Planetenentstehung in der eingebetteten Phase und die Entdeckung eines Protoplaneten bei großen Abständen (>50 au), die für die meisten abgebildeten Exoplaneten charakteristisch sind. Mit mindestens einem klumpenartigen Protoplaneten und mehreren Spiralarmen könnte das AB-Aur-System auch den Beweis für eine seit langem erwogene Alternative zum kanonischen Modell der Jupiterentstehung liefern, nämlich die (gravitative) Scheibeninstabilität.

  • Eine Theorie besagt, dass der Staub um eine junge Sonne Klümpchen bildet, die zusammenstoßen und zu sogenannten Planetesimalen anwachsen. Diese werden durch ihre Gravitation komprimiert, kollidieren und formen irgendwann richtige Planeten. Können diese Gas einfangen, werden sie zu Gasriesen. Diese Vorgänge sind aber nur in Nähe des jeweiligen Sterns erklärbar.
  • Der neue Exoplant AB Aur b befindet sich aber in viel zu großem Abstand von seiner Sonne. Die zur Bildung des Planeten bemühte Theorie geht von Gravitationsinstabilitäten aus, die für Materialzusammenballung in der Staubwolke sorgen. Daraus können dann Planeten entstehen, was auch in weiten Umlaufbahnen um einen Stern funktioniert.

Genau diese zweite Theorie zieht das Team um Thayne Currie in Betracht, wie man in diesem Dokument (und in Nature) schreibt. Dies ist der jüngste bisher entdeckte Protoplanet, der etwa die neunfache Masse des Jupiter haben soll. Der Mutterstern AB Aurigae ist lediglich wenige Millionen Jahre alt. In diesem Science-Artikel zeigen sich nicht alle Kollegen überzeugt, dass die oben erwähnte zweite Theorie zur Planetenentstehung zutrifft. Im Grunde könnte eine Kombination aus beiden Theorien für die Entstehung des neuen Planeten verantwortlich sein. Wie dem auch immer sei – es sind erstaunliche, neue Erkenntnisse und ein weitere Fortschritt in der Erforschung von Exoplaneten.

Details lassen sich in diesem Dokument (und in Nature), beide englisch, nachlesen. Deutschsprachige Artikel zu dieser Entdeckung gibt es bei spektrum.de und bei heise.de.


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