Mein Datsun Cherry: Sportcoupé und Lastwagen in einem

Datsun Cherry Coupe N10Den Markennamen Datsun als ältester japanischer Autohersteller kennt man heute kaum noch, da das Unternehmen 1974 beschloss, diesen Namen auslaufen zu lassen. Heute ist der Konzern als Nissan bekannt. Irgendwie ergab es sich aber, dass ich mir so 1980 ein Auto dieses Herstellers zugelegt hatte.


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Es war ein Datsun Cherry N10 als Sportcoupé, dunkelblau, mit Silber lackiertem "Überrollbügel" am Heck, umklappbaren Rücksitzen  und einer riesigen Heckklappe. "Das Mond-Auto", wie mein damaliger Nachbar in Bremen wegen des Silber lackierten "Überrollbügels" am Heck zu sagen pflegte. Und der Name Cherry erinnerte so gar nicht an eine Kirsche.

Aber ich habe dieses Auto geliebt. Die Story, wie ich von Ford plötzlich bei Nissan und dem Datsun Cherry Coupe N10 als Sportcoupé landete, hatte ich im Blog-Beitrag Meine „Schrauberjahre"-Teil 3: Ein Auto wird gebraucht …  erwähnt. Ich selbst habe wohl keine Fotos dieses Autos mehr, zumindest habe ich auf die Schnelle nichts gefunden. Aber nachfolgend ist ein Bild des Autos aus Wikimedia zu sehen. Ein weiteres Foto findet sich auf reddit.

Datsun Cherry Coupe N10
Datsun Cherry Coupe N10, Quelle: Wikimedia

Ganz so eckig hatte ich das Auto aber nicht mehr in Erinnerung. Auf dieser Webseite hat jemand das Modell auf einer Auto-Show fotografiert hat. Man sieht den silbernen Bügel, die schnittige Form und kann die lange Heckklappe erahnen.Das Fahrzeug gab es auch in Gelb mit schwarz lackiertem Überrollbügel, wie hier zu sehen (hätte mir aber nicht gefallen). Laut ADAC wurde das Fahrzeug zwischen 8.1978 und 10.1980 in Deutschland verkauft und kostete sagenhafte 5,514 Euro – kannst Du dir das vorstellen. Es war ein Zweitürer, der zu unserer damaligen Situation passte. Ich hatte meine erste Stelle als Ingenieur angetreten, und mein Frau arbeitete in der Buchhaltung einer Eisfabrik.

Die Frau mit dem Eis

Freitags, wenn meine Frau mit dem Cherry Coupé auf den Hof des Mietshauses in Bremen-Amund fuhr, wo wir damals wohnten, pflegte eine Horde Kinder aus allen Ecken des Grundstücks auf das Auto zuzulaufen. Ich habe manchmal auf dem Balkon unserer Wohnung gestanden und das Ganze beobachtet. Die Auflösung, warum meine Frau wie ein Magnet auf Kinder wirkte, ist recht einfach.

Als Buchhalterin des Eiskremherstellers Warnke bekam sie, wie jeder andere Angestellte auch, ein sogenanntes Deputat in Form von Eiskrem. Das war Ware, die einen leichten Fabrikationsfehler hatte und nicht in den Verkauf gehen konnte. Da gab es die Eiskremerollen und es gab Eis am Stiel, als Waffel und was weiß ich.

Die ersten Wochen und Monate ihrer Anstellung haben wir, das heißt, meine Frau, meine Wenigkeit, und ein befreundetes junges Ehepaar, wobei der Mann ein Arbeitskollege von mir war, mit wachsender Begeisterung Eiskreme verputzt. Aber dann hing uns das Zeug irgendwann zu den Ohren heraus – wöchentlich zwei Eiskremerollen war einfach zu viel.


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Selbst die Hausnachbarn haben schon abgewunken, wenn wir fragten "wollt ihr eine Eiskremerolle". Also habe ich meiner Frau vorgeschlagen: Nimm statt der Eiskremerollen halt Stiel- oder Waffeleis – so gab es zum Beispiel spezielles Kindereis in Form eines Clown-Gesichts am Stil. Die Nase des Clowns bestand aus einer Kaugummikugel. Das Eis sollte sie dann an die Kinder der Nachbarschaft und im Mietshaus verteilen.

Und so kam es, dass die Kinderschar Freitags Mittags auf oder in der Nähe des Grundstücks herumlungerte und auf das blaue Auto mit dem Eis wartete. Es war eine Freude zuzusehen, wie die Kids im Sommer erwartungsvoll um das Auto herumstanden, meine Frau die Heckklappe öffnete, in den Karton mit dem Eis griff und dieses an die 3-6 jährigen Kinder verteilte. Diese zogen dann mit dem Highlight des Freitags und mit glücklichen Gesichtern ab. Als die eigenen Kinder dann kamen, wohnten wir längst nicht mehr in Bremen.

Das Cherry Coupé als Lastenesel

Das Auto war zwar ein Sportcoupé, ließ sich aber durch eine große Heck-Klappe und umlegbare Rücksitze in einen „Lastwagen" umfunktionieren. Dies kam uns bereits beim Umzug von Bremen in das Rhein-Main-Gebiet zugute. Ich hatte 1981 wegen einer neuen Arbeitsstelle ein Zimmer in Frankfurt-Höchst angemietet, aber im Umland – konkret im Taunus – eine Mietwohnung gefunden.

Vor dem Umzug war es so, das wir eigentlich in der neuen Mietwohnung eine Notschlafgelegenheit haben wollten, um vor dem Umzug der Möbel zu renovieren – ersparte uns das Pendeln mit Fahrt zum angemieteten Zimmer. In Studentenzeiten hatten wir bereits zwei mit braunem Korkstoff bezogene Sessel gekauft, die sich so aufklappen ließen, dass sie als Bett mit Kopfteil fungieren konnten. Also flugs in Bremen die Heckklappe geöffnet, die beiden braunen Sessel sowie weiteres Zeugs und Werkzeug in den Kofferraum gepackt und dann in Richtung Rhein-Main gedüst.

Es gab noch weitere Fahrten, wo uns der große Kofferraum mit der großen Heckklappe zugute kam. Ein Besuch bei Ikea, um dort Schränke oder Möbel zu kaufen, war kein Problem. Irgendwie ließ sich das alles ins Auto laden. Auch ein späterer Umzug von der im Taunus angemieteten Wohnung zu einer im gleichen Ort gekauften Eigentumswohnung wurde mit diesem Lastenesel etwas entspannter bewältigt. Vieles konnten wir mit dem Cherry Sportcoupé zwischen den Objekten transportieren. Und so brauchte ich den an einem Samstag angemieteten LKW nur wenige Stunden, um den Rest an Möbeln umzuziehen.

Die Fuhre zum Baumarkt, wie die Gastarbeiter unterwegs

An eine Episode erinnere ich mich noch sehr gut. Das erste Kind war da und wir hatten uns 1985 eine gebrauchte Eigentumswohnung in unserem Ort gekauft. Da das Geld nicht so dicke vorhanden war, ich aber gleichzeitig Wurzeln im Handwerk habe, ging es flugs ans Renovieren des Objekts. Bad und Gäste-WC von den Sanitärobjekten und Fliesen befreit, in den Baumarkt, um Mörtel und Putz zu besorgen – alles mit dem Auto transportiert. Dann habe ich die Räume neu verputzt – an die Ecke, die ich leicht schief verputzt hatte, erinnere ich mich noch heute. Denn mit den aufgeklebten Fliesen konnte ich nicht alles nivellieren, die Ecke war leicht schief, was man an der Fliesenfuge sehen konnte. Jeden Morgen, wenn ich ins Bad kam, fiel der Blick auf diese Ecke und der Gedanke "Scheiße, da hättest Du einen Sack Putz mehr auftragen müssen", schoss mir durch den Kopf. Gut, es ist keinem anderen aufgefallen – aber meine alte Erfahrung auf dem Bau war "machst Du einen Fehler, siehst Du das ein Leben lang, wenn Du vor deiner Arbeit steht".

Beim Renovieren der Wohnung brauchte ich auch neue Sanitärobjekte. Meine Frau kannte über unser erstes Kind eine Mutter, deren Mann Bauingenieur bei einer großen Baufirma war. Der besorgte uns im Großhandel Sanitärobjekte, aber ich musste die selbst im betreffenden Lager in Frankfurt abholen. Mein Schwager hatte beim Erneuern der Wasserleitungen für das Bad geholfen und wollte den Einbau der Sanitärobjekte übernehmen. Also setzten wir uns an einem frühen Morgen in mein Mondauto, um nach Frankfurt zu düsen.

Im Sanitärgroßhandel bekam ich dann auch die bestellten Sanitärobjekte: Eine Badewanne, zwei Waschbecken und zwei WC-Schüsseln, sowie Waschtischablagen und Kleinteile wie Garnituren etc. Der Mann am Tresen, der die Ware ausgab, meinte "fahren Sie mal mit ihrem Lastwagen an die Rampe, ich gebe die Teile raus". Als ich dann mit meinem Sportcoupé vorfuhr, fielen ihm die Augen aus. "Wie oft wollen sie denn fahren", kam die Frage. Ich habe die Schultern gezuckt, die Heckklappe geöffnet, die Rücksitzbank umgelegt und dann verschwanden die Waschbecken, Waschtischablagen und WC-Schüsseln samt Spülkasten im inneren meines Autos. Heckklappe zu und die Badewanne auf einen mit einer Decke gepolsterten Dachgepäckträger gewuchtet.

Dann wurde die Badewanne gut verschnürt, dem Lagerarbeiter, der mit offenem Mund an der Rampe stand, adieu gesagt und wieder losgefahren. Die 25 km bis in den Taunus wird es schon gehen, auch wenn wir das Auto wie Gastarbeiter auf Heimaturlaub bepackt hatten. Wäre aber fast schief, bzw. ins Auge gegangen.

Ampelstörung, ein Polizist regelt den Verkehr …

An der Miquel-/Adickesallee, in der Nähe des Polizeipräsidiums Frankfurt, war an diesem Vormittag einer Kreuzung plötzlich eine Ampel ausgefallen. Auf der Hinfahrt funktionierte die Ampel noch. Also war ein Verkehrspolizist dazu abkommandiert worden, den Verkehr auf der Kreuzung zu regeln. Sah ich, als ich mit Badewanne auf dem Dachgepäckträger und viel Ladung im Kofferraum auf die Kreuzung zu rollte. Glücklicherweise waren einige Fahrzeuge vor mir und er schaute in die Gegenrichtung, während er mit dem Arm winkte, damit der Verkehr fahren solle.

Also richtig Gas gegeben und über die Kreuzung, damit der Polizist uns nicht anhält. Aus dem Augenwinkel konnte ich im Vorbeifahren noch sehen, wie der Polizist sich umschaute, der Blick auf unser Auto fiel, und er vor Erstaunen den Mund öffnete. Die Trillerpfeife purzelte heraus – und schon war ich über die Kreuung. Da viel Verkehr an diesem Morgen herrschte, hatte der Polizist wohl auch keine Chance, mit der Trillerpfeife zu agieren, um mich nachträglich anzuhalten.

Ich bin dann gemächlich mit Schwager und Sanitärobjekten im Auto über die A66 zurück in den Taunus geschüsselt und habe alles heile zur neuen Wohnung gebracht. Beim Ausräumen meinte der Nachbar, der aus dem Staunen nicht mehr herauskam, was wir das alles in die Wohnung schleppten: Wie groß ist denn der Lastwagen, damit ihr das alles transportieren konntet.

Der Cherry hat mir noch viele Jahre treue Dienste geleistet. Die Geschichte, wie ich über das Auto den KFZ-Dealer fürs Leben gefunden habe, und wie ich fast am TÜV gescheitert wäre und was das mit der Vedool Garantie zu tun hatte, erzähle ich in einem anderen Beitrag.

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