NASA kündigt eine neue Mission ‘Dragonfly’ zum Saturn-Mond Titan an

Es ist eine Wahnsinns-Mission für ein Raumfahrzeug, die die US-Raumfahrtbehörde NASA unter dem Titel 'Dragonfly' (Drachenflug) die Woche angekündigt hat. Eine Sonde soll auf dem Saturn-Mond Titan landen und dort nach Leben suchen. Die Sonde kann wie ein Hubschrauber abheben und damit verschiedene Landestellen besuchen, um diese zu analysieren.


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Der Saturn-Mond Titan, eine exotische Welt

Der Saturn ist von der Sonne aus gesehen der sechste (und nach Jupiter der zweitgrößte) Planet des Sonnensystems. Saturn besitzt ein Ringsystem und ein Äquatordurchmesser von etwa 120.500 Kilometern (9,5-facher Erddurchmesser) und hat 95 Erdmassen (nur 30 % der Masse Jupiters). Bisher sind 62 Monde bekannt, wobei Titan mit einem Durchmesser von 5150 Kilometern der größte Mond des Planeten Saturn ist. Er bekam daher nach der Entdeckung 1655 durch den niederländischen Astronomen Christiaan Huygens diesen Namen (nach dem Göttergeschlecht der Titanen).

Titan ist ein Eismond, nach Ganymed (Jupiter) der zweitgrößte Mond im Sonnensystem und der einzige mit einer dichten Gashülle. Titan ist größer als der Planet Merkur und ist der zweitgrößte Mond in unserem Sonnensystem. Während er den Saturn umkreist, ist er etwa 1,4 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, etwa 10 mal weiter als die Erde.

Seine Gashülle ist auf der Oberfläche etwa fünfmal so dicht und der Druck etwa 50 % höher als auf der Erde. Sie besteht überwiegend aus Stickstoff und enthält Kohlenwasserstoffe sowie Spuren anderer organischer Verbindungen. Die Oberfläche und die oberste Schicht des Mantels sind aus Eis und Methanhydrat. Die Temperatur auf Titans Oberfläche beträgt im Mittel −179 °C (94 K).

Im Gegensatz zur Erde hat Titan Wolken und Regen aus Methan (und nicht aus Wasser). Andere organische Stoffe bilden sich in der Atmosphäre und fallen wie leichter Schnee. Die Wetter- und Oberflächenprozesse des Mondes haben komplexe organische, energetische und wasserähnliche Prozesse kombiniert, die das Leben auf unserem Planeten ausgelöst haben könnten. Es ist eine recht exotische Welt mit Methan-Seen und gefrorenen Methan-Schollen. Eine sehr ausführliche Beschreibung von Titan findet sich auf der Wikipedia.

Fotos des Titan stammen aus Beobachtungen von der Erde und vom Weltraumteleskop Hubble sowie den Vorbeiflügen einiger Raumsonden seit 1979. Im Januar des Jahres 2005 landete die europäische Sonde Huygens erfolgreich auf dem Mond und übermittelte erste Bilder der Oberfläche (war nur eine Stunde lang, dann waren die Batterien leer). Das obige Video wurde 10 Jahre nach der Landung aus übermittelten Daten zusammen geschnitten und zeigt die exotischen Landschaften auf Titan. Interessant ist Titan, weil es die Möglichkeit gibt, dass dort irgendwelche Lebensformen existierten könnten (siehe Wikipedia).

Die Mission Dragonfly zum Titan

Nun hat die US-Raumfahrtbehörde NASA diese Woche eine neue Mission unter dem Titel 'Dragonfly' (Drachenflug) angekündigt. Eine Sonde soll zum Titan fliegen und dort nach Leben suchen.


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Diese Abbildung zeigt das Drehflügler-Landegerät Dragonfly der NASA, das sich einem Ort auf dem exotischen Saturnmond Titan nähert. Dragonfly nutzt die dichte Atmosphäre und die geringe Schwerkraft des Titan und wird Dutzende von Orten in der eisigen Welt erkunden, die Zusammensetzung der organischen Oberflächenmaterialien des Titan entnehmen und messen, um die Bewohnbarkeit der Titanumgebung zu charakterisieren und den Fortschritt der präbiotischen Chemie zu untersuchen. Credits: NASA/JHU-APL

Dragonfly wird 2026 von der Erde starten und, wegen der großen Entfernung erst im Jahr 2034 bei Titan ankommen. Dann steigt das Raumfahrzeug in die Atmosphäre des Titans ab – zuerst von einem Hitzeschild, und später von einem Fallschirm gebremst.

(Quelle: YouTube)

Das obige Video ist eine Animation, wie sich die Ingenieure das Ganze vorstellen. Der Lander besitzt die Form einer Drohne und hat mehrere Rotoren. Knapp oberhalb der Oberfläche übernehmen diese Rotoren den Auftrieb und die Oberschale mit dem Fallschirm wird abgesprengt. Dann soll der Lander weich auf Titan aufsetzen und mit Analysen mittels der mitgeführten Geräte beginnen. Irgendwann startet der Lander erneut die Rotoren und fliegt zum nächsten Ort, an dem Untersuchungen erfolgen sollen.

Der Drehflügler-Lander wird zu Dutzenden von vielversprechenden Orten auf Titan fliegen, um nach präbiotischen chemischen Prozessen zu suchen, die sowohl auf Titan als auch auf der Erde üblich sind. Dragonfly ist das erste Raumfahrzeugt mit mehreren Rotoren, dass die NASA auf einem anderen Planeten fliegen will. Der Lander hat acht Rotoren und fliegt wie eine große Drohne. Es wird die dichte Atmosphäre des Titan – viermal dichter als die der Erde – nutzen, um als erstes Raumfahrzeug mit seiner gesamten wissenschaftlichen Nutzlast an neue Orte zu fliegen. Ziel ist es, einen wiederholbaren und gezielten Zugang zu Oberflächenmaterialien zu erhalten.

Auf dem Mars haben die Mars-Rover diese Aufgabe übernommen, indem sie auf Rädern über die Oberfläche rollen. Auf dem Asteroiden Ryugu hüpfen die Lander (wegen der geringen Schwerkraft) über die Oberfläche – und die Sonde konnte dort auch einfach landen und wieder abheben.

Das nachfolgende Video ist eine erweiterte Fassung der Mission, gepaart mit Bildern der Huygens-Mission aus dem Jahr 2005. Es zeigt die Animation der gesamten geplanten Mission, wobei phantastische Bilder der Landung von Huygens sowie Animationen der Oberfläche mit Methan-Seen eingemischt wurden.

(Quelle: YouTube)

"Mit der Dragonfly-Mission wird die NASA wieder einmal das tun, was sonst niemand tun kann", sagte NASA-Administrator Jim Bridenstine. "Der Besuch dieser mysteriösen 'Meereswelt' könnte das, was wir über das Leben im Universum wissen, revolutionieren. Diese hochmoderne Mission wäre noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen, aber wir sind jetzt bereit für den fantastischen Flug von Dragonfly."

Noch ein paar Daten zur Missionsplanung

Dragonfly nutzte die Cassini-Daten, die über einen Zeitraum von 13 Jahren gewonnen wurden, um eine ruhige Wetterperiode zur Landung, einen sicheren Landeplatz und wissenschaftlich interessante Ziele zu wählen. Sie wird zunächst auf den äquatorialen Dünenfeldern "Shangri-La" landen, die den linearen Dünen in Namibia im südlichen Afrika ähnlich sind und einen vielfältigen Probenahmeort bieten. Dragonfly wird diese Region in kurzen Flügen erkunden, um Proben aus überzeugenden Gebieten mit unterschiedlicher Geographie zu entnehmen. Die Untersuchung wird aber gepaart mit einer Reihe von längeren "Hüpfern", d.h. von Flügen mit einer Distanz von bis zu 8 Kilometer Länge.

Die Drohne wird schließlich den Selk-Impaktkrater erreichen, wo es Hinweise auf vergangenes flüssiges Wasser und organische Stoffe gibt. Diese Stoffe bilden komplexe Moleküle, die Kohlenstoff in Kombination mit Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff enthalten. Zudem gibt es dort Energie, so dass das alles zusammen das Rezept für mögliches Leben bilden könnte. Der Lander wird schließlich mehr als 175 Kilometer (108 Meilen) fliegen – fast doppelt so viel wie bisher von allen Mars-Rovern zusammen an Strecke gefahren wurde.

Titan ist anders als jeder andere Ort im Sonnensystem, und Dragonfly ist wie keine andere Mission", sagte Thomas Zurbuchen, NASA-Mitarbeiter für Wissenschaft am Hauptsitz der Agentur in Washington. "Es ist bemerkenswert, an dieses Drehflügler zu denken, das kilometerweit über die organischen Sanddünen des größten Saturnmondes fliegt und die Prozesse erforscht, die diese außergewöhnliche Umgebung prägen. Libelle wird eine Welt besuchen, die mit einer Vielzahl von organischen Verbindungen gefüllt ist, die die Bausteine des Lebens sind und uns über den Ursprung des Lebens selbst lehren könnten."

Die Mission ist Teil des New Frontiers-Programm. Bisher ist die Sonde New Horizons zum Pluto (Video hier) und später zu Ultima Thule im Kuiper-Gürtel geflogen. Dann gibt es die Mission Juno zum Jupiter (Ankunft 2016) und die Mission Osiris-REX zum Asteroiden Bennu. Bei heise findet sich dieser Artikel zur Ankündigung der Landung.

Persönliche Abschlussbemerkungen

Als Ingenieur ziehe ich meinen Hut vor diesen Plänen – so ein Lander muss vollkommen autonom funktionieren – und das bei fast –200 Grad Celsius. Funksignale brauchen 17 Stunden bis zur Erde. Wie die Energieversorgung gewährleistet wird, wie man vermeidet, dass die Rotoren einfrieren etc. habe ich noch nicht eruiert. Zudem sollte man sich vor Augen rufen, dass die Mission heute geplant, in 7 Jahren, also 2026 von der Erde starten und, wegen der großen Entfernung, erst im Jahr 2034 auf Titan landen wird. Die Ingenieure brauchen also einen langen Atem, bis sie wissen, ob es funktioniert.

Das führt mich zu meinen eigenen Wurzeln zurück – als junger Student habe ich 1976 bis 1979 die damaligen Berichte über Raumfahrzeuge verschlungen und als frischer Ingenieur 1979 bis 1981 sogar in der Luft-und Raumfahrtsbranche gearbeitet (allerding weitgehend im Flugzeugbau). Damals wollte ich auch an solchen Raumfahrtmissionen mitarbeiten, hat sich aber nicht ergeben – und nach 2 Jahren habe ich die Branche gewechselt.

Aber heute muss ich feststellen, dass die Vorgängergeneration meiner Ingenieurkollegen bei der Entwicklung und beim Bau der beiden Sonden Voyager 1 und Voyager 2 phantastische Arbeit geleistet haben. Beschlossen wurde deren Bau Anfang der 70er Jahre, März 1975 war die Konzeptphase abgeschlossen (es war eine Missionsdauer von mindestens 4 Jahren geplant). Auch die Mathematiker, die für die Bahnberechnungen zuständig waren, haben grandioses geleistet. Nicht zu vergessen auch die Kollegen von der Flugkontrolle, die den Kontakt zu den Sonden seit über 40 Jahren halten und sich mit den Methusalem-Systemen befassen müssen.

Der Start beider Sonden fand übrigens im August (Voyager 2) und September 1977 (Voyager 1) statt. Die Sonden fliegen aktuell am Rande des Sonnensystems, im interstellaren Raum, und funken nach mehr als 40 Jahren noch immer. Vor einigen Monaten wurde sogar noch ein Triebwerk erfolgreich gezündet. Die NASA vermutet, dass einige der wissenschaftlichen Instrumente an Bord noch bis 2030 funktionieren könnten – das Problem ist, dass die Energieversorgung durch die Radionuklid-Generatoren (Zerfallswärme als Energie) abnimmt und irgendwann nicht mehr genügend Strom für Sendesignale vorhanden ist.

Einfach so als Anstoß zu Nachdenken, leben wir aktuell doch in einer Welt, wo die Kids am liebsten alle 6 Monate ein neues Smartphone haben möchten und vieles schon mir fehlerhafter Software ausgeliefert wird und niemals richtig funktioniert.

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