Der dümmste Bauer hat die dicksten Tomaten

Schwarze TomatenNun ja, der Spruch lautete ursprünglich "Der dümmste Bauer hat die dicksten Kartoffeln". Als Sohn eines Landwirts (ein Bauernjung) kenne ich den Spruch – und dazu habe ich auch noch eine Anekdote. Aber es soll heute auch um eine sehr große Tomate gehen – ein absoluter Zufallstreffer, der mir da gelungen ist. Und dazu bin ich, aus einer Laune heraus (spinnerte Idee, sagt man) wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Zeit für eine Geschichte zum Sommer – über Tomaten und Kartoffeln.


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Als Kind der Eifel bin ich auf einem Bauernhof groß geworden und habe schon als Kind den Umgang mit Pflanzen wie Kartoffeln oder Rüben kennen gelernt. Kartoffeln hieß: Im Frühling die Saatkartoffeln mit dem Messer in Hälften schneiden und dann in die Pflanzlöcher auf dem Acker geben. Später hatten wir eine Pflanzmaschine für Rüben und Kartoffeln, die dann mit der Nachbarschaft in einer konzertierten Aktion mit Helfern besetzt werden musste.

Im Herbst hieß es dann "Kartoffellese" – sprich, die Erdäpfel wurden mit einem Kartoffelroder, der von einem Traktor gezogen wurde, aus der Erde gehoben. Wir Kinder, Mutter und Oma lasen dann die Kartoffeln von der Erde auf, gaben diese in Körbe, die dann in Säcke ausgeleert wurden. Ich habe sowohl über das Pflanzen als auch über die Kartoffellese geflucht – denn meist regnete es. Einziges Highlight waren dann die Kartoffelfeuer, wo Kartoffeln in der Glut gegart wurden und heiß gegessen werden konnten. Dass ich bereits mit 6 Jahren auf den Traktor gesetzt wurde, um langsam über ein Feld zu fahren, damit Vater die Kartoffelsäcke oder Getreidegarben auf den vom Trecker gezogenen Wagen aufladen konnte, hatte ich im Beitrag Meine "Schrauberjahre": Der Führerschein … thematisiert.

Der Student und dicke Kartoffeln

Zwangsweise bekam ich als Kind ein wenig von der Landwirtschaft mit, obwohl ich diesen Beruf nicht ergriff. Denn Vater meinte, ich sollte einen Beruf lernen und könne immer noch "Bauer" werden – aber die Zeiten wären schwierig. Nun gut, nach einer Lehre als Elektriker beschloss ich "da geht mehr", erwarb meine Mittlere Reife und die Fachhochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg, um dann ein Ingenieur-Studium Physikalische Technik zu beginnen. War eine spannende Reise, Mathematik, Physik, Maschinenbau, Lasertechnik, sogar Kerntechnik hatten wir in Vorlesungen. 1977 bin ich auch erstmals mit "Computern" in Berührung gekommen – gut es waren nur Lochkarten, mit denen wir Studenten Computerprogramme formulieren durften bzw. mussten, die dann in einem Computer in der nahen Kernforschungsanlage Jülich gerechnet wurden. Damals muss ich mich mit dem Virus "Computer" infiziert haben – denn seit 43 Jahren verdiene ich mein Geld in diesem Bereich – und seit ca. 38 Jahren erziele ich Einnahmen als Autor von Büchern, Artikeln und Blogs über Computertechnik.

Hat jetzt wenig mit Tomaten, Kartoffeln und Garten oder einem Bauer zu tun. Aber wenn Du irgendwo sozialisiert wirst, steckt das in dir drin, das legst Du nicht ab. Als Student hatte ich im 2. Semester eine Wohnung für meine junge Frau und mich bei einer älteren Witwe gefunden. Die Wohnung war preiswert, denn bei uns war das Geld knapp – die Wochenenden habe ich als Elektriker bei einem lokalen Handwerken ausgeholfen, um etwas Geld dazu zu verdienen. Die Vermieterin hatte einen großen Garten, den sie aber nicht mehr bewirtschaftete und meinte, ich möge den nutzen, wenn ich Lust hätte. Also haben wir einem Teil des Gartens umgegraben und ein wenig gepflanzt.

Als Bauernsohn wusste ich, dass man sich auch eine Kartoffel nehmen, diese in Hälften schneiden und im Frühjahr als Saatkartoffel in die Erde bringen kann. Da wir ein Netz Kartoffeln vom Discounter gekauft und in der Küche hatten, habe ich mir im Frühjahr zwei, drei Knollen geschnappt, mit einem Messer geteilt und dann in einen frisch gegrabenen Teil des Gartens gegeben. Auf dem Nachbargrundstück gärtnerte ein Pensionär, der immer alles besser wusste und meinte, mir "Grünschnabel" Gartentipps geben zu müssen.

Als er meine "Pflanzaktion" mit den Kartoffeln mitbekam – ich hatte die grob mit dem Fußabsatz in die Erde gegeben – meinte er "Jung, das wird nie was". Ich habe mit den Schultern gezuckt und meinte "dann ist das eben so". Erinnerungsmäßig habe ich die Erde später noch mit einer Hacke gehäufelt, nachdem die Kartoffeln ausgetrieben waren. Wir reden eh nur über drei oder vier Pflanzen, die eine Reihe bildeten. Ich studierte fleißig, erntete Spargel aus einem bereits 25 Jahre alten – und nicht mehr ergiebigen Beet, pflückte Kirschen von einem alten Baum, wobei wir feststellten, dass die fast alle Maden hatten – ein, zwei eingeweckte Gläser mit Kirschen warfen wir weg, weil die Maden nur so auf der Flüssigkeit schwammen.

Gelegentlich beobachtete ich, wie der Nachbar seine Kartoffeln hegte und pflegte. Es wurde Herbst, das Laub der Kartoffeln wurde dürr, Ernte konnte beginnen. Der Tag der Wahrheit war gekommen. Ich hatte, als ich im Garten war, mitbekommen, dass der Nachbar mit der Kartoffelernte begonnen hatte. Als ich über den Zaun schaute,  war der Mann mit einer Hacke zugange, um die Kartoffelstauden auszugraben und die Knollen aufzulesen. Ich sah, dass da wenige Knollen pro Stock vorhanden waren – und die Knollen waren klein. Als der Gärtner mich bemerkte, meinte er "dieses Jahr ist die Ernte recht mager, ist nichts geworden, schlechtes Kartoffeljahr".


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"Das wollen wir doch mal sehen", dachte ich, ging zum Schuppen mit den Gartengeräten und holte eine Hacke. Als ich dann bei der ersten dürren Kartoffelstaude ansetzte und mit der Hacke die Erde weg hob, kamen mir drei, vier faustdicke Kartoffeln entgegen. Bei der zweiten Staude war es genau so. Nun ja, der Garten war nach dem Tod des Ehemanns unserer Vermieterin nicht mehr wirklich genutzt worden – die Erde also auch ohne Kompost recht gut. Vielleicht hatte ich auch mit meinen Kartoffeln, die ich als Saatgut zweckentfremdet hatte, eine Hochleistungssorte erwischt – normalerweise kauft man ja Saatkartoffeln.

Jedenfalls bekam der Nachbar das mit meiner Ernte mit und stand mit offenem Mund am Gartenzaun. Und ich konnte nicht umhin, ihm grinsend die Erkenntnis "die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln" unter die Nase zu reiben. Für die Aufzeichnung: Der Nachbar hat seit dieser Episode nie wieder versucht, mir seine Gärtnertipps aufzuschwatzen, sondern ignorierte mich. Von seiner Frau habe ich allerdings ein – damals schon altes – Kräuterbuch bekommen, was ich noch heute besitze. Damals lernte ich Liebstöckel, Thymian, Estragon und einige weitere Kräuter sowie Zitronenmelisse kennen. Von der Zitronenmelisse wurde mir immer schlecht, wenn ich einen Tee zubereitete, und vom wuchernden Liebstöckel brauchte man auch nur ein oder zwei Blättchen für die Suppe. Diese Kräuter habe ich später dann abgeschafft, als ich in der ersten Wohnung und später im Haus einen kleinen Nutzgarten betrieb.

Tomatenexperimente 2022

Aktuell habe ich einen kleinen Randstreifen (1,5 Meter mal 10 Meter) meines Grundstücks als Nutzgarten angelegt – etwas Schnittlauch, Thymian, Sauerampfer, Rosmarin, Salbei und Pfefferminze wachsen in Pflanzsteinen. Inzwischen habe ich auch einige Winterheckenzwiebeln aus Samen anziehen können. Ansonsten gibt es noch Himbeeren und Johannisbeeren sowie Salate, Bohnen, Gurken und Zucchini, sowie Zwiebeln, wegen des Zwiebelkrauts. In den vergangenen Jahren hat meine Frau immer vier Tomatenpflanzen aus Holland im Hofladen unseres Bauern gekauft – und geflucht, wenn die Krautfäule die Pflanzen in feuchten Jahren befallen hat. Voriges Jahr habe ich dann den ultimativen Trick probiert (siehe Gartengeflüster: Braunfäule an Tomaten bekämpfen) und konnte zwei Pflanzen soweit retten, dass Tomaten reif wurden. Aber ich kenne auch den Spruch "Es war das letzte Jahr, dass wir Tomaten gepflanzt haben, wird ja doch nix."

Aus einer Laune heraus wollte ich 2022 selbst Tomaten ziehen. Mein Versuch, Samen von alten Tomatensorten zu verwenden, scheiterte – weil angefragte Vereine zwar antworteten, die Mail aber im SPAM-Ordner versandete. Aber ich hatte beim letzten Einkauf im lokalen Biomarkt einerseits ein Tütchen mit drei Tomatensortensamen (zwei rote und eine gelbe Sorte) gesehen und gekauft. Und am Gemüsestand lachten mich schwarz-rote Tomaten (muss Black Aisberg gewesen sein) an, so dass ich drei, vier Stück zum Verzehr kaufte.

Aus einer Laune heraus hatte ich beim Aufschneiden der schwarzen Tomaten, die etwas süßlich, aber herzhaft aromatisch nach Tomaten schmeckten, einige Kerne auf ein Küchenkrepp gegeben. Meine Frau meinte nur "was machst Du da" – und als ich "Tomatensamen herstellen" antwortet – nur als Replik "Du spinnst, dass wird nie was" zu hören bekommen. Ich zuckte die Achseln und meinte "dann ist das eben so".

Ich hatte die Samen auf dem Küchenkrepp bereits vergessen, die lagen aber noch am Fenster. Vielmehr konzentrierte ich mich auf meine gekauften Tomatensamen – und pflanzte im Februar diese mit Anzuchterde in ein kleines Mini-Treibhaus. Als nach wenigen Tagen in meinem Schlafzimmer auf der Fensterbank die Tomatenpflanzen zum Vorschein kamen, fuchste das meine Frau. Also griff sie sich eine Pflanzbox, tat Erde hinein, gab einige Physalis-Samen dazu (die sie anziehen wollte), und wohl auch einige der von mir extrahierten Tomatensamen vom Küchenkrepp.

Nach einigen Tagen kamen tatsächlich zwei Triebe, die ich als Tomaten identifizierte. Nach vielen Wochen, in denen ich die Pflänzchen in größere Töpfe umpflanzte, konnten diese ins Freiland, bzw. zwei, drei Pflanzen gab meine Frau in große Töpfe. Am Ende des Tages konnte ich sowohl die Nachbarschaft als auch den eigenen Garten mit mehreren Stöcken bepflanzen. Ich hatte eine Pflanze der schwarzen Tomaten ins Freiland gepflanzt, die zweite kam in einen Topf – wurde aber später umgepflanzt. Und weil ich sehr früh mit der Anzucht dran war, kamen die Pflanzen auch früh ins Freiland, so dass wir bereits Ende Juni Tomaten ernten konnten.

Schwarze Tomaten Black Aisberg
Schwarze Tomaten Black Aisberg, 2022

Wie ging es mit der schwarzen Tomate aus? Was soll ich sagen? Ihr seht es ja selbst auf dem obigem Foto: "Die dümmsten Bauern, haben auch die dicksten Tomaten" – das Exemplar auf obigem Foto ist dick wie eine Bergmannsfaust. Na gut, der Profi hätte vor dem Foto die Frucht mit einem Wattepad abgerieben, damit die Flecke vom Regen nicht zu sehen wären.

Aber hey, was soll ich sagen? Normalerweise heißt es von meiner Frau "was soll der Scheiß, hast Du nichts zu tun", wenn ich mal wieder was aus unserem Garten oder vom Kochen im Blog hier einstelle. Die Woche hieß es plötzlich "die Tomate fotografierst Du, bevor wir die essen, dann kannst Du die ja in deinen Blog einstellen". Hab ja über Jahre gebohrt – meine Frau ist eine begnadete Köchin und Bäckerin – so dass ich ganz fix einen Food-Blog hätte aufziehen können. Titel wäre "Martha kocht" gewesen – Technik und Foto-Shooting hätte ich erledigen können, das textliche auch. Meine Frau hätte beim Kochen oder Backen nur die Zubereitung und die Ergebnisse fotografieren lassen müssen – wollte sie nicht. Der dümmste Bauer hat nicht nur die dicksten Früchte, sondern ist auch klug genug, nachzugeben, wenn der Gegenpart nicht will. Und nun frage ich mich, "deutet sich da ein Wetterwechsel an, und dat Mädel wird auf seine alten Tage noch vernünftig?" – obwohl: Die Zeiten, wo ich noch einen Blog aufsetze, sind endgültig vorbei. Wir sind beide seit einem Jahr Rentner und Rentnerin – der Blog hier sowie meine anderen (IT-)Blogs sind noch etwas "letzte Zuckungen" und Zeitvertreib – irgendwann wird das auch auslaufen.

PostScript: Als dümmster Bauer hat mich das Schicksal trotzdem eingeholt. Eine der selbst gezogenen Tomatensorten leidet bei manchen Früchten unter der Blütenendfäule. Ist ein Nährstoffmangel, der zu den optisch unschönen Stellen an den Früchten führt. Die Stellen muss man halt abschneiden. Nächstes Jahr muss ich schauen, dass ich einen anderen Standort und mehr Nährstoffe in den Boden bringe. Mal schauen, was die Gärtnerzukunft noch so bringt. Den Garten werden wir auf jeden Fall so gestalten müssen, dass die Rasen- und Blumenflächen auf heiße, trockene Sommer abgestimmt sind, denn das Wasser wird künftig in diesem Zeiten knapper werden – und meine Zisterne reicht bei weitem nicht aus, um üppig zu gießen.

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